Haldern. Der Verein Lebenswege Niederrhein unterstützt Menschen, die einen Verlust erlebt haben. Am 3. Oktober lädt er zum Tag der Begegnung ein.

Etwas zu verlieren, ist schmerzhaft. Das weiß Eva Kersting-Rader vom Verein Lebenswege Niederrhein nur allzu gut, denn sie selbst hat vor vielen Jahren durch einen Unfall ihr Augenlicht verloren. Seitdem verfügt sie nur über ein extrem eingeschränktes Blickfeld, schaut wie durch ein kleines Schlüsselloch auf die Welt. Und auch wenn sie sich anfangs nichts anmerken ließ, sah es in ihrem Inneren ganz aus. „Ich habe mich wie ein Alien gefühlt“, erzählt sie.

Theoretisch hat Kersting-Rader natürlich von Anfang an gewusst, dass es noch mehr blinde Menschen gibt. „Aber ich habe es nicht gefühlt.“ Stattdessen tat sie für ihr Umfeld so, als ob alles in Ordnung sei. Selbst ihrem zukünftigen Mann Friedrich verriet sie erst drei Monate nach dem Kennenlernen von ihrer Behinderung. Dabei hatte der Witwer damals auch mit einem Verlust zu kämpfen, nur eben mit einer ganz anderen Art als sie.

Betroffene tauschen sich aus


Trauer kann vielfältige Ursachen haben. Und egal ob es ein Verlust von Fähigkeiten, eines geliebten Menschen oder auch der eigenen Heimat ist, Kersting-Rader möchte den damit verbundenen Gefühlen einen Raum geben. Aus diesem Grund hat sie gemeinsam mit elf anderen Menschen vor gut einem Jahr den Verein Lebenswege Niederrhein gegründet. „Wir wollen den Menschen zeigen: Was du fühlst, ist richtig. Und du bist nicht alleine.“


Der eingetragene und gemeinnützige Verein bietet verschiedene Gruppentreffen an, in denen sich Betroffene austauschen und gegenseitig Kraft geben können. Während der vergangenen Monate konnten die Treffen jedoch nur über Video-Chats stattfinden, dabei verspüren viele Menschen besonders in Zeiten von Corona ein Gefühl von Verlust. Die sozialen Kontakte fehlen, ständig neue Regeln führen zu Verunsicherung.

Märchenhaftes am Tag der Begegnung

„Nichts ist mehr so, wie es mal war“, betont Kersting-Rader. Die ganze Situation sei vor allem für Menschen mit seelischen Problemen schwer auszuhalten. Deshalb war es ihr besonders wichtig, den jährlich stattfindenden Tag der Begegnung nicht ausfallen zu lassen. So gibt es am Samstag, 3. Oktober, von 11 bis 14.30 Uhr Märchenhaftes in der Pfarrkirche St. Georg Haldern. Nach einem Gottesdienst liest Dr. Heinrich Dickerhoff Geschichten vor, daneben wird Musik erklingen.


Dass Pfarrer Michael Eiden und Bürgermeister Christoph Gerwers das Projekt unterstützen, freut Kersting-Rader ganz besonders. Denn Trauerarbeit, das sagt sie selbst, ist eine stille Arbeit und wird häufig kaum wahrgenommen. Für den Tag der Begegnung wünscht sie sich vor allem, „dass die Menschen etwas Zuversicht mit nach Hause nehmen“.


>>> Kontakt zum Verein

Eva Kersting-Rader ist telefonisch erreichbar unter 02850/7306 oder per E-Mail an info@lebenskunst-kersting.de. Sie kann auch ganz praktische Tipps geben, die sie über die Jahre gesammelt hat. Zum Beispiel hat sie aufgrund ihrer Behinderung ein Recht auf eine Arbeitsassistenz, die ihr im Arbeitsalltag hilft.

Der Tag der Begegnung findet am Samstag, 3. Oktober, zwischen 11 und 14.30 Uhr in der Pfarrkirche St. Georg Haldern statt. Jeder Mensch, ungeachtet der Religion oder Nationalität, des Geschlechts oder Alters, ist herzlich willkommen. Gleiches gilt auch für die anderen Projekte.

Einiges hat der Verein Lebenswege Niederrhein für die Zukunft noch geplant. So soll es beispielsweise ab Herbst eine Telefonsprechstunde und später auch ein Trauercafé geben.

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