Emmerich. Im Wahlkampf in Emmerich lief nicht alles sauber ab. Jetzt hofft der Bürgermeister auf eine Rückkehr zur Sachlichkeit. Denkanstoß für CDU/BGE.

Es war ein langer Abend für Peter Hinze und seine Unterstützer. Bis 2.30 Uhr hat der alte und neue Bürgermeister in der Societät noch „schön gefeiert“, nachdem er sich in der Stichwahl mit 59,16 Prozent der Stimmen gegen den CDU-Kontrahenten Dr. Matthias Reintjes klar durchgesetzt hatte.

Im Wahlkampf unter Corona-Bedingungen hat der 60-Jährige den direkten Draht zum Bürger sehr vermisst: „Das war schade.“ Viele Veranstaltungen seien ausgefallen. Es gab auch keine Podiumsdiskussionen: „Die ein oder andere Behauptung hätte ich gerne mit einer anderen Sicht der Dinge belegt“, sagt Peter Hinze.

Peter Hinze: Blockade-Haltung von CDU und BGE nicht im Sinne der Bürger

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Ja, der Wahlkampf, in dem manch ein unsauberer Zweikampf geführt wurde, war nicht Hinzes Ding. „Es ist schön, wenn man bei der Wahrheit bleibt. Aber jeder lässt da sein Licht anders strahlen. Ich wünsche mir, dass wir jetzt zur Sachlichkeit zurückkehren.“ Eine klare Botschaft Richtung CDU und BGE hat er auch: „Eine Blockade-Haltung hilft nicht weiter. Das ist nicht im Sinne der Bürger“, so der Bürgermeister rückblickend auf die vergangenen fünf Jahre.

Ohnehin ist er auch gespannt, wie sich die BGE nach einer herben Wahlschlappe neu aufstellt. In den vergangenen Jahren hat man oft gemeinsam mit der CDU Themen vorgebracht, aber ist das Profil der BGE im Schatten der CDU dabei noch durchgekommen?

BGE bleibt Zünglein an der Waage

Nichtsdestotrotz bleibt die BGE mit vier Ratssitzen auch in der nächsten Wahlperiode Zünglein an der Waage. Die Fronten liegen zwischen CDU (15 Sitze) und FDP (1) auf der einen Seite sowie SPD (11) und Grünen (4) auf der anderen Seite. Neben einem AfD-Sitz machen dann womöglich vor allem die BGE-Stimmen den Unterschied aus.

Aber jetzt freut sich Peter Hinze erstmal auf drei Wochen Urlaub ab dem kommenden Wochenende. Erst geht’s nach Bamberg und dann mal sehen, was Corona zulässt. Südtirol sei von der Reiseroute schon mal gestrichen worden. Da geht’s dem Bürgermeister nicht anders als dem Otto-Normal-Reisendem.

Corona-Entwicklung ist nicht absehbar

Danach gehe es für ihn als erstes darum, bekannte Themen zum Abschluss zu bringen: die Maßnahmen des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes, den Gesamtschulumbau, den Neumarkt („kein einfaches Erbe“). Und was ist mit Corona? „Und wann ist nach Corona?“, fragt Hinze, der befürchtet, dass man bisher nur die Spitze des Eisbergs in der Pandemie erlebt habe. Mal abwarten, was der Herbst noch bringe.

Auch Matthias Reintjes hat mit allen Aktiven der CDU im Eltener Kolpinghaus den Abend ausgelassen ausklingen lassen: „Wir sind mit dem Ergebnis insgesamt zufrieden. Auch mit dem Ablauf des Wahlkampfes, der unter Corona-Bedingungen schwierig war. Es ist schon ein Erfolg in die Stichwahl gekommen zu sein. Das Ratsergebnis konnten wir verbessern, obwohl mehr Mitbewerber zur Wahl standen.“

Wähler machen Matthias Reintjes Mut am Ball zu bleiben

Nachdem es beim ersten Wahlgang am 13. September an manchen Wahllokalen zu Schlangen gekommen waren, die zum Teil auch nach 18 Uhr noch Bestand hatten, gab es zur Stichwahl keine Probleme mit langen Schlangen in Emmerich. Wie hier beim Wahllokal Eintracht Emmerich.
Nachdem es beim ersten Wahlgang am 13. September an manchen Wahllokalen zu Schlangen gekommen waren, die zum Teil auch nach 18 Uhr noch Bestand hatten, gab es zur Stichwahl keine Probleme mit langen Schlangen in Emmerich. Wie hier beim Wahllokal Eintracht Emmerich. © Funke Foto Services GmbH | Thorsten Lindekamp

Über Nacht habe Reintjes von den Wählern „wahnsinnig viele Nachrichten bekommen, die ich noch gar nicht alle beantworten konnte. Einige sind natürlich enttäuscht. Es gibt aber auch viel Zuspruch, dass ich am Ball bleiben soll. Ich werde der Kommunalpolitik in Emmerich sicherlich erhalten bleiben“, kündigt der Fraktionschef an.

Corona, so Reintjes, habe den Wahlkampf auch thematisch überlagert. Themen wie die Innenstadtentwicklung oder die Familienförderung, auf die die CDU stark gesetzt hatte, wurden in den Hintergrund gedrängt. Und ohne persönliche Kontakte, um sich vorzustellen, sei der Amtsinhaber halt im Vorteil gewesen, findet Reintjes. Auf einen Haustürwahlkampf haben in Emmerich alle Parteien verzichtet. Das war nicht in allen Städten so.

>> Briefwahlbezirke können auf Stadtgebiete grob umgelegt werden

Durch den immens hohen Anteil der Briefwähler sind die Ergebnisse der einzelnen Wahllokale nur bedingt zu analysieren. Da Peter Hinze alle Wahlbezirke für sich gewinnen konnte, ist die Sache wenigstens eindeutig. Die Wahlbeteiligungen sind ebenfalls nur eingeschränkt aussagekräftig. Erstaunlich ist, dass Reintjes diesmal auf 4208 Stimmen insgesamt kam, 108 Stimmen weniger als im ersten Wahlgang. Hinze sammelte 6095 Stimmen im Vergleich zu 5473 am 13. September.

Die Briefwahlbezirke lassen sich zumindest auf Stadtbereiche herunterbrechen.

In Elten (010 bis 030 plus 210) kommt Hinze auf 913 Stimmen versus 837 für Reintjes, der in Elten wohnt und hier das engste Ergebnis erzielte.

In den „Südstaaten“, Hinzes Heimat, (171 bis 180 plus 260) gewinnt der SPD-Kandidat mit 935 zu 706 Stimmen noch deutlicher.

Der Briefwahlbezirk 220 ist auf die Bezirke 040 bis 063 umzurechnen – Hüthum, Borghees, Klein-Netterden, Emmerichs Westen und Teile von Speelberg, aber nicht Oberhüthum. Hier kommt Hinze auf 1136 Stimmen, Reintjes auf 820.

Beim Briefwahlbezirk 230 gaben Wähler der Bezirke 070 bis 100 vorab ihre Stimme ab – komplett im Innenstadtbereich. Hier hat Hinze deutlich mit 1131 zu 641 Stimmen gewonnen.

Die Wahllokale 110 bis 130 Oberhüthum, rund um St. Martini und AWO werden durch die Briefwähler aus 240 ergänzt: Auch hier klare Vorteile für Hinze mit 934 zu 525 Stimmen.

In den Bereich Leegmeer/Speelberg geht es bei den Wahlbezirken 140 bis 160, zu denen der Briefwahlbezirk 250 zuzuordnen ist. Hier dominierte der SPD-Kandidat das Rennen mit 1046 zu 679 Stimmen.
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