Elten. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind auch im St. Martinusstift in Elten gravierend. „Es ist das Leben, das fehlt“, sagt Pflegedienstleiter.

Es ist still geworden im St.-Martinus-Stift in Elten. Wer durch den Haupteingang schreitet, dem begegnen kaum Menschen. Der Empfang ist verwaist, das Bürgerbüro der Stadt Emmerich geschlossen, das Stiftscafé ebenso. Und auch in der hauseigenen Kapelle wird seit Mitte März nicht mehr gefeiert und gebetet. „Kein Gottesdienst“ steht handschriftlich auf einem weißen Blatt Papier geschrieben. Henry Slagmeulen läuft durch die Flure im Erdgeschoss und sagt: „Es ist das Leben, das fehlt.“

Die Stimmen und Geräusche, die Begegnungen, das rege Treiben – all das wird seit mehreren Monaten schmerzlich vermisst. Henry Slagmeulen ist Pflegedienstleiter im St.-Martinus-Stift in Elten. Im Gespräch berichtet er über die Auswirkungen der Corona-Pandemie im Altenheim des Caritasverbandes Kleve. Er spricht von drei Stufen – der Lockdown, die erste Besuchsregelung und die zweite. Letztere wird seiner Meinung nach noch eine ganze Weile andauern.

Ohne Impfstoff wird sich daran so schnell nichts ändern

Kein Gottesdienst: Seit Beginn der Corona-Pandemie wird in der hauseigenen Kapelle nicht mehr gefeiert und gebetet.  
Kein Gottesdienst: Seit Beginn der Corona-Pandemie wird in der hauseigenen Kapelle nicht mehr gefeiert und gebetet.   © Caritas | Julia Lörcks

„Solange es keinen Impfstoff gibt, wird sich daran so schnell nichts ändern“, sagt er. Doch von Anfang an. Am Morgen des 14. März verkündet NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, dass wegen der Ausbreitung des Coronavirus Alten- und Pflegeheime im Land grundsätzlich nicht mehr besucht werden dürfen. „Das war ein Schock“, erinnert sich Slagmeulen. Täglich, nein stündlich habe er mit dem Kreisgesundheitsamt telefoniert. Viele Fragen standen im Raum. „Wir mussten ein Sicherheitskonzept schreiben sowie einen Quarantäne- und Isolationsbereich vorhalten“, erklärt Slagmeulen.

Die gute Nachricht vorweg: Bis heute wurden die Bereiche nicht genutzt, weder Patienten noch Mitarbeiter sind bislang an Covid-19 erkrankt. Zwei Wochen später mussten zudem die Tagespflegen schließen. Beim Caritasverband Kleve waren davon das Gertrud-Luckner-Haus in Bedburg-Hau und die Tagespflege am St.-Martinus-Stift in Elten betroffen. Doch aus der Not wurde eine Tugend gemacht. „Die Mitarbeiter, die bis dato in der teilstationären Pflege arbeiteten, wechselten ins Eltener Altenheim und kümmerten sich fortan um unsere Bewohner. In kleinen Gruppen konnten so zusätzliche Aktivitäten angeboten werden – natürlich unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln“, berichtet Slagmeulen.

Auf den Stationen wurde viel telefoniert

Das kam an, das tröstete die Bewohner, die zwei Monate lang keinen Besuch empfangen durften, über die Zeit hinweg. Im Juni war damit wieder Schluss. Von da an durften die Tagespflegen wieder öffnen. „Und der Bedarf war auch da“, sagt Slagmeulen. Kontakt zu den Angehörigen hatten die Bewohner des Altenheimes während des Lockdowns trotzdem. „Auf den Stationen wurde viel telefoniert. Zudem haben wir uns Smartphones angeschafft, um Videoanrufe und ähnliches zu ermöglichen“, sagt Slagmeulen.

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Moderne Medien machen es möglich. Andere Angehörige wählten die klassische Variante, nahmen einen Klappstuhl und setzten sich vor das Fenster im großen Garten des Geländes. Am 5. Mai informierte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann über die aktuelle Lage und weitere Corona-Maßnahmen des Landes. Eine davon: Zum Muttertag sollen Besuche im Pflegeheimen wieder erlaubt sein.

Stiftscafé wurde kurzerhand zum Besucherraum

„Damit haben Bewohner wieder die Möglichkeit, Besuche von Familienangehörigen und Freunden zu bekommen. Voraussetzung dafür ist, dass wichtige Schutzmaßnahmen eingehalten werden, etwa durch separate Besuchsareale, entsprechende Schutzkleidung und ein Screening der Besucher“, so steht es auf den Seiten des Landes NRW.

Gesagt, getan. Das St.-Martinus-Stift in Elten erarbeitete ein Konzept. Und so wurde das Stiftscafé zum Besucherraum mit fünf Tischen à drei Stühlen umfunktioniert. Die Angehörigen mussten sich vorher anmelden. Bevor Zutritt gewährt wurde, musste ein Fragebogen ausgefüllt werden. Körperlicher Kontakt war verboten. „40 Besucher waren Muttertag hier. Das war für viele Bewohner ein emotionaler Moment“, erinnert sich Slagmeulen. Von da an waren montags, mittwochs, freitags und sonntags Besuche von 14 bis 17 Uhr erlaubt.

Vier Zugänge mit Hygienestationen geschaffen

Seitdem haben Bewohner das Recht auf zweimal zwei Stunden Besuch am Tag – morgens, mittags oder abends. „Seitdem muss auch die Körpertemperatur gemessen werden“, berichtet Slagmeulen. Er und sein Team haben vier Zugänge mit Hygienestationen zu den Wohnbereichen geschaffen. Anschließend gilt der direkte Weg ins Zimmer. „Dort wiederum liegt die Verantwortung bei den Angehörigen“, sagt Slagmeulen. Da das St.-Martinus-Stift über insgesamt 82 Zimmer, davon sind nur zwei Zimmer ein Doppelzimmer, verfügt, gab es in dieser Hinsicht kaum Probleme.

„Wir haben die Angehörigen aber auch von Anfang an mit ins Boot geholt, das hat uns die Arbeit außerordentlich erleichtert.“ Slagmeulen hat sich an die jetzige Situation schon fast gewöhnt. Dennoch hofft er, dass manche Gepflogenheiten von früher aufrechterhalten werden. Er denkt zum Beispiel an das Rollstuhlschieben von Mai bis September. In diesem Zeitraum haben jeden Sonntag sechs Schützen die Bewohner durch den Ort spazieren gefahren. Auch fehle manchen Bewohnern die seelsorgerische Komponente. „Mitten in der Gesellschaft – so lautete stets unser Motto. Davon sind wir noch weit entfernt.“

>>> Martinus-Stift war früher ein Krankenhaus

Das St.-Martinus-Stift in Elten war früher ein Krankenhaus. Es wurde 1860 erbaut, war mit 40 Betten belegt und wurde von neun Clemensschwestern betreut. Von 1968 bis 1974 wurde das St.-Martinus-Hospital in mehreren Bauphasen von Pastor Bernhard Woltering zum Altenheim umgewidmet. 1999 erfolgten die letzten Umbau- und Renovierungsmaßnahmen.

Seit dem 30. Januar 2006 ist der Caritasverband Kleve Träger des St.-Martinus-Stift. Das St.-Martinus-Stift verfügt über 82 Pflegeplätze, davon vier eingestreute Kurzzeitpflegeplätze und 16 Apartments für Betreutes Wohnen. In den exklusiven Residenzen „Wohndomizil“ und „Wohnpark Elten“ stehen nochmals weitere 53 Wohnungen für das Betreute Wohnen zur Verfügung.

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