Emmerich/Rees. Am Sonntag öffnen die Altenheime in der Region. Viele Wochen haben sich Angehörige nicht gesehen. Trotzdem soll alles auf Abstand erfolgen.

Henry Slagmeulen ist alles andere als glücklich: Der Leiter des Martinus-Stift in Elten hält die Entscheidung der Politik, die Alten- und Pflegeheime schon am Sonntag wieder zu öffnen, für verfrüht: „Am Sonntag ist Muttertag, die Familienangehörigen haben sich wochenlang nicht gesehen. Um ehrlich zu sein, erwarte ich hier Ikea-ähnliche Zustände.“

Die Mitarbeiter würden daher alle möglichen Angehörigen anrufen, um den Ansturm halbwegs in Bahnen zu lenken. Im Martinus-Stift dürfen die Besucher nicht aufs Zimmer der Angehörigen gehen, sondern der Kontakt soll im Café erfolgen. „Die Angehörigen sollen sich melden und sie werden dann an einem Tisch begleitet“, so Slagmeulen. Denn der Mindestabstand müsse gewahrt bleiben.

Auch viele Bewohner seien gegen eine Öffnung

Slagmeulen ärgert sich ein wenig über die zügige Umsetzung. Am Mittwoch werde etwas verkündet und am Sonntag soll schon alles funktionieren. Die Altenheime seien gerade an der Belastungsgrenze: „Wir haben es zum Glück sechs Wochen lang geschafft, dass Virus aus dem Haus zu halten. Und es ist nicht so, dass alle Bewohner für eine Öffnung sind – vielleicht zehn Prozent“, so Slagmeulen.

Auch wenn die Seniorenheime (hier St. Augustinus Emmerich) ab Sonntag wieder für Besucher geöffnet werden, die Abstände sind weiterhin einzuhalten. Betagte Eltern und ihre Kinder können sich nicht in die Arme fallen.
Auch wenn die Seniorenheime (hier St. Augustinus Emmerich) ab Sonntag wieder für Besucher geöffnet werden, die Abstände sind weiterhin einzuhalten. Betagte Eltern und ihre Kinder können sich nicht in die Arme fallen. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Die Mutter oder den Vater nach sechs Wochen mal wieder in den Arm nehmen? Das werde leider auch am Sonntag noch nicht möglich sein, sagt Josef Reining, stellvertretender Geschäftsführer der Pro Homine Senioreneinrichtungen. Der Pflegeheimbetreiber werde einen Besuch auf den Zimmern zulassen, aber auch im Garten könne man sich mit den Angehörigen aufhalten. Dafür wurden entsprechende Vorkehrungen getroffen: Zäune aufgebaut und Tische in größeren Abständen aufgestellt.

Besucher müssen mit Wartezeiten rechnen

„Wir werden keine Termine vergeben, weil wir eine Terminvergabe nicht leisten können. Aber wir hoffen auf die Vernunft der Angehörigen, dass am Sonntag nicht alle zugleich vorbeikommen. Aber das wird sicherlich schwierig“, schätzt Reining. Wer komme, der müsse eine Wartezeit einplanen. Denn jeder Besucher muss erfasst werden und wer auf das Zimmer eines Angehörigen möchte, der muss einen Schutzanzug anlegen, Handschuhe tragen und einen Mund- und Nasenschutz aufsetzen. Ein geselliger Muttertag dürfte anders aussehen.

Für die Mitarbeiter der Seniorenheime wird die Öffnung für Besuch eine Belastung – die normale Pflege muss ja auch gewährleistet sein.
Für die Mitarbeiter der Seniorenheime wird die Öffnung für Besuch eine Belastung – die normale Pflege muss ja auch gewährleistet sein. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Dennoch werde es am Sonntag im Willibrord-Altenheim oder im St. Augustinus sehr emotional zugehen, ist sich Josef Reining sicher. Für die Mitarbeiter seien diese Situationen auch sehr ergreifend. Wenn man sich so lange nicht gesehen habe, wolle man auch einfach die Nähe spüren und sich herzen dürfen.

Es ist eine belastende Situation

All das sollte man aber im Hinblick auf den Schutz der Altenheimbewohner unterlassen. „Das wird sicherlich sehr schwer. Das weiß ich. Und die Praxis wird eine Herausforderung. Denn wenn man mit der Mutter in den Garten möchte, dann ist natürlich die erste Reaktion, dass man ihr unter die Arme greift. Das soll aber nicht erfolgen. Selbst beim Rollstuhlschieben ist der 1,50-Meter-Abstand ja schon nicht zu gewährleisten“, sagt Reining. Diese emotionale Belastung sei für alle sehr hoch. Man könne dies auch nur verstehen, wenn man dies selbst hautnah miterlebt.

Für die Mitarbeiter werde das eine zusätzliche Belastung. „Denn der Heimbetrieb läuft ja normal weiter. Die Pflege und Betreuung muss gewährleistet sein“, so Reining. „Wir können nicht das Personal aufstocken, um die Besucherregelung zu händeln.“

>> Die Besuchszeiten sind zu beachten

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Von Julia Emmrich, Theresa Martus und Alessandro Peduto

Die Senioreneinrichtungen haben in Emmerich Besuchszeiten eingeführt. Für St. Augustinus und St. Willibrord in Emmerich und für das Agnes-Heim in Rees sowie das St. Joseph-Heim in Millingen gelten folgende Besuchszeiten: Montag bis Sonntag, 9 bis 11 Uhr und 14 bis 16 Uhr und am Donnerstag von 9 bis 11 und von 16 bis 18 Uhr. Termine müssen in diesen Einrichtungen vorab nicht vereinbart werden.

Beim St. Martinus-Stift in Elten sollten die Angehörigen zuvor anrufen, um einen Besuchstermin abzusprechen. Aber auch hier wird es einen Kernzeit zwischen 14 und 17 Uhr geben, in denen Besuche der möglich sind. Die Einrichtung möchte die Außenkontakte möglichst gut kontrollieren.