Rees. In den Ruhestand: Jürgen Zießow gibt seine Tabakbörse in Rees an Ingo Marks weiter. In Corona-Zeiten hatten die Kunden mehr Zeit fürs Lesen.

Nach 50 Berufsjahren, 30 Jahre davon als Inhaber eines Ladens für Zeitungen, Tabakprodukte und Lottoannahme, geht Jürgen Zießow in den wohlverdienten Ruhestand. Anstatt einer 70-Stunden-Woche warten nun viele Freizeitaktivitäten auf den 66-Jährigen: „Endlich mal die Zeit frei einteilen und all das machen, wofür man früher höchstens am Sonntag Zeit hatte, so wie Fahrradtouren, Boule spielen oder mit Freunden Angeln gehen.“

Von 1995 bis 2011 verkaufte Zießow gemeinsam mit seiner Frau Angelika, sein Sortiment im Real-Markt in Rees. Zuvor hatte er seine Selbstständigkeit mit Geschäften in Goch begonnen. 25 Jahre lang betreute er auch die Anzeigenannahme der NRZ und den verbundenen Wochenblättern.

Erst im Real-Markt, dann in der Reeser City

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Nach erheblichen Änderungen der vertraglichen Konditionen entschloss sich Jürgen Zießow den Verkauf im Real-Markt aufzugeben und ein Ladenlokal in der Reeser Innenstadt zu suchen. Dort hatte Anfang 2011 Rainer Buschmann ein vergleichbares, alt eingesessenes Geschäft aufgegeben und damit eine bedeutende Lücke hinterlassen, die Zießow in einem neuen Ladenlokal, wenige Meter entfernt, schließen konnte.

Für ihn war es nicht nur ein Glücksgriff, dass er einen Großteil der Stammkundschaft übernehmen konnte. Auch die günstige Lage mit viel Laufkundschaft und ausreichend Parkmöglichkeiten machten aus dem Geschäft, so Zießow „ein Sahneschnittchen“. „Beim Lottoverkauf hat sich zu den Kunden mit der Zeit eine gewisse Vertrauensbasis entwickelt. Sie vertrauen uns ihr Geld an und bekommen nur einen einfachen Zettel dafür“, erläuterte der Geschäftsinhaber.

Auf einmal war technisches Verständnis gefragt

Die „Lottotheke“ war dann auch die größte Herausforderung für den Inhaber und seine Mitarbeiterinnen, insbesondere bei der Umstellung der analogen Dreifach-Scheine auf die digitale Technik. Auch wenn die Arbeitsweise dadurch erheblich vereinfacht wurde, war auf einmal besonderes technisches Verständnis erforderlich.

Auch die Zeitungsbranche hat, laut dem Kalkarer, in den letzten Jahrzehnten einen erheblichen Wandel durchgemacht: „Als ich anfing gab es gerade Mal drei Automobil- und vier Computerzeitschrift, Ende der 90er-Jahre waren es schon 30 bis 40 Auto- und rund 100 PC-Zeitschriften. Aufgrund der Digitalisierung ist die Branche aber wieder auf dem absteigenden Ast. Durch Zeitungs-Apps und da man alle Informationen auch im Internet findet, ist der Umsatz deutlich weniger geworden.“

In Corona-Zeiten hatten mehr Leute Zeit zu lesen

Um Umsatzschwankungen im Geschäft zu kompensieren übernahm Jürgen Zießow früher viele unterschiedliche Nebentätigkeiten. Neben kaufmännischen Jobs, Arbeit als Taxifahrer oder Fahrer für einen Bäcker, war er zuletzt als Fachkraft für Arbeitssicherheit bei Real eingesetzt. Seit 2007 konzentrierte er sich auf seinen Geschäftsbetrieb.

Der Zeitschriftenverkauf in der Tabakbörse gehört zu einer der wenigen Branchen, die aus der Corona-Krise mit einem Plus hervorgegangen sind. „Das hat einen einfachen Grund“, erklärt Zießow, „viele Menschen waren durch Home-Office, Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit zu Hause und hatten mehr Zeit zu lesen. Durch den Verkauf von aktuellen Zeitungen, war er auch nicht von einer Zwangsschließung betroffen.

>> Inhaber-Wechsel zum 1. September: Ingo Marks übernimmt

Durch den guten Standort und die treue Stammkundschaft war es kein großes Problem einen Nachfolger für den Laden zu finden. Aus drei potenziellen Bewerbern entschied man sich für Ingo Marks, der in Kleve und Kalkar bereits mehrere vergleichbare Läden betreibt. Bis zum 29. August, um 14 Uhr stehen Jürgen und Angelika Zießow in ihrem Laden. Nur am 31. ist der Laden geschlossen, bereits am 1. September geht der normale Geschäftsbetrieb mit neuem Team weiter.

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