Rees. Brigitte Pollmann möchte ihr Reeser Reisebüro verkleinern und verkauft viele ihrer Souvenirs. Die vergangenen Monate waren für sie nicht leicht.

Die bunten Masken aus Venedig oder Bali schützen zwar nicht vor dem Coronavirus, dafür helfen sie gegen das in Zeiten von Reisewarnungen häufig aufkommende Fernweh. Das ist jedoch nicht der Hauptgrund, weshalb Brigitte Pollmann gerade jetzt die vielen Souvenirs aus aller Welt in ihrem Reeser Reisebüro verkauft. „Im zarten Alter von 80 Jahren möchte ich mich langsam etwas verkleinern“, sagt sie selbst. Verkleinern heißt allerdings nicht aufgeben, auch wenn ihr Geschäft in den vergangenen Monaten alles andere als erfolgreich lief.

Dabei fing alles richtig gut an, als die Haldernerin im Jahr 1995 das Reeser Reisebüro übernahm. Als Quereinsteigerin fand sie schnell Gefallen an ihrem neuen Job, wie sie selbst sagt: „Wenn du gerne arbeiten gehst, ist es eigentlich keine Arbeit.“ Zunächst beriet sie Kunden nur im herkömmlichen Sinne, setzte deren Urlaubswünsche in die Realität um. Dann aber stellte sie auch individuelle Gruppenreisen zusammen, die sie höchstpersönlich begleitete. „Das ist immer eine ganz tolle Truppe, von 30 bis 75 Jahren ist alles mit dabei“, erzählt sie.

Kaum Geld verdient

In Europa war Pollmann auf diese Weise eigentlich schon überall, darüber hinaus aber auch in weiter entfernten Ländern wie Thailand oder Südafrika. Und von jeder Reise brachte sie ein kleines Souvenir mit. Mal eine venezianische Maske, mal die Nachbildung eines italienischen Trullo. „Das sind so runde Häuschen“, erklärt sie. „Das war aber so schwer, dass ich es auseinander gebaut habe und jeder aus meiner Gruppe ein Teil in seinem Gepäck mitnehmen musste.“

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Pollmann liebt das Reisen, das wird jedem Zuhörer innerhalb von kürzester Zeit klar. Umso härter haben sie die coronabedingten Reisebeschränkungen getroffen, sowohl privat als auch geschäftlich. „In den letzten Monaten habe ich so gut wie nichts verdient“, sagt sie. Trotzdem war sie jeden Tag telefonisch und später auch wieder vor Ort erreichbar, um die zahlreichen Reiserückabwicklungen auf den Weg zu bringen. Und dabei noch das Beste für ihre Kunden herauszuholen.

Urlaub an der Mosel

„Ich bitte und bettele manchmal in sieben bis acht Mails an die Reiseveranstalter, ob das Ganze nicht auch ohne Stornierungsgebühren geht“, erzählt Pollmann. „Die Familien haben sich das Geld ja alle mühsam verdient.“ In der Hauptsaison von Mai bis Oktober habe sie mindestens jeden Tag eine Reise stornieren müssen und dabei keinen einzigen Cent verdient. „Wenn ich meine Rente nicht hätte, könnte ich das nicht machen“, sagt sie.

Nur einige wenige Urlaube buchte sie für ihre Kunden in den Sommerferien, die meisten davon gingen in die Niederlande oder an die Mosel. Hotels an der deutschen Küste waren dagegen häufig schon komplett ausgebucht. Einige Kunden hätten sie zwar mittlerweile schon wieder nach Fernreisen gefragt, davon rät sie aber in den meisten Fällen noch ab. Und so klingt auch ihre Prognose für die kommende Zeit ernüchternd: „Vor 2023/2024 wird der Tourismus nicht wieder vernünftig in Gang kommen.“

Gruppenreise nach Russland

Die als nächstes anstehende Gruppenreise nach Russland hat Pollmann ebenfalls erst einmal verschoben, stattfinden soll sie aber irgendwann noch auf alle Fälle. Ein kleines Mitbringsel wird sie dann sicher auch von dieser Reise wieder im Gepäck haben, obwohl sie ihr buntes Sammelsurium aus aller Welt eigentlich verkleinern will. Das weiß sie schon jetzt, wie sie lachend zugibt: „Ich kann an manchen Sachen einfach nicht vorbeigehen.“

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