Rees-Haldern. Robert Kretschmer bietet in seiner Fahrschule in Rees digitalen Theorie-Unterricht an. Das neue Konzept kommt gut an – aus bestimmten Gründen.
Ausgestattet mit Kamera, Flachbildschirm, Leinwand und Beamer erinnert Roberts Fahrschule in Rees-Haldern mittlerweile fast an ein kleines Fernsehstudio. Dreimal in der Woche filmt sich Robert Kretschmer hier selbst, wie er Verkehrsregeln erklärt oder Gefahrensituationen durchgeht. Seine Fahrschüler können den theoretischen Unterricht live und bequem von ihren heimischen Laptops oder Smartphones aus verfolgen. „Und trotzdem haben alle das Gefühl, als ob sie hier in der Fahrschule sitzen“, erklärt der Fahrlehrer.
Kretschmer ist überzeugt von seiner Idee, die ihm schon zu Beginn der Corona-Pandemie gekommen war. Bis zur Umsetzung hat es dennoch einige Zeit gedauert. „Online-Unterricht ist in Fahrschulen eigentlich nicht erlaubt“, erklärt er. Anfang Mai erst wurden die Regeln gelockert, zunächst aber nur für eine Woche. Später dann bis zum 31. September. „Das war der Startschuss für mich, in die Technik zu investieren“, sagt er. „Bis dahin lohnt es sich auch.“ Wobei er hofft, dass er den digitalen Unterricht auch über das Datum hinaus anbieten darf.
Theorie-Unterricht lieber übers Internet
Denn angenommen wird das neue Konzept schon jetzt richtig gut. 80 bis 90 Prozent der Fahrschüler schalten sich lieber übers Internet ein, statt den Weg bis zur Fahrschule auf sich zu nehmen. Und das, obwohl auch Präsenzunterricht längst wieder möglich ist. Kretschmer erklärt sich das mit der so geschaffenen Flexibilität: „Selbst wer im Urlaub ist, muss für die Zeit keine Pause einlegen und kann weiterhin am Unterricht teilnehmen.“ Und noch einen Vorteil gibt es: „Statt zweimal unterrichten wir jetzt dreimal in der Woche.“
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Doch so ganz ohne Präsenzunterricht geht es dennoch nicht, das betont vor allem die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände. Der persönliche Kontakt sei unverzichtbar. Außerdem solle sich nicht der Trend entwickeln, dass sich Fahrschüler deutschlandweit den billigsten Anbieter für den Theorie-Unterricht suchen und nur den Praxis-Unterricht vor Ort machen. „Die komplette Ausbildung soll an einer Fahrschule stattfinden“, erklärt Kretschmer.
Verschobene Praxis-Prüfungen
Zur Ausbildung gehört am Ende aber auch die Prüfung, die sich in Zeiten von Corona schon mal nach hinten verschieben kann. Denn während früher ein Prüfer vom TÜV in einem Schwung direkt zwölf Fahrschüler testen konnte, dürfen zurzeit gerade mal zwei bis drei Schüler in einem Raum sitzen. Statt 45 Minuten braucht er für eine theoretische Prüfung also einen ganzen Tag und fällt in der Folge häufiger für praktische Prüfungen aus.
„Wir haben momentan bei den praktischen Prüfungen eine Verschiebung von zwölf Tagen“, sagt Kretschmer. Doch er ist sich sicher, dass sich das schon bald wieder einpendeln wird. Und solange stellt er sich mindestens noch in sein kleines Filmstudio vor die Kamera, um alle Fahrschüler bestmöglich auf die Prüfungen vorzubereiten.
>>> Elektroautos an Fahrschulen
Die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände setzt sich dafür ein, dass Fahrschüler eine praktische Prüfung mit einem Automatikauto machen können – ohne dass es wie derzeit noch im Führerschein einen entsprechenden Vermerk gibt und sie anschließend nur mit Automatikautos fahren dürfen.
Auch Robert Kretschmer erklärt mit Blick auf Elektromobilität: „Die Änderung soll noch in diesem Jahr kommen und dann werden wir uns sofort Elektrofahrzeuge anschaffen.“ Fahrschüler würden dann hauptsächlich in Automatikautos fahren, es gäbe aber auch einen Ausbildungsblock mit Schaltwagen.
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