Rees. Beim Euregio-Rhein-Waal Studenten-Musikfestival in Rees bewies der Litauer Paulius Andersson, dass er ein wahrer Meister am Klavier ist.
Am Ende standen alle gut 80 Zuhörer auf, um den Künstler mit ihrem Applaus angemessen zu würdigen. In den 80 Minuten zuvor hatte der 25-jährige gebürtige Litauer Paulius Andersson unter Beweis gestellt, dass er am Klavier ein wahrer Meister ist. Das Konzert im Bürgerhaus in Rees fand im Rahmen des zehnten Internationalen Euregio Rhein-Waal Studentenmusikfestivals statt, dass eigentlich in viel umfassenderer Form hätte stattfinden sollen.
„Im letzten Jahr fanden 130 Konzerte in 24 Städten statt“, unterstrich der künstlerische Leiter Boguslav Jan Strobel in seinem Grußwort. Für 2020 war eigentlich vorgesehen, weitere Städte mit einzubinden, um ein „Niveau zu hören, dass man sich nur erträumen kann“. Dann kam Corona. Das hatte zur Folge, dass die Künstler nicht spielen konnten. „Alle Konzerte sind ausgefallen. Das hat uns allen sehr, sehr weh getan.“
Festival in abgespeckter Form mit 33 Konzerten
Er habe „psychisch und körperlich nachempfinden“ können, wie es den jungen Studenten dabei geht, die das Festival auch als „letzten Schliff“ für die diversen Konzertwettbewerbe nutzen – und vom Spiel natürlich auch leben. Jetzt könne man das Festival zumindest mit 33 Konzerten in abgespeckter Form durchführen, so Strobel. „Es ist einmalig, wie sich alle auch hier anstrengen, die Veranstaltungen möglich zu machen“, dankte er der „Gesellschaft für internationale Begegnungen“, der Stadt Rees und dem Reeserviert mit dem künstlerischen Leiter Heiner Frost.
Und er bat um großzügige Spenden nach dem Konzert. Anschließend überließ er dem jungen Litauer die Bühne, der tatsächlich sein allererstes Konzert seit Februar spielte. Da hatte er in Moskau den zweiten Preis beim Rachmaninow-Wettbewerb erzielt. Für den Reeser Abend hatte der Gewinner zahlreicher internationaler Wettbewerbe die „Kreisleriana op. 16“ von Robert Schumann und die „Sonate e-Moll Op. 25 Nr.2 „Nachtwind“ von Nikolai Karlowitsch Medtner ausgewählt.
Starke Präsenz und viel Energie
Furios begann er mit einem der Schlüsselwerke der romantischen Klavierliteratur, in dem Schumann in Anlehnung an die E.T.A. Hoffmann-Figur des Kapellmeisters Kreisler sein Selbst-Porträt in acht Fantasiestücken verarbeitet hat. Dabei gelang es Andersson mit extrem flüssig aufspielenden Händen, starker Präsenz und viel Energie meisterhaft, die hauptsächlich in G-Moll oder B-Dur gesetzten, vom Charakter her stark kontrastierenden Stücke zu verweben.
Er stellte mit hoher Sensibilität den romantisch-melancholischen Charakter der Intermezzo-Melodien heraus und machte in den lebhaften Passagen die Komplexität und Größe der Komposition erfahrbar. Wer schon dachte, dass das nicht mehr zu steigern wäre, durfte danach Medners „Nachtwind“ erleben. Gerade aberwitzig im ununterbrochenem Spielfluss, mit noch mehr energetischem Feuer und technischer Brillanz auftrumpfend, faszinierte die Klangfülle, seine Kontrolle über das hochanspruchsvolle Werk und die gleichzeitige Leidenschaftlichkeit des Vortrags.
Musikalisch zweimal den Mount Everest bestiegen
Phasenweise wirkte sein Siel wie ein fesselnder „Orkan“, der mit Macht über die Zuhörer hinwegfegte. Mit zwei kurzen „Etüden“ von Sergej Rachmaninow als Zugaben zeigte er nochmal die Symbiose aus Klangpoesie und machtvoller Energie. Und Boguslav Strobel meinte anerkennend: „Er hat musikalisch zweimal den Mount Everest bestiegen.“
>> Bis zum 1. August weitere Klavierkonzerte
Bis zum 1. August werden noch weitere Klavierkonzerte im Rahmen des Euregio-Studentenfestivals stattfinden. Heute Abend spielt Clara Strobel um 19 Uhr im Rathaus Kalkar. Max Philip Klüser, der am vergangenen Mittwoch schon im Reeser Bürgerhaus überzeugte, wird am Freitag nochmal um 17 Uhr und 19.30 Uhr in der Evangelischen Kirche Straelen zu hören sein. Und in der Evangelischen Kirche Issum werden am Freitag Vinsenso Husin und am Samstag nochmal Clara Strobel, jeweils um 19 Uhr, ihre Fähigkeiten am Klavier zeigen.
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