Rees. In Zeiten des Eichenprozessionsspinners führt die Eiche eher ein Schattendasein. Dabei ist sie ein wichtiger Lebensraum, so Naturschutzzentrum.
Die Stieleiche (Quercus robur) ist seit einigen Jahren Schauplatz eines Konfliktes zwischen dem Menschen und einer kleinen, haarigen Raupe – dem Eichenprozessionsspinner. Doch: Die Stieleiche ist mehr. Und so macht das Naturschutzzentrum des Kreises Kleve in Bienen darauf aufmerksam, dass der Baum ein wichtiger Lebensraum – nicht nur für den Eichenprozessionsspinner.
Eichen seien Lebensgrundlage für hunderte Insekten, darunter auch viele Schmetterlingsarten. Die Stieleiche beherberge besonders viele Insekten. Sie alle lebten in bestimmten Entwicklungsphasen von und an den Bäumen, meist ohne die Bäume dabei ernsthaft zu schädigen, so Johanna Dohle vom Naturschutzzentrum. Von diesen Insekten wiederum lebten zum Beispiel zahlreiche Vogelarten.
Lebenswichtiges Futter für Vögel
Gerade in der Brutzeit seien auch Schmetterlingsraupen ein begehrtes und lebenswichtiges Futter für die Vögel. Zu den an Eichen lebenden Schmetterlingsarten gehört auch der Eichenprozessionsspinner. Er ist ein einheimischer Nachtfalter, der es gerne warm hat und so von der Erwärmung in den letzten Jahren profitiert. Die Weibchen legen ihre Eier an Zweigen in der Krone verschiedener Eichenarten ab. Je nach Wetterlage schlüpfen die Raupen ab April mit dem Blattaustrieb der Bäume.
Ab Mitte Mai kann man sie in großen Mengen an den Eichenstämmen beobachten. Sie ernähren sich von den Blättern und gehen nachts in den Baumkronen auf Nahrungssuche. Dabei laufen sie in Reihe hintereinander, deshalb spricht man von „Prozessionsspinner“.
Brennhaare können Beschwerden hervorrufen
Die Raupen durchlaufen fünf bis sechs Stadien, bis sie sich verpuppen. Ab dem dritten Stadium bilden die Raupen mehr und mehr Brennhaare aus, die ein Nesselgift enthalten, einen Widerhakenhaben und die ihre giftige Wirkung über Jahre behalten. Diese Brennhaare können beim Menschen und zum Teil auch bei Haustieren Beschwerden hervorrufen, wenn sie in die Haut, Augen oder oberen Atemwege gelangen.
In seltenen Fällen kann es auch zu allergischen Reaktionen kommen. Vorsicht ist deshalb angebracht,aber in angemessener Weise. Auch andere Schmetterlingsarten bilden Gespinstnester wieder Eichenprozessionsspinner, deshalb ist zunächst eine sichere Bestimmung der Art wichtig.
Appell nach nur sinnvollen Maßnahmen gegen die unbeliebte Raupe
Bevor Maßnahmen ergriffen werden, sollte gut überlegt sein, ob und welche Maßnahmen sinnvoll sind, appelliert das Naturschutzzentrum in Bienen. An stark frequentierten Orten oder in sensiblen Bereichen seien Bekämpfungsmaßnahmen sinnvoll, in vielen Bereichen reicht der Hinweis auf das Vorkommen oder die vorübergehende Absperrung einzelner Bereiche.
In der Regel werden zur Bekämpfung in den kritischen Bereichen biologische Pflanzenschutzmittel verwendet, die aus dem Bakterium Bacillus thuringiensis gewonnen werden. Wirkstoffe darin sind Eiweiße (Proteine), die den Darm der Raupen zerstören.
Auch andere Arte werden durch Mittel geschädigt
Allerdings wirken diese Präparate nicht nur gegen den Eichenprozessionsspinner, sondern auch gegen viele andere Schmetterlingsraupen auf den Bäumen. Beispiele dafür sind Schmetterlingsarten mit so exotischen Namen wie das Große Eichenkarmin, die Hellgraue Holzeule, der Große Kahnspinner und die Rötliche Kätzcheneule.
Auch diese Arten werden von den biologischen Pflanzenschutzmitteln geschädigt, teilt das Naturschutzzentrum in Bienen mit. Insofern haben diese Mittel eine die Artenvielfalt der Insekten insgesamt schädigende Wirkung, was zu oft nicht bedacht und erwähnt wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Anwendung bei Wind oder gar mit dem Hubschrauber erfolgt, und der Sprühnebel mit dem Präparat dann weit verbreitet wird und die Insekten in einem weiteren Umkreis schädigt.