Elten. Die NRZ stellt in einer großen Interview-Serie die Ortsvorsteher von Emmerich und Rees vor. In dieser Folge: Albert Jansen aus Elten.
Wenn in Elten eine auch nur halbwegs formelle Veranstaltung ansteht, kann man sich sicher sein, dass dann auch irgendwann die Dorfhymne erklingt: „Elten meine Heimat – Dorf am Niederrhein – hier bin ich geboren – möcht´ ich immer sein – wo vom Berg Sankt Vitus – Sankt Martinus grüßt – und am Fuß des Hügels – unser Wildbach fließt“.
Wie oft Albert Jansen, den in Elten und über Elten hinaus fast jeder als Batje kennt, voller Inbrunst mit eingestimmt hat, lässt sich beim besten Willen nicht sagen. Denn Jansen vereint in seiner Person derart viel Lokalkolorit, dass er das Amt des Ortsvorstehers mit einer Art Selbstverständlichkeit ausübt, die ihm im Blut zu liegen scheint. Die NRZ unterhielt sich mit dem Ureltener über sein Lieblingsthema: Elten.
Herr Jansen, täuscht der Eindruck, dass die Eltener gerne in Elten leben und eine große Identifikation mit dem Dorf haben?
Ich glaube, das kann man so sagen.
Wieso ist Elten denn so lebenswert?
Wegen des Ortsvorstehers (lacht laut). Nein, jetzt aber mal Spaß beiseite. Elten ist eine überschaubare Einheit, das muss man so sehen. Unsere Selbstständigkeit ist gewährleistet, weil wir ein gutes Angebot haben. Man muss aber auch ehrlicherweise dazu sagen, das Angebot, das wir haben – die zwei Discounter und den einen Vollsortimenter – ist nur da, weil die auch so aktiv von den Holländern mitgenutzt werden.
Im Prinzip hat Elten also quasi einen geografischen Standortvorteil?
Das ist so. Wäre die Kaufkraft der Holländer nicht da, würde Elten das Angebot in der Form nicht beibehalten können. Ob das bei den Esslokalen ist, oder auch bei den Supermärkten, oder den beiden Bäckern. Und vieles mehr noch. Das ist auf der einen Seite der Vorteil, den wir haben. Auf der anderen Seite hat man dann auch Nachteile.
Von welchen Nachteilen sprechen Sie?
Na, man hat dann halt auch den Verkehr im Ort. Also zudem auch den Durchgangsverkehr. Es geht ja nicht nur darum, dass die Holländer nach Elten fahren, um hier Einkaufen zu gehen. Durch unsere geografische Lage ist es ja auch so, dass Niederländer, die von Rijnwaarden nach Montferland wollen, durch Elten fahren. Das merkt man dann gerade auch in den Stoßzeiten, morgens und abends. Das ist so, aber das muss man dann auch akzeptieren. Man kann nicht nur den Vorteil der Kaufkraft genießen, sondern das bringt dann halt auch mehr Verkehrsaufkommen mit sich.
Das Thema Niederlande ist sicherlich in Elten weit präsenter als in anderen deutschen Ortschaften. Wie sehr hat die „holländische Zeit“ das Dorfleben denn bis heute geprägt?
Ich komme da nochmal auf die geografische Lage von Elten zurück. Wir sind ja eigentlich nur zu einer Seite nach Süden in Richtung Deutschland geöffnet. Ansonsten sind wir ja mehr oder weniger von Holland „umzingelt“. Durch die Zeit unter niederländischer Auftragsverwaltung sind natürlich gewisse Dinge hängen geblieben.
Können Sie Beispiele nennen?
Ich habe mal scherzhaft gesagt: Wir waren schon Europäer, da hat noch niemand an das Schengener Abkommen gedacht. Gerade weil durch die holländische Zeit bis 1963 auch viele Lebensgemeinschaften entstanden sind. Es gab viele Eheschließungen. Und was in Elten immer noch ins Auge fällt, ist die holländische Bauweise. Die kleinen Einfamilienhäuschen, von denen wir in Elten ja noch ganze Straßenzüge haben, bilden immer noch das holländische Flair.
Ein deutsch-niederländisches Großprojekt ist ja auch die Betuwe. Seit langer Zeit wird das Thema in Elten sehr kritisch betrachtet. Welche Befürchtungen und Sorgen hat der Ortsvorsteher in diesem Zusammenhang?
Eigentlich kann man da nur spekulieren. Deshalb finde ich es wichtig, sich darauf zu beschränken, um zu fragen: Wo stehen wir? Auf der einen Seite haben wir das eisenbahnrechtliche Planfeststellungsverfahren. Das ist abgeschlossen. Dann gab es einen Erörterungstermin im November 2018 im Kapaunenberg in Emmerich. Dort haben Bürger und die Stadt Emmerich Dinge genannt, die sie favorisieren. Der eisenbahnrechtliche Planfeststellungsbeschluss steht aber noch aus. Jetzt kommen wir zu dem, worauf wir darüber hinaus noch warten...
Und das ist?
Der Rat der Stadt Emmerich hat ja gesagt, dass er die modifizierte Gleisbettvariante von Johannes ten Brink favorisiert. Jetzt haben wir ja auch noch das straßenrechtliche Planfeststellungsverfahren von Straßen NRW. Was steht da aus? Die sollten in einer Öffentlichkeitsinformation mit einer Visualisierung beider Varianten dies noch mal vorstellen. Das steht aber aus, das ist bisher noch nicht geschehen. Dann würde der Erörterungstermin folgen und erst dann müsste der straßenrechtliche Planfeststellungsbeschluss gefasst werden. Da warten wir drauf. Also im Moment Pending Seitens Straßen NRW. Zudem, auch wenn ich mich jetzt wiederhole, steht dann ja auch noch der eisenbahnrechtliche Planfeststellungsbeschluss aus, aber man muss zur Kenntnis nehmen, entscheiden tun andere und dann kann man nur noch den Klageweg beschreiten.
Nichtsdestotrotz gab es in diesem Zusammenhang aus Berlin eine gute Nachricht?
Stimmt. Der Bundestag hat unlängst das Eisenbahnkreuzungsgesetz geändert, so dass wir an den Konsens nicht mehr gebunden sind. Das war ja immer so ein Damoklesschwert, das über uns schwebte. Es wurde ja immer gesagt, wenn ihr nicht im ganzen Stadtgebiet die Planungen der Bahn übernehmt, werdet ihr nicht gefördert vom Land. Das ist vom Tisch. Da können sie nicht mehr kommen.
Die Betuwe bewegt die Menschen emotional. Richtig bewegt werden die Eltener aber jetzt auch wieder von der Bahn, seit der Bahnhaltepunkt im vergangenen Jahr reaktiviert wurde.
Das ist eine sehr gute Sache und ich bin positiv überrascht, wie das angenommen wird. In den letzten sechs Monaten des vergangenen Jahres sind 21.032 Ein- beziehungsweise Aussteiger registriert worden, mit steigender Tendenz. Wenn jetzt da noch die in Holland erhältliche OV-Card auch in Elten anerkannt wird, sollte das sogar noch mehr werden. Da ist aber Bürgermeister Peter Hinze mit dran, der sich auch mit den Amtskollegen auf niederländischer Seite im Austausch befindet.
Kommen wir zu einem Thema, das weniger erfreulich ist. In Emmerich gibt es ja schon den Spruch: Das Waldhotel ist der Eltener Neumarkt. Wie sieht es mit diesem Objekt aus?
Jahrelang gab es da den Leerstand. Jetzt haben wir einen Betreiber, der hat es gekauft und will es eröffnen, aber es sind ja bekanntlich die Eingaben eines Nachbarn gemacht worden. Der, und das muss man ja wissen, also dieser Nachbar hat ja nicht gegen den Hoteleigentümer geklagt, sondern gegen die Stadt Emmerich und hat dann vor Gericht Recht bekommen, dass bei der Baugenehmigung andere Maßstäbe hätten gesetzt werden müssen im Bereich Emissionsschutz.
Also droht dort jetzt eine lange andauernde Hängepartie?
Ich weiß, dass der Hotel-Betreiber jetzt mit Hilfe der Dehoga die Dinge beibringt, die das Verwaltungsgericht fordert. Ich muss aber klar sagen, das Waldhotel ist für Hochelten ein Magnet. Ich war hin und wieder während der Renovierungsphase mal vor Ort und habe die Entwicklung des Umbaus gesehen. Ich denke, diese Art des Hauses, nicht zu groß und nicht zu klein, mit wunderschöner Terrasse mit Blick auf den Niederrhein, passt da hin. Das Konzept ist stimmig. Aber jetzt hakt’s. Leider.
In Elten gibt es ein reges Vereinsleben. Aber es ist doch richtig, dass es in der jüngsten Vergangenheit Entwicklungen gab, die sich der Ortsvorsteher so vor einiger Zeit noch nicht hätte vorstellen können?
Grundsätzlich leiden wir in Elten auch unter der Demografie. Aber klar ist auch, das Freizeitverhalten von Jugendlichen hat sich verändert. Aktuelles Beispiel: Der Männergesangsverein hat sich nach über 100 Jahren vor kurzem aufgelöst, weil der Nachwuchs fehlte. Oder früher der Mütterverein respektive die kfd. Kenne ich noch von meiner Mutter und Oma her. Da musste man früher ja quasi rein. Das war lange Jahre in Elten der größte Verein. Der ist vor zwei Jahren aufgelöst worden. Die kriegten keinen Vorstand mehr zusammen. Wenn mir vor zehn Jahren jemand gesagt hätte, der Verein löst sich auf, hätte ich den für verrückt erklärt. In dieser Reihe muss man sicherlich auch das Comité Ouden van Dagen erwähnen, das vor einigen Jahren die Segel gestrichen hat, oder den Tischtennisverein.
Es gibt aber auch positive Gegenbeispiele?
Sicherlich. Etwa der Musikverein, der sehr gut aufgestellt ist. Oder der Schützenverein, der erheblichen Zuwachs zu verzeichnen hat. Wir haben bei den Schützen vor zwei Jahren auf einen Schlag 34 neue Mitglieder aufgenommen, da war keiner älter als 25 Jahre.
Es ist aber ja auch so, dass Elten noch Besonderheiten hat, und da meine ich nicht die eigene Vorwahl, von denen andere Orte mit dieser Einwohnerzahl nur träumen können, wie etwa einen eigenen Wochenmarkt oder ein eigenes Schwimmbad. Aber wie lange noch?
Sicherlich ist das Angebot auf dem Wochenmarkt etwas abgeflacht, aber das ist ja kein Eltener Phänomen. Selbst in Holland ist es ja weniger geworden. So lange der Wochenmarkt in Elten noch angenommen wird, sollte er auch weiter durchgeführt werden.
Wie sieht es mit der Kleinschwimmhalle aus?
Das Schwimmbad ist enorm wichtig. Nicht nur für Elten. Das muss ich ganz deutlich betonen. Als es seinerzeit die Strömungen in Emmerich gab, dass das Schwimmbad aus Kostengründen geschlossen werden sollte, da hat sich mein Vorgänger Sohni Wernicke mächtig ins Zeug gelegt, so dass aus seiner Initiative auch der Verein ‘t Eltense Bürgerbad gegründet wurde, der die Verwaltungsarbeit für das Bad übernommen hat. Rückblickend muss man sagen, wenn das nicht passiert wäre, wäre Emmerich – ich sage ganz bewusst Emmerich – um einiges ärmer.
Im Gegensatz zu anderen Ortsvorstehern in Emmerich ist das Amt in Elten sehr politisch geprägt.
Die Art und Weise, wie die Position des Ortsvorsteher in Elten angesiedelt ist, unterscheidet sich schon zu anderen Ortschaften. Das kommt aber durchaus auch schon von meinen Vorgängern Alex Kerkhoff und Sohni Wernicke, die diese Position geprägt haben. Es ist so in Elten, wenn jemand Probleme hat, kann er zum Ortsvorsteher gehen.
Aber nach der letzten Kommunalwahl ist ihre Position ja zum Politikum geworden. Der Ortsvorsteher-Posten wurde abgeschafft und ein zeitweise wurde ein Ortsausschuss eingerichtet. Ehe sie dann doch wieder in ihr Amt zurückgekehrt sind...
Ich habe vor der Wahl gesagt, ein Ortsausschuss funktioniert nicht. Ich habe aber nie, und das will ich mal ganz deutlich sagen, über den Ortsausschuss gemeckert oder gesagt, die machen da was falsch. Ich habe aber auch nicht teilgenommen. Nachher stand ich wieder bereit und habe mein Amt wieder aufgenommen. Die Zeit war nicht schön für mich. Ich hatte ein hervorragendes Wahlergebnis. Aber das ist Demokratie, das muss man auch akzeptieren.
Sie sind aber eben nicht nur Ortsvorsteher von Elten, sondern auch Ratsmitglied und leiten den wichtigen Ausschuss für Stadtentwicklung. Als Ortsvorsteher sind Sie aber auch in einer Vermittlerposition zwischen Bürger und Stadtverwaltung. Wie würden Sie Ihr Verhältnis zur Emmericher Stadtverwaltung selbst beschreiben?
Als nicht schlecht (macht eine Pause). Ja, meine Verbindung zur Emmericher Verwaltung ist nicht schlecht. Es gibt sicherlich Kritikpunkte, aber ich sehe auch viele gute Dinge, die da geleistet werden. Was ich nicht leiden kann, ist, wenn da Sachen verallgemeinert werden. Das ist wie in einem großen Betrieb in der Industrie, es gibt starke Abteilungen und es gibt weniger starke Abteilungen. Aber vor allem muss man ja mal eines sagen: Die Dinge, die am meisten von der Emmericher Verwaltung umgesetzt werden, unterliegen der Gesetzgebung. Und diese Gesetze werden nicht in Emmerich gemacht.
Zum Abschluss, bitte vervollständigen sie den Satz: Nach der Kommunalwahl im Herbst wird Albert Jansen...
...wenn der Bürger denn mitmacht nochmal Ortsvorsteher und Ratsmitglied. Das Wort nochmal betone ich. Denn der Familienrat hat das so beschlossen, aber auch gesagt, danach ist es dann gut gewesen.