Emmerich/Rees. Die Gastronomien in Emmerich und Rees versuchen, sich irgendwie über Wasser zu halten. Sie geben sich hoffnungsvoll und bekommen häufig Zuspruch.

Das gesellschaftliche Leben nimmt behutsam wieder Fahrt auf in der Corona-Krise. Aber die Gastronomie profitiert von den Lockerungen der Sicherungsmaßnahmen nicht. Viele befürchten, dass etliche Gastronomien nach der Krise nicht mehr öffnen. Und etliche der im Kreis Kleve rund 5700 in der Branche Angestellte kommen mit dem Kurzarbeitergeld kaum aus, zumal ja auch Trinkgelder wegfallen. Wie ist die Lage bei den hiesigen Gastronomien? Sie geben sich hoffnungsvoll, zeigen Kreativität. Manche auch Verständnis.

Das Hotel Lindenhof in Haldern etwa bietet seit Anfang April donnerstags bis sonntags einen Fensterverkauf mit einer kleinen Karte von Schnitzel über Currywurst bis zu vegetarischen Leckerein: „Hut ab, wie die Halderner das annehmen“, sagt die Betreiberin Nicole Wilke. Hotelgäste dürften zwar kommen, etwa Montage-Arbeiter, allerdings sei die Nachfrage praktisch gleich Null. Der Staat habe gut unterstützt, die acht Mitarbeiter seien in Kurzarbeit gegangen: „Den Fensterverkauf mache ich alleine mit dem Koch.“ Der Doppeladler in Haldern mache es ähnlich, wusste Wilke zu berichten.

Wenn das Bier fließt, wer denkt dann noch an den Abstand?

Die Pommesbude Frittenknaller an der Promenade ist derzeit geschlossen. Man sah sich nicht in der Lage zu kontrollieren, dass im Umkreis von 50 Metern die Gäste sich nicht versammeln.
Die Pommesbude Frittenknaller an der Promenade ist derzeit geschlossen. Man sah sich nicht in der Lage zu kontrollieren, dass im Umkreis von 50 Metern die Gäste sich nicht versammeln. © Funke Foto Services GmbH | Thorsten Lindekamp

Dass die Gastronomie bei den Lockerungen von der Regierung nicht bedacht wurde, kann Nicole Wilke durchaus verstehen: „Wenn das Bier einmal fließt, wer hält sich dann noch an die 1,50 Meter Abstand. Das wäre im Thekenbetrieb schwierig. Für das Sommergeschäft ist das natürlich eine Katastrophe, aber wir wollen lieber ruhigen Gewissens in ein paar Wochen starten.“ Die Eröffnung des Lokalbetriebes inklusive des Kostenapparates für Personal und Einkauf mache auch nur dann Sinn, wenn die Menschen wieder das Vertrauen hätten zu kommen.

Lange nicht wahrhaben wollte die Lage Andre „Ente“ Miesen, Wirt von Onder de Poort in Emmerich. Erst am 18. Februar hatte er mit großem Erfolg die älteste Kneipe der Stadt wiedereröffnet: Dann kam der besagte Tag X. Zunächst schmiedete Miesen noch Pläne, wie er in 14 Tagen wieder eröffnen könnte. Dann kam der Frust. Er sei in „ein tiefes Loch gefallen“. Wieder aufgebaut habe ihn der positive Zuspruch der Stammgäste: „Der Zusammenhalt war bzw. ist weiterhin überwältigend“, verrät der Pächter. Mit Gutscheinaktionen hätten Stammgäste ihm sogar geholfen. Der Verpächter kam ihm sehr entgegen. Die Kosten konnten deutlich reduziert werden.

Verpächter kommen Wirten häufig entgegen

Mittlerweile ist Miesen wieder optimistisch, dass Onder de Poort eine Zukunft hat. Die Mitarbeiter, denen er allen hat kündigen müssen, wird er wieder einstellen, sobald er wieder öffnen kann. Ihnen gelte ein besonderer Dank: „Wir sind eine große Familie und das wird auch so bleiben.“

Auch das Compañeros an der Rheinpromenade in Emmerich ist derzeit geschlossen: „Ich bin Mutter geworden, habe mit Ach und Krach alles für die Saison organisiert und dann sowas. Es ist super Wetter und wir können kein Geld verdienen“, sagte Betreiberin Ayse Baran, die darauf hofft, bald wieder öffnen zu können. Das Lokal habe Kurzarbeit angemeldet. Zuschüsse seien bewilligt worden, aber bisher nicht geflossen. Zum Glück sei ihr Gertrud Wemmers, die Vermieterin, entgegengekommen.

Ist die Kontaktlage im Handel besser als in der Gastronomie?

Beim Inselgasthof Nass in Grietherort hat Betreiber Christian Nass aufs „Dinner in the Car“ (Essen im Auto) umgestellt: „Man ist präsent, aber es läuft schleppend“. Auch er habe Kurzarbeit und Fördermittel beantragt. Dass die Gastronomie jetzt nicht auch wieder Gäste empfangen darf, kann er nicht nachvollziehen: „In den Läden begegnen sich die Leute auch. Hier gibt es Quadratmeter genug, um sich aus dem Weg zu gehen.“

Nova Caeli fährt bald mit mobiler Küche vor

Auch der Cateringservice Nova Caeli hält sich „weiterhin am Tropf“, so Geschäftsführer Joel Büns, der sich über die tolle Unterstützung aus Fan-Kreisen freut. Die Kunst sei es, massiv die derzeitigen Angebote zu bewerben, ohne aufdringlich zu sein. Sechs Mitarbeiter habe man entlassen müssen. Der Zuschuss von 15.000 Euro sei bei einem Zehn-Mann-Betrieb schnell aufgebraucht gewesen. Die Belieferung der Kitas etwa sei weggebrochen.

Nova Caeli ist derzeit dabei, die nächste Alternative auf den Weg zu bringen. Ein Imbisswagen werde zur mobilen Küche umgebaut. Diese könne dann etwa von Firmen gebucht werden und schon rollt die Küche an. „Wir können dann kleine, pfiffige Gerichte für fünf bis zehn Euro vorhalten. Oder was auch immer die Firmen wünschen“, sagt Joel Büns.

>> NGG fordert Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent aufzustocken

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) fordert eine deutliche Aufstockung des Kurzarbeitergeldes. „Mit 60 Prozent des bisherigen Lohns auszukommen, ist im Gastgewerbe ein Ding der Unmöglichkeit. In Nordrhein-Westfalen bleiben einem gelernten Koch ohne Kinder in Vollzeit am Monatsende nicht einmal 900 Euro“, macht NGG-Geschäftsführer Hans-Jürgen Hufer deutlich. Dies setze voraus, dass nach Tarif gezahlt werde – was häufig jedoch nicht einmal der Fall sei.

Die NGG fordert eine Aufstockung auf 80 Prozent, für Eltern 87 Prozent – zumindest für untere Einkommensgruppen.