Elten. Am Ostersonntag 1945 besetzen kanadische Truppen Elten. Zuvor ging in der Karwoche ein 82-stündiges Trommelfeuer auf den Eltenberg nieder.
Am Karsamstag 1945 besetzen die Kanadier Emmerich. Am Ostersonntag folgt Elten. Doch vor allem die Ereignisse in der Karwoche haben sich tief ins kollektive Gedächtnis der Eltener gebrannt. Hans Frericks etwa war gerade erst gut ein halbes Jahr alt, als der Zweite Weltkrieg endete, trotzdem ist dem Ur-Eltener wichtig, dass die Geschehnisse vor 75 Jahren nicht vergessen werden. „Mir geht es auch darum, dass die Hintergründe deutlich werden“, sagt er zur NRZ.
Tagebucheinträge von Theet Geurts aus Stokkum
In Herbert Kleipaß’ Buch Emmerich am Rhein 1900 - 2000 ist unter der Datumsangabe Februar/März 1945 zu lesen: „Die Eltener Bevölkerung verbrachte wegen der Beschießung die meiste Zeit im Keller.“ Sehr viel detaillierter sind die Tagebuchaufzeichnungen von Theet Geurts. Der Niederländer arbeitete zu der Zeit in ‘s-Heerenberg und wohnte in Stokkum. Immer wieder notierte er dabei auch, wie die Frontlinie Nähe an seine Heimat heranrückte.
Im Februar 1945 rückt die Front näher
Auf der Homepage von Berghapedia, der Enzyklopädie für das Land von Bergh, sind die Aufzeichnungen des Zeitzeugen nachzulesen. Am 9. Februar 1945 schrieb Geurts in sein Tagebuch: „Habe letzte Nacht natürlich nicht viel geschlafen. Auch heute ist noch Kanonengeheul mit zeitweiligen Pausen zu hören. Die ganze Nacht über hat man Granaten gehört, die in der Richtung von Elten eingeschlagen sind. Der Krieg rückt näher.“
In den Aufzeichnungen wird immer wieder Elten genannt. Immer wieder wird von Artilleriefeuer, aber auch von Jagdfliegern berichtet. Die Ereignisse kulminieren schließlich in der Karwoche. Das ausgewiesene Ziel der Alliierten ist dabei der Eltenberg.
Hochelten wegen falscher Funksprüche als Ziel auserkoren
Wieso ausgerechnet der Berg und Hochelten unter Feuer genommen werden, würde heute wohl unter den Begriff Fake-News fallen. Denn die Wehrmacht setzte auch noch in den letzten Kriegstagen bewusst Falschmeldungen ab. Die oberste Heeresleitung ging davon aus, dass die Alliierten die Funksprüche abfangen würden. Genau so kommt es dann auch.
Die Kanadier etwa gehen davon aus, dass in den Stellungen am Eltenberg noch rund 3000 deutsche Soldaten Widerstand leisten werden. Hügel, Berge beziehungsweise Erhebungen sind in der Militärtaktik bereits seit der Antike als strategischer Vorteil bekannt. Die Kanadier wollen sich dementsprechend nicht auf einen infanteristischen Nahkampf einlassen.
Trommelfeuer endet in der Osternacht
Somit beginnt in der Karwoche ein 82 Stunden langes Trommelfeuer auf den Eltenberg. Es endet erst in der Osternacht. Dies hat Leo Gies bereits in seinem Standardwerk Elten – Land und Leute von 1951 festgehalten.
Eine halbe Million Granaten sind im Eltenberg eingeschlagen
Die Bilanz nach dem Trommelfeuer ist verheerend. Eine halbe Million Granaten sind in und um Hochelten eingeschlagen. Allein in den 82 Stunden vor der endgültigen Einnahme des Dorfs haben zusätzlich 13 Bombenteppiche den Eltenberg in eine Kraterlandschaft verwandelt.
Die St.-Vitus-Kirche bis auf den halben Kirchturm, das Friedenskreuz, die Gaststätte Hox, das katholische Pastorat und das Kurhaus sind völlig zerstört. Das Stanislauskolleg hat stark gelitten. Um den Drususbrunnen stehen nur noch drei Wände.
Waldbestand ist größtenteils vernichtet worden
Auch die Natur zahlt ihren Preis. Der Waldbestand ist größtenteils vernichtet. Noch bis in die 50er-Jahre müssen Bäume gefällt werden, die an den Spätfolgen des Trommelfeuers eingehen.
Viele Blindgänger werden nach dem Krieg gefunden
Apropos Spätfolgen. Bei einem derart heftigen Artilleriefeuer bleibt es nicht aus, dass viele Blindgänger im Laufe der Zeit gefunden werden. Hans Frericks erinnert sich, dass in seiner Jugend immer mal wieder einiger seiner Freunde eine nicht explodierte Granate gefunden haben, die sie dann am Eltener Rathaus abgaben.
Am 1. April 1945, es ist der Ostersonntag, enden in Elten die Kampfhandlungen. Die Kanadier besetzen den Ort. Elten hat 292 Kriegstote zu beklagen.
>>> In vielen Städten in der Grenzregion enden am 1. April 1945 die Kampfhandlungen
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Wirklich großen Widerstand gibt es am 1. April 1945 von den deutschen Verbänden nicht mehr. Daher kann die First Canadian Army die so genannte Operation Plunder eigentlich wie geplant durchführen. Doch als die dritte Division beispielsweise ‘s-Heerenberg erreichte, kamen die Soldaten nur sehr schwer weiter. Etliche Einwohner waren auf der Straße und applaudierten den Befreiern.
Neben ‘s-Heerenberg wurde gegen Mittag Stokkum erreicht, von da ging es weiter nach Beek. Auch Zeddam wird von den kanadischen Truppen noch am 1. April liberalisiert. Eine besondere Anekdote ist aus Azewijn überliefert. Die Einwohner des Dorfes begrüßten die Truppen mit dem Ruf „Welcome Tommies“. Die Soldaten klärten dann erst einmal auf, dass sie keine Tommies sind, sondern „French Canadiens“.