Rees. Ende Februar wurde in Rees-Haffen ein Wolf gesichtet. Kein Grund zur Sorge, meinen die Experten. Einer macht sich trotzdem Sorgen wegen des Wolfs.

Der Wolf dominiert den Feldweg. Zwischen zwei Ackerflächen läuft das Tier. Im Hintergrund, kaum mehr als einen Steinwurf entfernt, sind die Häuser von Rees-Haffen zu sehen. So sieht eines der Bilder aus, die vom Wolf in Rees Ende Februar gemacht wurden.

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) hatte bestätigt, dass es sich um einen Wolf handelt. Weitere Erkenntnisse zu dem Tier gibt es nicht. „Unsere Experten haben auf Grund der Entfernung ausgeschlossen, dass es sich um die Wölfin handelt, die im Wolfsgebiet Schermbeck ansässig ist“, erklärt Wilhelm Deitermann, Sprecher des Lanuv.

Ein Wolf auf Sichtdistanz – kein Grund zur Panik

Man vermutet, dass es sich um einen jungen Wolf handelt, der auf der Suche nach einem Revier ist. Denn mit Erreichen der Geschlechtsreife wandern Jungwölfe aus dem Territorium ihrer Eltern ab, um sich ein freies Revier zu suchen. Dabei legen sie teilweise mehrere hundert Kilometer zurück.

Dass er dabei auch, wie in Haffen geschehen, am hellen Tag in Sichtweite von Häusern vorbeiläuft, kann ebenfalls vorkommen. Gerade Jungwölfe „können durch ihre Unerfahrenheit und Neugierde bisweilen eine geringere Fluchtdistanz zu Menschen aufweisen als erwachsene Wölfe“ heißt es dazu auf der Informationsseite des Lanuv zum Wolf in NRW.

Ansiedlung an der Rheinschiene eher unwahrscheinlich

Dass sich ein junger Wolf in der Umgebung ein neues Revier schaffen könnte, hält Martin Brühne vom Naturschutzzentrum im Kreis Kleve für eher unwahrscheinlich. „Grundsätzlich wird sich der Wolf wohl eher ein Gebiet suchen, wo er Ruhe hat“, sagt er. „Er wird sich eher ein Waldgebiet suchen, als die offenen Landschaften, die wir hier am Niederrhein haben.“

Dazu kommt, dass Wolfswelpen in Wurfhöhlen zur Welt kommen. Um so eine zu graben, sind die eher feuchten Wiesen am Niederrhein auch nicht gerade der geeignete Ort. „Der Wolf sucht sich eher ein Gebiet wo es trocken ist“, sagt Martin Brühne. Die trockenen Stellen, an denen das Graben einer Wurfhöhle leicht möglich wäre, wie etwa die sandigen Aufschüttungen an Autobahnüberquerungen, gibt es natürlich auch hier. Aber da wäre es dann wohl zu laut und hektisch für einen Wolf.

Sorgen von Schäfern sind nachvollziehbar

Auch Felix Streuff, Vorsitzender des Hegering Emmerich/Rees macht sich wegen des Wolfs keine Sorgen. „Ich halte die Rheinschiene nicht für das passende Biotop für einen Wolf“, sagt er. Er kann allerdings die Sorgen von Schäfern nachvollziehen. „Für die Weidetierhaltung ist ein Wolf schon schwierig“, sagt er.

Einer der Schäfer, die sich Sorgen machen, ist Jens Holtkamp. Der Ort, an dem der Wolf in Rees gesichtet wurde, liegt nur wenige Kilometer von seinem Hof entfernt. „Wir rechnen täglich damit, dass ein Wolf hier auftaucht“, sagt er. Er hat nichts gegen Wölfe – so lange sie seinen Schafen nicht zu nahe kommen. „Ich hoffe, der Wolf ist nur hier durchgelaufen“, sagt er.

Klare Regelungen für den Umgang mit Wölfen

Schäfer Jens Holtkamp hat nichts gegen Wölfe. Er wünscht sich allerdings klare Regelungen im Umgang mit den Tieren und den Schäden, die sie anrichten.
Schäfer Jens Holtkamp hat nichts gegen Wölfe. Er wünscht sich allerdings klare Regelungen im Umgang mit den Tieren und den Schäden, die sie anrichten. © FUNKE Foto Services | Markus Weissenfels

Jens Holtkamp könnte sogar damit leben, wenn sich ein Wolf im Jahr ein paar seiner Schafe schnappt. Wenn er für den Schaden unkompliziert entschädigt würde. „Wir brauchen ganz klare Richtlinien“, sagt er. Die gäbe es nicht – und teilweise werde von Berufsschäfern Unmögliches verlangt. „Um die erweiterten Maßnahmen zum Herdenschutz umzusetzen, bräuchte ich einen extra Angestellten“, sagt Jens Holtkamp. Der müsste, wie der Schutz selbst, irgendwie bezahlt werden. Gleiches gelte für Herdenschutzhunde.

Und es müsste, so sagt Holtkamp, auch klare Regelungen dafür geben, wie viele Nutztiere ein Wolf maximal reißen darf, bevor man etwas gegen ihn unternimmt. Hier führt er als Beispiel die Wölfin GW954f, bekannt als „Gloria“ aus dem Wolfsgebiet Schermbeck an, die laut den Zahlen auf der Wolfsinformationsseite des Lanuv seit August 2018 rund 100 Nutztiere verletzt oder getötet hat. „Wenn ein Wolf dieses und jenes angestellt hat, dann muss er weg“, sagt Jens Holtkamp.

>>>Wolfsgebiet und Pufferzone

Am 1. Oktober 2018 hatte das Lanuv mit dem Wolfsgebiet Schermbeck erstmals ein Wolfsgebiet in NRW ausgerufen. In diesem Gebiet fördert das Land NRW Maßnahmen zum Herdenschutz.

Zum Gebiet gehört auch die Stadt Rees (im Nordwesten bis zur B67), wobei sich die Wolfsnachweise auf Bottrop, Dinslaken, Hünxe und Schermbeck konzentrieren.

Die „Pufferzone“ rund um das Wolfsgebiet umfasst auch die Städte Emmerich und Isselburg. Auch hier werden Präventionsmaßnahmen zum Herdenschutz durch das Land gefördert.