Borghees. Ortsvorsteher Richard Willemsen sieht für den Emmericher Ortsteil Borghees eigentlich nur ein echtes Problem: Der Verkehr müsste gebremst werden.

Die NRZ startet die neue Interview-Serie „Die Ortsversteher“. Hierbei stehen die Ortsvorsteher in Emmerich und Rees im Fokus, denn zweifelsohne sind sie Personen, die sich in ihrem Ortsteil gut auskennen. Isselburg – ohnehin eine dezentrale Stadt – hat übrigens keine Ortsvorsteher. Den Auftakt macht Richard Willemsen von der CDU – Ortsvorsteher von Borghees.

Warum haben sie sich als Ortsvorsteher aufstellen lassen?

Das ist eine berechtigte Frage. Ich hatte eigentlich mit Politik nie etwas zu tun, weil mein Vater schon gesagt hat: „Sieh zu, dass Du nirgendwo ein Parteibuch kriegst. Halte dich da raus.“ Ich wurde da mehr ins kalte Wasser geworfen, weil Monika Prust plötzlich aufgehört hatte. Helmut Arntzen, unser Vorsitzender des CDU-Vereins in Hüthum-Borghees vor 20 Jahren, sprach mich an. Ich habe ihm dann gesagt, ich könnte mir das vorstellen. Erstmal für fünf Jahre… Da war er sehr froh.

Auch heute noch machen wir den Ortsrundgang mit dem Bürgermeister, den Leuten der Kommunalbetriebe und so weiter über den Ortsverband Hüthum-Borghees. Helmut Arntzen hatte mir gesagt: „Viel mehr Arbeit hast du nicht.“

Mit welchen Anliegen kommen die Bürger denn zu ihnen?

Es ist tatsächlich so, die Mitbürgern verursachen nicht viel Arbeit. Es ruft schon mal jemand an, mit dem fährt man dann zur Sparkasse. Auch kommen schon mal Beschwerden. Wir haben vieles auf dem kleinen Dienstweg lösen können, wenn mal was mit der Straße ist oder Bäume geschnitten werden müssen, weil sie über der Straße hängen.

Sozusagen die Kernkompetenz des Ortsvorstehers: Verlängerter Arm der Verwaltung in die Ortschaft...

...Richtig.

Am Schlösschen Borghees entsteht eine neue Kulturscheune – was halten Sie davon?

Richard Willemsen begrüßt den Bau der Kulturscheune am Schlösschen Borghees. So können die kulturellen Angebote barrierefrei genossen werden.
Richard Willemsen begrüßt den Bau der Kulturscheune am Schlösschen Borghees. So können die kulturellen Angebote barrierefrei genossen werden. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

Da bin ich sehr von angetan. Wo das Schlösschen schon so gut integriert ist, mit den Kultur-Vorstellungen und so weiter, finde ich es gut. Auch die Leute hier im Dorf haben gesagt, sie finden es in Ordnung. Vor allen Dingen, weil es dann auch behindertengerecht sein soll.

Es gibt eine Art Symbiose Hüthum-Borghees, fast als wäre Borghees ein Anhängsel: Ist das ein Hemmnis für den Ort?

Eigentlich nicht. Wir verstehen uns ganz gut mit den Hüthumern, weil die meisten Vereine Hüthum-Borghees heißen. Die Leute sind davon angetan. Wir machen zum Beispiel die Pflege vom Marienaltar an der Molkerei gemeinsam. Ein Hemmnis? Da merken wir eigentlich nichts von.

Borghees wird von Ortskundigen – an der Hüthumer Straße, auch am Elsepaßweg - zunehmend als Abkürzung für den Durchgangsverkehr genutzt: Sehen Sie hier Handlungsbedarf?

Das würde ich sagen. Vor allem Dingen mit den Geschwindigkeitsbegrenzungen. Wir haben an der Hüthumer Straße Tempo 70. Beschwerden kamen vor allem von den Leuten am Anfang der Hüthumer Straße, weil sie direkt an der Straße ihre Ausfahrten haben. Das ist sowas von gefährlich.

Wir verstehen nicht, dass sie an der Reithalle ein Stück Tempo 50 gemacht haben, wo sich nur kein Mensch dran hält und noch nie kontrolliert wurde, aber gerade im Kurvenbereich alles 70 gelassen haben. Hier ist sehr, sehr viel Betrieb. Im Sommer auch durch landwirtschaftliche Fahrzeuge, die Fahrräder, die Holländer, die zu fünft oder sechst nebeneinander her fahren und die Autos nicht vorbei lassen – mit 70 ist es manchmal schon sehr gefährlich.

Und dann stößt vielen auch die Beleuchtung an der Hüthumer Straße auf. Es sind viele Fußgänger und Wanderer unterwegs zum Schlösschen Borghees und zum Landgasthof. Es ist unwahrscheinlich dunkel dort. Es stehen nur Laternen auf einem kurzen Stück am Reithof. „Im Wald stehen wir im Dunkeln“, sagen die Leute.

Das Problem ist immer, was ich Dr. Stefan Wachs, dem Ersten Beigeordneten, auch gesagt habe, es muss immer erst etwas passieren, bevor man handelt. Die Polizei argumentiert, es passiere zu wenig, warum sollten sie da etwas machen.

Borghees ist auch Wasserschutzgebiet. Hat das Auswirkungen auf den Ort?

Ja, die Kanalüberprüfungen im Wasserschutzgebiet gehen ins Geld. Für die Wasserschutzgebiete werden die Überprüfungen ja wahrscheinlich erhalten bleiben.

Borghees hat viele Feldwege – sollte man über ein Wirtschaftswegekonzept nachdenken?

Entsprechend sehen die Straßen auch aus. Vor allem der Kesselderweg, wo zwei Reithallen liegen und auch landwirtschaftlicher Verkehr stattfindet, da sind rechts und links der Straße gefährliche Kanten. Es fehlen auch Beleuchtungen. Ich weiß, dass ein Wirtschaftswegekonzept schwierig ist. Ortsvorsteher Herbert Scheers in Klein-Netterden hatte da schon Schwierigkeiten. Ich denke, das macht eher weniger Sinn.

Wo sehen Sie in Borghees weitere Herausforderungen, die angegangen werden müssten

Bis auf die Verkehrsprobleme, eigentlich nichts.

Also sind sie ansonsten in Borghees wunschlos glücklich?

Ja, das kann man so sagen. Das ist doch auch schön. Wobei: Es ist wichtig, dass das alte Trafohäuschen stehen bleibt. Es ist ein Anhaltspunkt. Wenn Sie ein Taxi bestellen, kann man sagen, am Transformatorenhaus links oder rechts. Es ist für uns Orientierung. Der Borgheeser Weg ist recht lang.

>> Das ist Richard Willemsen

Richard Willemsen ist 72 Jahre alt, stammt aus Emmerich und war von Beruf Industriekaufmann. Im Jahr 2000 wurde er Ortsvorsteher. Nach der Kommunalwahl im Herbst könnte er sich vorstellen, noch ein letztes mal für fünf Jahr die Aufgabe des Ortsvorstehers zu übernehmen. Borghees zählt rund 400 Einwohner.

>> Was ist ein Ortsvorsteher?

Die Einrichtung des Ortsvorstehers wurde erstmals 1969 in die Gemeindeordnung aufgenommen. Die Ortsvorsteher, die ihren Wohnsitz innerhalb ihres Ortsteiles haben müssen, werden vom Rat der Stadt gewählt. Bei der Wahl ist das in der jeweiligen Ortschaft bei der Kommunalwahl erzielte Stimmenverhältnis zu berücksichtigen. Ihre Wahlzeit deckt sich mit der des Rates (fünf Jahre).

Nach der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen kommt dem Ortsvorsteher die Aufgabe zu, die Belange seines Ortsteils gegenüber dem Rat der Stadt wahrzunehmen. Ortsvorsteher sind somit Bindeglied zwischen Ortsteil und Stadtrat. Sie sind jederzeit berechtigt und verpflichtet, Wünsche, Anregungen und Beschwerden aus seiner Ortschaft aufzugreifen und an den Rat, an einen seiner Ausschüsse oder an den Bürgermeister weiterzugeben. Auch sind die Ortsvorsteher vom Bürgermeister teilweise mit der Wahrnehmung repräsentativer Aufgaben betraut (Überbringung von Geburtstagsgrüßen, Besuch von Vereinsfeiern und Ähnliches).