Emmerich. Max Melssen, Richter am Amtsgericht Emmerich, erklärt, warum das Rechtssystem behäbig sein muss. Der Abgasskandal bescherte ihm die Heimkehr.

Ja, das Rechtssystem kann manchmal behäbig sein: „Muss es aber auch sein“, meint Max Melssen, „weil es gründlich sein muss“. Der 29-Jährige ist ein noch recht neues Gesicht am Amtsgericht Emmerich. Und wer den Richter, der gerne Fliege trägt, schon mal live in einer Strafverhandlung erlebt hat, erkennt, dass er tatsächlich sehr gründlich nachfragen kann.

Der Klever wurde durch die Rechtskunde-AG am Gymnasium angefixt, machte dann noch ein Schülerpraktikum bei einem Rechtsanwalt und war somit auf dem Weg in die Justiz. 2016 schloss er sein Jura-Studium in Münster ab. Währenddessen stellte er für sich fest: „Anwalt werden wollte ich nicht.“ Diese seien manchmal wirtschaftlichen Zwängen unterlegen; ein Kaufmann in eigener Sache: „Der Richter ist unabhängiger“, sagt Max Melssen, der gerne objektiv an die Themen herangeht.

Viel Last mit dem VW-Abgasskandal

Nach dem Studium zog es ihn zurück in die Heimat für das Referendariat. Die 2. Kammer des Landgerichtes, die Staatsanwaltschaft, die Stadt Kleve und die Kanzlei Albers und Gebing in Kleve waren die Stationen. Für die Wahlstation zog es ihn zurück ans Landgericht, wo er in der Kammer für Handelssachen landete.

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Nach dem Abschluss seines Referendariats wurde er am Landgericht Krefeld eingesetzt: „Es ist nicht schlecht, mal etwas anderes zu sehen. Aber die Pendelei wurde mir zu viel. Es folgte Baustelle auf Baustelle“, schildert Melssen. Eigentlich wurde ihm in Aussicht gestellt nach der drei jährigen Probezeit als Richter zurück in die Heimat kommen zu können, doch dann kam der Anruf früher: Ab April 2019 wurde er in der 3. Kammer des Landgerichts Kleve gebraucht: „Wir hatten viel Last mit dem VW-Abgasskandal.“

Das Strafrecht ist eine ganz andere Welt

Dann wurde seine Stelle geteilt. Zur Hälfte war Max Melssen ab Oktober am Amtsgericht Emmerich im Einsatz, wo er sich zunächst um Zivilsachen kümmerte. Ab dem 25. November wurde er für ein Jahr in Vollzeit zum Richter in Emmerich berufen – nun vor allem fürs Strafrecht.

„Das Strafrecht ist ganz anders. Es passiert mehr spontan im Gerichtssaal. Es geht mehr darum, wie genau es gelaufen ist“, schildert Melssen seine jüngsten Erfahrungen. Juristisch sei es im Strafrecht oft mal schmaler. Für Zivilsachen lasse sich viel im Büro erledigen. Etwa die intensive Aktenbearbeitung.

Verfahrensbeteiligte zu finden kostet Zeit

Max Melssen war sich während des Jura-Studiums schnell sicher, dass er Richter und nicht Anwalt werden wollte.
Max Melssen war sich während des Jura-Studiums schnell sicher, dass er Richter und nicht Anwalt werden wollte. © Marco Virgillito

Und? Sind die Gerichte so überlastet, wie es allgemeinhin heißt? „Es ist schon viel. Ich habe es mir aber schlimmer vorgestellt. Es ist natürlich von Gericht zu Gericht auch unterschiedlich“, meint Melssen. Mit zunehmender Routine werde es besser.

Viel Zeit werde darauf verwendet, Angeklagte oder Zeugen erstmal ausfindig zu machen. Vor allem im Grenzgebiet, wo Verfahrensbeteiligte häufiger aus dem Ausland kommen. Das kann dauern. Geduld ist gerade bei den Klägern manchmal gefragt, wenn ein Verfahren erst lange Zeit später vor Gericht verhandelt wird.

Ein Richter muss zeitliche Abstände einordnen

Entsprechend schwer sei es für die Zeugen, ihre Erinnerungen korrekt wiederzugeben: „Das muss ein Richter einordnen können“, sagt der 29-Jährige. Zum Glück befrage die Polizei die Beteiligten unmittelbar nach den Taten. In jedem Fall eine spannende Aufgabe für den Klever.

Wohin seine Reise schlussendlich geht, kann Max Melssen noch nicht sagen: „Ich muss erst nochmal Erfahrungen sammeln.“ Und dies wird er noch einige Monate im Amtsgericht Emmerich tun.