Rees. 46 Jahre war Otto Köpping Geschäftsführer von drei der über 400 Jahre alten Reeser Stiftungen. Jetzt hört er auf. Nachfolger ist Gerd Schmülling.
Otto Köpping blickt hinaus auf den Hof vor dem Mehrfamilienhaus an der Dellstraße 13. „Armenhof hießt der Platz hier bis in die 70er Jahre“, weiß der 73-Jährige. Hinter ihm befindet sich das Haus der XII-Apostel-Stiftung. Es bietet sehr bezahlbaren Wohnraum für Leute mit wenig Geld. Seit 46 Jahren ist Köpping Geschäftsführer von drei Stiftungen, ehrenamtlich. Vor ihm hat das übrigens sein Vater gemacht, davor sein Großvater. Ende des Jahres geht der pensionierte Justizbeamte dann endgültig in den Ruhestand.
„Wir verlieren einen sehr engagierten Mann“, bedauert Pfarrer Michael Eiden von ganzem Herzen das Ausscheiden von Otto Köpping. Jahrzehnte lang hat er sich als Geschäftsführer der XII-Apostel-Stiftung, der Waisenhaus-Stiftung Rees und der Sophia von Bocholt’sche Studentenstiftung Rees nicht nur um die Buchführung gekümmert, sondern auch Budget-Planung, Vorschläge, für wen Geld ausgeschüttet wurde – und um die Immobilien der Apostel-Stiftung.
Stiftungen zur Unterstützung armer Menschen war vor 400 Jahren Zeitgeist
Was alle drei Stiftungen gemein haben: Sie sind über 400 Jahre alt, wurden von Bürgern ins Leben gerufen, die sich um arme Menschen kümmern wollten, die sonst auf der Straße gelebt hätten. „Das war quasi Zeitgeist damals im 15. und 16. Jahrhundert, besonders hier am Niederrhein“, weiß Pfarrer Eiden. Sophia von Bocholt, eine wohlhabende Reeserin, hatte etwa 1578 im Testament die Stiftung bedacht.
Unterstützt wurden und werden Priesteramts-Kandidaten oder Studierende, die eine Lehrbefugnis für Religions-Unterricht hatten, aber auch karitative Zwecke. „Dafür stellen wir im Jahr gut 6000 Euro zur Verfügung“, sagt Otto Köpping. Erwirtschaftet wird das Geld durch Verpachtung von Ländereien, die der kirchlichen Stiftung seit Jahrhunderten rund um Rees gehören.
Zusammenarbeit läuft absolut reibungslos
Von einem Reeser, dessen Name nicht bekannt ist, wurde 1581 die Waisenhaus-Stiftung Rees gegründet. „1999 hat die Reeserin Heltjes-van de Locht nach dem Tod eine große Summe hinzu gestiftet, die ausschließlich Rollstuhlfahrern und Behinderten zugute kommen soll“, erklärt Otto Köpping. Die Dame selbst habe im Rollstuhl gesessen. Da heute anders als früher durch das Sozialsystem kaum mehr Waisen geholfen werden müsse, unterstütze die Stiftung, übrigens im Jahr auch etwa mit 6000 Euro, unter anderem karitative Zwecke, etwa durch Zuschüsse in Fällen von unverschuldeten Notlagen.
„Die Zusammenarbeit der drei Kuratorien der drei Stiftungen, vergleichbar mit ‘Aufsichtsräten’, läuft völlig reibungslos“, sagen Pfarrer Eiden und Geschäftsführer Köpping übereinstimmend. Man stimme sich genau ab, wo geholfen werden kann, welche Projekte realisiert werden. Wobei die XII-Apostel-Stiftung, gegründet 1480 von Gioshen van de Dydick, genannt Nolden, einen anderen Schwerpunkt hat als die beiden anderen – und dem Geschäftsführer auch viel mehr Zeit abverlangt.
Stiftungen finanzieren sich seit Jahrhunderten durch Landverpachtung
Denn gegründet wurde sie in erster Linie, um alten Menschen günstigen Wohnraum zu bieten. „Rund um den Armenhof gab’s früher schon Häuser dafür“, erzählt Köpping, der zuständig ist für die Immobilien-Verwaltung, sich aber auch darum kümmert, wie das Stiftungs-Kapital am besten angelegt wird. Heute unterhält die Stiftung einen Komplex mit acht Wohneinheiten für Einzel-Personen, die älter als 50 Jahre sind. Darüber hinaus besitzt die Stiftung drei weitere Häuser an der Gelderschen Kay, die aber „normal“ vermietet werden, sowie eine Eigentums-Wohnung am Stadtgarten.
„Die Stiftung, die aber auch Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit in Rees unterstützt, finanziert sich wie die anderen auch durch die Verpachtung ihrer etwa 22 Hektar großen landwirtschaftlichen Flächen, die überwiegend rund um Rees liegen“, so der 73-Jährige, der sich unter anderem auch um Reparatur-Arbeiten an den Gebäuden kümmert. Weil auf einem dieser Grundstücke jetzt ein Windrad steht, kann die Apostel-Stiftung jährlich sogar 30.000 Euro ausschütten.
Nachfolger wird Gerd Schmülling
Wenn’s um soziale Wohltaten geht, gibt es noch einen weiteren Akteur in Rees: den Armenfonds der Pfarrgemeinde St. Irmgardis. Er ist ebenfalls sehr alt und hilft, wenn Menschen in Not sind. „Wir ergänzen und unterstützen uns gegenseitig“, sagt der Geistliche, der quasi in Personalunion auftritt. XII-Apostel-Stiftung und Armenfonds finanzieren beispielsweise auch die Personalkosten der Schulsozialarbeiterin, die für die vier Grundschulen arbeitet. „Da hat uns die Stadt um Hilfe gebeten und wir sind eingesprungen“, sagt Pfarrer Eiden.
Jetzt, nach 46 Jahren, hört Otto Köpping also endgültig auf mit der Stiftungsarbeit, will mehr Zeit mit seinen Enkeln verbringen. Der Nachfolger steht übrigens schon fest: „Es wird Gerd Schmülling“, verrät Pfarrer Michael Eiden. Und es gibt interessante Parallelen zu Otto Köpping. Denn der 51-jährige Schmülling ist heute auch schon Geschäftsführer weiterer Stiftungen in Rees. „Und sein Vater hat das auch schon vor ihm gemacht“, schmunzelt Michael Eiden. Sie waren sogar im gleichen Kegelverein, grinst Otto Köpping, „ich war nämlich der Kegeljunge“.