Emmerich. Eine neue Verbundbrücke wurde problemlos über die A3 „eingeschoben“, während die Autobahn am Wochenende bei Emmerich gesperrt war.
Es ist ein Prototyp, der sozusagen über die A3 am Samstag in Richtung Niederlande vom Parkplatz Hohe Heide aus kommend schwebt. Besser gesagt: „Vier Überseecontainer auf einem Transportgerät tragen 4,5 Tonnen“, weiß Joachim van Bebber.
Der Niederlassungsleiter von Straßen NRW strahlt mit seinem Chef Thomas Oehler und Jörg Kranz um die Wette. Kranz ist Geschäftsführer des Brückenspezialisten Heitkamp: „Das sieht klasse aus“, lobt er seine Mitarbeiter. 25 von ihnen waren in den letzten zweieinhalb Monaten vor Ort im Einsatz um das Brückenbauwerk für seinen anderthalbstündigen Transport über die A3 vorzubereiten.
Staatssekretär ist vom Verfahren begeistert
Die kurze Bauzeit und das neue Verfahren zieht auch den Staatssekretär des NRW-Verkehrsministeriums, Dr. Hendrik Schulte, an den Niederrhein. „Wir werden diese Erfahrung nutzen“, sagt er, spricht von drei weiteren Pilotprojekten dieser Art „aber mit größeren Brücken“ und weiß: „Wir werden in NRW schneller bauen.“ Das sagt er nicht ohne Grund.
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Schließlich hat der ehemalige Hoch-Tief-Mann an dem neuen Autobahn-Ring rund um Amsterdam mitgearbeitet. „Die Niederländer sind einen Schritt weiter. Deutschland ist da konservativer“, so Geschäftsführer Jörg Kranz von der Firma Heitkamp aus Herne.
Bauphase wurde um zwei Drittel verkürzt
Zertifizierungen und Feststellungsverfahren sind mit ein Grund, dass sich die Fertigstellung verzögere. Aber - und das macht der Ingenieur klar: „Die Bauphase wurde mit 80 Tagen um zwei Drittel verkürzt.“ Und nicht nur das. Thomas Oehler, verantwortlich für das landesweite Autobahnstreckennetz bei Straßen NRW, erklärt wie vielfach zu hören ist, dass keine Einschränkungen bis auf zwei Vollsperrungen zwischen Emmerich und Elten erforderlich gewesen seien. Soll heißen: keine einspurige Streckenführung während der Bauzeit und mögliche ellenlange Rückstaus.
Neue Brücke über die A3 bei Emmerich
Doch wie ist das alles überhaupt möglich, wenn man nicht zum Stahlbeton greift? Die Erklärung hat auf der Autobahn am Samstag Hartmut Hangen von der Gescher Firma Huesker parat. Das Zauberwort heißt: geokunststoffbewährte Erde. „Anstelle von Stahlbeton wird für die Widerlager dieses Material rechts und links der Autobahn eingesetzt.“ Alle 50 Zentimeter wird ein Geo-Gitter zwischen die Erde gelegt. „Der Boden bekommt somit Zugfestigkeit und die Brücke kann somit unmittelbar danach belastet werden“, so Hangen.
Per Joy-Stick wird die Brücke justiert
Des Weiteren sei weitaus weniger spezielles Baugerät erforderlich. Während per Joystick und dem altbekannten Zollstock die Brücke auf die letzten zwei Zentimeter justiert wird, schauen Passanten vorbei. Schließlich ist die Brücke eine beliebte Querung für Jogger, Radfahrer und Spaziergänger.
In der ersten Dezember-Woche soll, so Straßen NRW, die Freigabe erfolgen. Begehbar ist sie auf jeden Fall. Das testete als Erster Niederlassungsleiter Joachim van Bebber.
Ein bisschen teurer
Die Gesamtkosten für diese Querung ohne Mittelpfeiler der Stokkumer Straße belaufen sich auf 3,475 Millionen Euro. „Das ist ein bisschen teurer“, als die bisherigen Brücken mit ihren Widerlagern aus Stahlbeton, so Thomas Oehler von Straßen NRW. Für den Prototypen musste eine Einzelfallgenehmigung beim Bundesverkehrsministerium angefordert. Messgeber kontrollieren möglichen Veränderungen.