Rees/Kalkar. Reeser Geschichtsverein ließ die Zeit des Widerstandes gegen den Schnellen Brüter noch einmal Revue passieren. Und erinnerte an einen Helden.

Wenn sich der Reeser Geschichtsverein Ressa mit einem Thema auseinandersetzt, dann ist dieses geschichtsrelevant und von besonderer Bedeutung für die Region. So auch im Mittwochabend im Bürgerhaus Rees.

Viele der 125 Besucher erinnerten sich an eine spektakuläre Zeit des juristischen und politischen Widerstandes gegen das Mega-Projekt Schneller Brüter in Kalkar. Die umfassende Bilddokumentation, die Oberstudienrat a.D. Thomas Velten (Kleve) mit großem Insiderwissen kommentierte, machte deutlich, dass die über 20 Jahre andauernden, grenzüberschreitenden Proteste letztendlich Erfolg hatten.

Der Held von Kalkar

Am 21. März 1991 erklärte Forschungsminister Heinz Riesenhuber das „Aus“ für die Inbetriebnahme des Schnellen Brüters – ein finanzielles Desaster für ein Prestigeprojekt, mit 3,6 Milliarden Euro die teuerste Industrieruine.

Ein kleiner Protest auf dem Grundstück des Bauern Josef Maas, der als Symbolfigur des Widerstandes und „Held von Kalkar“ unvergesslich bleibt, löste eine nicht vorstellbare Welle des Protestes gegen den geplanten Bau des Kernkraftwerkes aus: „Bohrungen und Betreten des Grundstücks verboten“, so war es auf einem kleinen Holzschild zu lesen.

Pilgerstätte von zig-tausend Kernkraftgegnern

Kalkar, der ruhige kleine Ort am Niederrhein, wurde zur Pilgerstätte von zig-tausend Kernkraftgegnern. Trotz dieser Proteste erfolgte der erste Spatenstich am 24. April 1973. Die Region entwickelte sich zu einer Hochburg der Anti-AKW-Bewegung, die besonders ihren Auftrieb im Oktober 1973 durch Proteste aus den Niederlanden erhielt. Velten richtete besonders seinen Focus auf die Großdemonstrationen am 28. September 1974 mit rund 14.000 Atomkraftgegnern und am 24. September 1977 mit fast 50.000 Aktivisten.

Das damals eingesetzte Polizeiaufgebot galt als das größte in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. 1977 wird als historisches Jahr in die Geschichte eingehen.

Vierjähriger Baustopp

Kalkar droht das Chaos, so kommentierte seinerzeit die Presse. Nach der Mehrheitsempfehlung der Enquete-Kommission des deutschen Bundestages am 25. September 1982 folgte zunächst ein vierjähriger Baustopp. Der Landtag NRW lehnte 1986 die Brütertechnologie ab. Allmählich bröckelten die Fronten, die Dialoge zur Einstellung des Brüters wurden konstruktiver.

Die Erkenntnisse aus der Nuklearkatastrophe 1986 in Tschernobyl beschleunigten den Prozess, die sicherheitstechnischen und politischen Bedenken führten dann zum Aus.

Aktive der Protestbewegung zu Gast

Ressa hatte zum Vortragsabend auch den Grünen-Politiker Willibald Kunisch (Kalkar), den niederländischen Aktivisten Stef Beumer und Helmut Wesser, Fraktionsvorsitzender der Grünen (Rees) eingeladen, die sich aktiv an den Protestbewegungen beteiligten.

Als Zeitzeugen beantworteten sie in der anschließenden Diskussionsrunde die Fragen von Michael Scholten und die des Publikums, zogen aber auch Parallelen zu den heutigen Protesten im Hambacher Forst oder zu den Aktionen Friday for Future.

Die Witwe des Bauern Josef Maas war auch da

Bevor Heinz Wellmann, Vorsitzender des Geschichtsvereins, sich bei allen Akteuren des Abends bedankte, ging er auf die Ehefrau des zwischenzeitlich verstorbenen Bauern Maas zu, um seine Anerkennung für ihre heutige Anwesenheit auszusprechen.

Gemeinsam mit den Zeitzeugen zollte er Josef Maas Achtung und Bewunderung für seinen unvergesslichen, legendären Widerstand.