Kleve/Emmerich. Das Landgericht Kleve verhängt Haftstrafen gegen ein Quartett, das am Schmuggel von Waren aus China beteiligt war. Zoll Emmerich war involviert.
Die Ermittlungen, so sagte es der Vorsitzende Richter Christian Henckel in der Urteilsbegründung, seien mit großem Einsatz, mit Präzision und mit Akribie erfolgt. Die Fahnder tauschten sich aus mit Behörden in China und in Polen, und sie enthüllten nach und nach ein kriminelles Firmengeflecht, das einzig und allein dem Zweck diente, Zollabgaben und Umsatzsteuern zu hinterziehen. „Die Ergebnisse der umfangreichen Ermittlungen haben sich durch die Beweisaufnahme bestätigt“, so Henckel.
Die Folge: Am Freitagvormittag fällte die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Kleve nach 16 Verhandlungstagen vier Schuldsprüche gegen vier Männer, die an dem Schmuggel in großem Maßstab beteiligt waren. Ein 38 Jahre alter Chinese erhielt eine Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten, ein in China geborener 52 Jahre alter Mann aus Wesseling muss für zwei Jahren und neun Monate ins Gefängnis, und ein 57 Jahre alter Mann aus Bunde bekam eine Haftstrafe von zwei Jahren und elf Monaten.
1,3 Millionen an Zollgebühren und 4,3 Millionen Euro Umsatzsteuer hinterzogen
Alle waren sie nach Ansicht der Kammer der Beihilfe zum Schmuggel, der gewerbs- und bandenmäßig betrieben wurde, schuldig. Der vierte Angeklagte, ein 40-jähriger Neusser, kam wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung mit einer Bewährungsstrafe (ein Jahr und neun Monate) davon.
Die Kammer rechnete aus, dass das Quartett daran beteiligt gewesen war, sechs Millionen Euro an Abgaben zu verkürzen – 1,3 Millionen Euro an Zollgebühren, die nicht gezahlt wurden, sowie 4,7 Millionen Euro an hinterzogener Umsatzsteuer.
Die Masche war immer die gleiche: Der eigentliche Drahtzieher, der sich bisher der Gerichtsbarkeit entzogen hat, lieferte containerweise Waren aus seiner chinesischen Heimat nach Europa, so ziemlich alles von gefälschter Markenkleidung bis hin zu Plastikspielzeug.
Der tatsächliche Warenwert lag bei 20 Millionen Euro
Seine rechte Hand war der 38 Jahre alte Chinese, der jetzt in Kleve vor Gericht stand. Auf den Frachtbriefen wurden die Lieferungen ganz anders deklariert, mit etwa einem Drittel des tatsächlichen Werts. Das hatte natürlich zur Folge, dass deutlich weniger Zoll und Umsatzsteuer entrichtet werden musste.
Mit der Betrugsmasche kamen rund sechstausend Tonnen an Produkten aus China nach Europa, verteilt auf 465 Container. Die Wirtschaftsstrafkammer errechnete einen tatsächlichen Warenwert von mehr als 20 Millionen Euro.
Ohne die Emmericher Zöllner hätte es nicht funktioniert
Im Zentrum des kriminellen Systems stand eine Firma aus Neuss. Sie habe, so der Vorsitzende Richter, einen „besonderen Service“ angeboten – kriminelle Zoll- und Steuervermeidung. In den Büros des Unternehmens machten die Mitarbeiter, von denen zwei auf der Anklagebank saßen, die Container „passend“. Dazu gab es fingierte Rechnungen für die Finanzbehörden – die Ermittlungen zeigten, dass die auf den Dokumenten genannten Unternehmen überhaupt nicht existierten.
Der vierte Angeklagte war für die Meldungen an den Zoll zuständig. Er konnte sich darauf verlassen, dass die Behördenmitarbeiter nicht hinsahen. Denn das System hätte nicht funktionieren können, wenn nicht auch noch Beamte des Zollamts in Emmerich mit im Boot gewesen wären. Sie besorgten den Lieferungen aus dem fernen Osten fingierte Zollabfertigungen, so dass die Ware problemlos in den europäischen Binnenmarkt gelangen konnte.
Gegen die beiden Beamten ist bereits Anklage erhoben worden, der Prozess soll, wie zu hören war, Ende des Jahres beginnen.