Emmerich. Rund 150 Gäste kamen zur feierlichen Eröffnung des Jüdischen Kulturraums in Emmerich. Rabbiner David Geballe wandte sich vor allem an die Jugend.

Als die Bürgeraktion Pro Kultur erste Gedanken um einen Jüdischen Kulturraum in Emmerich hegte, konnten die engagierten Köpfe noch nicht ahnen, wie treffend der Zeitpunkt der feierlichen Eröffnung am Freitag sein würde. Sie hatten lediglich das Gefühl, dass die Aufarbeitung der jüdischen Kultur in Emmerich „nachhaltiger“ gestaltet werden müsse, wie Irene Möllenbeck, Pro Kultur-Vorsitzende, erklärte

Der Antisemitismus in Deutschland ist derweil gewachsen. Ein deutlicher Warnschuss war die Aussage von Dr. Felix Klein, dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung: „Ich kann Juden nicht empfehlen, jederzeit überall in Deutschland die Kippa zu tragen.“ So durfte die Eröffnung des Kulturraums im PAN auch als starkes Signal gegen Antisemitismus verstanden werden.

Die Jugend soll sich fragen, in welcher Gesellschaft sie leben will

Zur Eröffnung des Jüdischen Kulturraums in Emmerich waren auch Nachkommen der ehemaligen jüdischen Familien aus Emmerich gekommen. Unter anderem sind sie hier im Bild (v.l.): Ted Nathan, Bürgermeister Peter Hinze, Irene Möllenbeck, Witwe Elisabeth Schüürman, Rabbiner David Geballe, Barbara und George Nathan sowie Prof. Dr. Jürgen Rolle.
Zur Eröffnung des Jüdischen Kulturraums in Emmerich waren auch Nachkommen der ehemaligen jüdischen Familien aus Emmerich gekommen. Unter anderem sind sie hier im Bild (v.l.): Ted Nathan, Bürgermeister Peter Hinze, Irene Möllenbeck, Witwe Elisabeth Schüürman, Rabbiner David Geballe, Barbara und George Nathan sowie Prof. Dr. Jürgen Rolle. © Christian Creon

Der für Emmerich zuständige Rabbiner David Geballe von der Jüdischen Gemeinde Duisburg Mülheim Oberhausen griff die Worte Kleins auf: „Wenn der Beauftragte der Bundesregierung das sagt, dann ist das leider ein Armutszeugnis für den Rechtsstaat.“ Der Rabbiner wandte sich an die Jugend, die „wirklichen Ehrengäste“ des Tages.

Was die Jugend bewegen könne, hätten die Friday for Future-Demonstrationen gezeigt. So nahm Geballe die junge Generation in die Pflicht: „Ihr müsst eine Entscheidung treffen: In was für einer Gesellschaft wollt ihr Leben? Wenn ihr Antisemitismus seht, sagt was!“

Gymnasiasten und Gesamtschüler gestalteten Rahmenprogramm würdevoll

Rund 150 Gäste wohnten der Eröffnung des Jüdischen Kulturraums in Emmerich bei.
Rund 150 Gäste wohnten der Eröffnung des Jüdischen Kulturraums in Emmerich bei. © Christian Creon

Dies wurde von einem Zwischenapplaus der gut 150 Gäste im PAN unterbrochen. Geballe hofft, dass „möglichst viele Schulklassen“ den neuen Kulturraum besuchten. Auch Emmerichs Bürgermeister Peter Hinze sprach die Jugend an: Sie seien ganz sicher nicht schuldig an den Verbrechen der Nazis, aber machten sich schuldig, wenn sie sich nicht mit der Geschichte beschäftigten: Es sei damals um Menschen gegangen, „mit denen wir heute gelacht und getanzt und die wir morgen in die Gaskammer gesteckt haben?! Darüber muss man nachdenken“.

Das haben ganz sicher Schüler der Gesamtschule Emmerich und des Willibrord-Gymnasiums schon getan, sie gestalteten das Rahmenprogramm mit Musik, Lyrik und Wortbeiträgen würdig.

Acht Nachkommen der Familien Nathan waren vor Ort

Besonders schön war es, dass acht US-Nachkommen der jüdischen Familien Nathan aus Emmerich der Eröffnung beiwohnen konnten. George Nathan würdigte in seiner Rede, die er auf Deutsch ablas, die Forschungsarbeit des 2016 verstorbenen Herbert Schüürman, dessen Archiv bekanntlich ein Kernstück für den jüdischen Kulturraum darstellt. Und er freute sich: „Emmerich hat jetzt einen Ort, wo die Bürger ihre frühere jüdische Gemeinde verstehen kann.“ Möllenbeck war sich „ganz sicher, dass er heute von oben mit einem zufriedenen Lächeln zu uns nach unten schaut“.

Das 45.000-Euro-Projekt mit 15.000 Euro zu fördern fiel dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) leicht, wie Prof. Dr. Jürgen Rolle, Vorsitzender des LVR-Kulturausschusses, darlegte. In Zeiten in denen es das Wort „Jude“ als Schimpfwort auf Schulhöfen wieder zu hören geben, sei es wichtig, so ein ehrenamtliches Engagement zu fördern.

Das PAN bleibt ab dem 17. Juni erstmal geschlossen

Der Jüdische Kulturraum ist zu den Öffnungszeiten des PAN Kunstforums zu besichtigen: dienstags bis sonntags von 11 bis 16 Uhr. Für Führungen bitte Kontakt zu Irene Möllenbeck, irene.moellenbeck@web.de, oder zu Norbert Kohnen, n-kohnen@web.de, aufnehmen.

Leider muss das PAN und somit auch der neue Jüdische Kulturraum aber ab dem 17. Juni für vier bis sechs Wochen schließen. Der Parkettboden wird abgeschliffen.