Am Niederrhein. Die Zeitung de Gelderlander berichtet von einem 5000-Tonnen-Chlor-Transport über die Betuwe kommende Woche. In Emmerich ist nichts bekannt.

Es ist ein Thema, das die Menschen entlang der Güterzugstrecken an Rhein und Ruhr mal wieder unruhiger schlafen lässt. Rund 5000 Tonnen hochgiftiges Chlor werden mit - vermutlich mehreren Güterzügen - zwischen Mitte Mai und Ende Juni von Ibbenbüren nach Rotterdam gefahren. Das berichtet die niederländische Zeitung „De Gelderlander“.

Chlor ist eine hochgiftige Substanz – deswegen schicken die Niederländer solche Transporte über ihre sicherste und siedlungsfernste Strecke: die Betuwe-Route. An Rhein und Ruhr rollt der Transport gewissermaßen direkt an den Schlafzimmern vorbei.

Kürzester Weg führt in den Niederlanden durch größere Städte

Denn das niederländische Unternehmen, das in Ibbenbüren bei Osnabrück die Substanz herstellt, hat zumindest 2015 bei einem vergleichbaren Transport nicht den direkten Weg über Bad Bentheim nach Holland gewählt – und tut dies wohl auch dieses Mal nicht. Sonst wäre die Gemeinde Zevenaar, deren Bürgermeister ebenfalls von den Gefahrguttransporten informiert worden, nicht Teil der Route.

Der kürzeste Weg würde in den Niederlanden durch größere Städte wie Deventer, Apeldoorn und Arnheim führen. Doch dort nutzt man gern die als besonders sicher geltende Betuwe-Route bis zum Ende und hat den charmanten Vorteil, das nur die Hälfte der Strecke durchs eigene Land führt.

Züge Rollen durch Dinslaken, Wesel und Emmerich

Dafür müssen die Menschen auf deutscher Seite in Kauf nehmen, dass die Züge durch die Innenstädte Dinslaken, Wesel und Emmerich rollen. Zuvor wird der Weg mutmaßlich durchs ebenfalls dicht besiedelte nördliche Ruhrgebiet führen.

Details mochte bei den letzten großen Transporten 2015 verantwortliche Eisenbahnverkehrsunternehmen DB Schenker nicht mitteilen – je weniger die Menschen wissen, desto sicherer der Transport. So lautet die Richtschnur. Zumindest auf dieser Seite der Grenze. Deswegen ist in den Rathäusern zumindest von Emmerich und Dinslaken über die Transporte nichts bekannt – und folglich bei den örtlichen Feuerwehren auch nicht.

Es handele sich – trotz der großen Menge Chlor – um einen normalen Gefahrguttransport, so Udo Walbrodt, Leiter der Feuerwehr Dinslaken, eine Vorabinformation sei deshalb nicht üblich. Er gehe davon aus, dass der Zug nach den vorgeschriebenen Richtlinien gesichert sei. Eine Forderung der Feuerwehren entlang der Betuwe-Strecke sei, im Schadensfall zügig über die Art des Gefahrguts informiert zu werden. Außerdem müsse der Notfallmanager, der die Stromleitungen erden muss, bevor die Feuerwehr im Notfall eingreifen kann, zügig eintreffen. Nach aktuellen Stand hat dieser eine halbe Stunde Zeit.

Forderungen der Bürgerinitiative „Betuwe-Linie – so nicht“

Das unterschiedliche Vorgehen und die deutlich reduziertere Sicherheitsphilosophie auf deutscher Seite rufen u.a die Bürgerinitiative „Betuwe-Linie – so nicht“ regelmäßig auf den Plan, die fordert, dass die hohen Sicherheitsstandards der Niederlande auch auf deutscher Seite gelten müssen.

Das flüssige Chlor werde im Falle einer Freisetzung gasförmig und könne für Menschen tödlich sein. Tröstlich immerhin: Die Firma Nouryon (ehemals Akzo Nobel) möchte bis 2022 in neue Technologien entwickeln, die solche Transporte überflüssig machen. Das zuständige Ministerium in den Niederlanden habe auch Pläne, solche Transporte zu untersagen. Offenbar ist man jenseits der Grenze deutlich vorsichtiger mit der giftigen Substanz.