Kreis Kleve. . Die Politiker im Kreis Kleve setzen bei den Gülletransporten auf mehr Kontrollen, sprechen sich aber auch für technische Lösungen aus.
Offenbar sind „beachtliche Mengen“ an Gülle illegal auf die Felder in NRW gelangt. Kriminelle Machenschaften, die die Landwirtschaftskammer NRW im Frühjahr mit einem Millionen-Bußgeld, exakt 1,35 Millionen Euro, geahndet hat. Seit Jahrzehnten gibt es Gülletransporte aus den Niederlanden.
Allerdings hat die Auswertung des Güllekatasters – darin müssen alle Transporte eingetragen werden – jüngst aufgedeckt, dass rund ein Drittel der angeblichen Gülleeinfuhren falsch dokumentiert worden sind. Mal gab es die bei den Behörden in den Niederlanden angegebenen Lieferadressen überhaupt nicht, mal wollten die angeblichen Empfänger keine Gülle erhalten haben. Ist unser Trinkwasser in Gefahr?
Im Rahmen unserer NRZ-Europawahl-Serie haben wir den Kreisverbänden der sechs führenden Parteien daher mit folgenden Fragen konfrontiert: „Nach wie vor werden große Güllemengen aus den Niederlanden nach Deutschland importiert. Die starke Belastung für die Böden ist bekannt. Welche Regelungen muss Europa treffen, um diese Praxis zu beenden? Welche Vorschläge haben Sie für eine nachhaltigere Landwirtschaft?“
>>CDU-Kreisverband Kleve
CDU: Eine funktionierende Landwirtschaft, wie sie bei uns im Kreis Kleve auch weiterhin gewünscht ist, benötigt ausgeglichene Nährstoffkreisläufe und die Bewahrung der Bodenfruchtbarkeit bei einer möglichst geringen Belastung des Grundwassers.
Um diese Aspekte garantieren zu können, legt die Wirtschaftsdüngeverordnung NRW umfassende düngemittelrechtliche Vorgaben fest. Dennoch wurde in der Vergangenheit beobachtet, dass rund 1/3 der Lieferungen von Wirtschaftsdüngern falsch dokumentiert wurden; dies stellt einen inakzeptablen Zustand dar, den es abzustellen gilt.
Die Landesregierung setzt sich daher verstärkt gegen diese „schwarzen Schafe“ ein und stellte bereits im September 2018 einen entsprechenden Antrag im Landtag. In diesem wurden Vorschläge für eine bessere Transparenz und Überprüfbarkeit, auch in direkter Zusammenarbeit mit den Niederlanden, geliefert. Jetzt schauen wir, wie sich das in der Praxis auswirkt.
>>SPD-Unterbezirk Kleve
Der Gülletransport muss zunächst mal überwacht werden. Wenn die Werte auf unserer Seite zu hoch sind, darf keine Gülle, egal ob diese aus den Niederlanden oder aus Deutschland kommt, mehr aufgebracht werden. Die Grenzwerte sind einzuhalten. Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel und darf nicht u.a mit Nitrat gefährdet werden.
Die Agrarsubventionen, immer noch größter Posten im EU-Haushalt, sollten stärker als bisher ökologische und gesundheitliche Aspekte berücksichtigen. Hierzu hat die EU einiges geleistet, was aber weiter ausbaufähig ist.
>>Die Grünen-Kreisverband Kleve
Gülletransporte entstehen nur da, wo die landwirtschaftlichen Betriebe zu viele Tiere für ihre verfügbare Flächen halten. Diese Funktionsteilung hat zu den hohen Nitratbelastungen im Grundwasser geführt. Diese Form der Landwirtschaft ist im Kern falsch und muss geändert werden.
Der Kreis Kleve gehört wie auch die Region Bocholt bis Vechta zu den kritischen Regionen, wo noch mehr umgesteuert werden muss. Nicht umsonst hat Deutschland von der EU die rote Karte erhalten und muss sechsstellige Strafen pro Tag bezahlen.
Die neue deutsche Gülleverordnung sieht deshalb für die kritischen Regionen vor, auch eine schlagbezogene Bewertung zu protokollieren. Gärreste müssen endlich mit berücksichtigt werden, Kunstdünger jedoch unverständlicherweise nicht. Dadurch entsteht aber ein System, das zwar immer noch nicht ideal ist, aber als ersten Schritt die Kontrolle aller Gülletransporte und Gülleverbringungen erleichtert.
>>FDP-Kreisverband Kleve
Aufgrund der teils hohen Nitratbelastung wird in Deutschland an einer neuen Düngeverordnung gearbeitet. Dies bedeutet, dass die Menge und auch der Zeitraum der Gülleausbringung reduziert werden wird.
Die NRW-Landesregierung arbeitet zudem bereits an einer effektiveren Überwachung der Gülleimporte. Hierzu gehört insbesondere ein verbesserter Datenaustausch mit den Niederlanden. Hier sind bereits sichtbare Erfolge vorzuweisen, so ist der Import von Gülle aus den Niederlanden im Jahr 2018 bereits 31 Prozent niedriger, als noch 2016. Bei Verstößen wird die Durchsetzung hoher Strafen nun wesentlich konsequenter vollzogen, so wurden allein im letzten Jahr Strafen in Höhe von 1,5 Millionen Euro verhängt.
Wir setzen auch auf technische Innovationen, damit Gülle anderweitig verwertet werden kann, statt diesen auf die Felder auszubringen. So verarbeitet bereits jetzt schon die Firma Terragie aus Sonsbeck Gülle zu hochwertiger und zudem torffreier Blumenerde für den heimischen Garten.
>>AFD-Kreisverband Kleve
Nicht Europa muss Regelungen treffen, auch nicht die EU. Deutschland muss Regelungen wie in den Niederlanden erlassen, demzufolge die Menge von Gülle begrenzt ist, die ausgebracht werden darf. Diese niederländische Begrenzung ist ja erst die Ursache für Müllimporte nach Deutschland. Die Untätigkeit einer ehemaligen Bundesumweltministerin aus Kleve war unerträglich.
Solange nicht alle Bürger auf Milch, Käse und Fleisch verzichten möchten, bleiben technische Lösungen, die weiter ausgebaut werden müssen: Bedarfsangepasste Ausbringung von Dünger basierend auf Messungen des Stickstoffgehalts im Boden aus der Luft (Projekt Smart Inspectors) oder Nutzung der Gülle in Biogasanlagen in den Niederlanden sind sinnvolle Ansätze.
Völlig abzulehnen ist es schließlich, die Bürger zur Kasse zu bitten, um die resultierende zu hohe Nitratbelastung des Trinkwassers technisch aufwändig zu reduzieren.
>>Die Linke-Kreisverband
Gerade in der Landwirtschaft und in der damit verbundenen Industrie ist auf europäischer Ebene eine starke Lobby vertreten. So hat die Agrarkommission gegen den Rat der Wissenschaft eine zulässige Höchstmenge festgelegt, die in der Konsequenz zu einer Vergiftung unserer Böden und des Trinkwassers führt.
Eine nachhaltige Landwirtschaft ist mit den industriellen Großbetrieben nicht umzusetzen. Den Landwirten muss vermittelt werden, dass sie sich so ihre eigene Existenz auf Dauer ruinieren.