Rees. . Der Tenor einer Umfrage zur Folgenutzung des ehemaligen Spitals in Rees ist, Wohnraum und Begegnungsstätten für Singles und Familien zu schaffen.

Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern, heißt es oftmals. Das trifft in diesem Fall nicht zu, denn die Berichterstattung über die Folgenutzung des ehemaligen Krankenhaus-Geländes ist heute Stadtgespräch. Begrüßt wird besonders, dass dazu Stimmen der Bürgerschaft abgefragt werden, um den Bedarf und die Wünsche abzufragen. Die NRZ eröffnet den Reigen:

Platz für junge Familien muss her

Heike Beyer. Foto: NRZ Heike Beyer, Pächterin des Kolpinghauses, kommt mit vielen Menschen zusammen, alten wie jungen. „An der Neustraße muss dringend etwas geschehen, das Gebäude verkommt. Was ich immer wieder höre, auch als Mutter und Großmutter, dass es für junge Familien in Rees schwer ist, Wohnraum zu finden. Für Senioren gibt es in Rees schöne kleine Wohnungen, wie sie jetzt beispielsweise an der Fallstraße entstehen, aber große Wohnungen mit Platz für Familien mit mehreren Kindern fehlen.“

Aber ebenso, weiß Heile Beyer, fehlen Treffpunkte, wo junge Leute wieder lernen, etwas in Gemeinschaft zu machen. „Immer weniger haben Lust auf Vereinsleben, so wie wir früher in Vereinen groß geworden sind. Das Vereinsleben bröckelt, nicht nur in den kirchlichen Vereinen, auch in Sportclubs. Hier könnten die Jugend und junge Familien wieder das Miteinander pflegen.“

Ein Konzept für die „fitten Alten“ wäre schön

Dr. Heinz Werner Schmitz. Foto: Erwin Pottgiesser Dr. Heinz-Werner Schmitz betreut seit zehn Jahren in der Alterszahnheilkunde die hiesigen Altenheime. „Niemand möchte im Alter alleine sein!“, diesen Satz hat der Reeser Zahnarzt oft gehört.

„In der Vorstufe des Älterwerdens wäre es schön, wenn Menschen, die nicht wie früher in Großfamilien leben, Gemeinschaft erfahren. Die sogenannten fitten Alten sollten in so ein Konzept eingebunden werden. In einer Begegnungsstätte im Wohnquartier können einsame Menschen leichter zusammenfinden.“

Dr. Schmitz weiß aber auch aus neuen Erkenntnisse zur Demenzforschung, dass Menschen mit einer leichten Demenz einen ganz anderen Rhythmus haben, als er in Altenheimen umgesetzt werden kann. „Auch die Betreuung dieser Menschen wäre eine Option.“

Apothekerin wünscht sich eine Begegnungsstätte

Kirsten Moser.
Kirsten Moser. © Privat

Apothekerin Kirsten Moser von der Delltor-Apotheke hört viele Meinungen. „Man könnte Wohnraum für Singles oder auch ältere Menschen, die gerne in einer Wohngemeinschaft leben, schaffen, vielleicht in der oberen Etage.

Für das Erdgeschoss könnte ich mir eine Art Begegnungsstätte für pflegebedürftige Menschen vorstellen, die dort stundenweise betreut werden können, um die Angehörigen zu entlasten, aber auch, um sie mehr am sozialen Leben teilhaben zu lassen, etwa beim gemeinsamen Spielen oder Kochen.

Warum nicht eine Bibliothek?

Je nach Größe der Immobilie wären auch Beratungsstellen von Caritas, DRK o.ä.(schwierige persönliche Situation, Hilfe bei Behördengängen oder Alltagshilfen wie Einkäufe für Senioren, die von Jugendlichen durchgeführt werden) hilfreich, um alles unter einem Dach zu haben.

Auch einen gemütlichen Bibliotheksraum könnte ich mir vorstellen mit tagesaktueller Presse. Da uns in Rees auch für junge Familien Angebote fehlen, wäre eine stundenweise Kinderbetreuung wünschenswert, da die Kindergärten relativ früh schließen und einige Mütter in Betrieben länger als 16.30 Uhr arbeiten müssen.“

Vielen liegt die Fassade am Herzen

 Michael Hoffmann.
Michael Hoffmann. © DIANA ROOS

Architekt und Städteplaner Michael Hoffmann weiß, dass vielen Menschen in der Stadt der Erhalt der schönen, alten Krankenhausfassade an der Gouverneurstraße am Herzen liegt. „Immerhin wohnte hier einmal der Gouverneur und das Krankenhaus war für den historischen Stadtkern von Rees bestimmend. Ob sich dieser Wunsch allerdings bei den hohen Decken und Fenstern nach heutigen Standards umsetzen lässt, ist eine schwierige Frage.“

>> KLARTEXT: Es ist der richtige Weg

Rees wird zur Großbaustelle. Bis mindestens ins Jahr 2025 werden sich Baufahrzeuge durch die engen Gassen der Stadt quälen, denn an allen Ecken wird gebaut. Gerade wurden an der Rheinpromenade neben dem Kanuclub Eigentumswohnungen fertiggestellt, an der Ecke Fallstraße/Oberstadt ist ein neuer Wohnkomplex entstanden, ein großer Wohnungsbau wird an der Empeler Straße gebaut. Am Kreisverkehr Florastraße/Vor dem Falltor wurden 3000 qm Bauland jetzt an eine Wohnbaugesellschaft verkauft.

Die Stadt will auf dem Schulhof der ehemaligen Grundschule an der Greisstraße Grundstücke für Familien bereitstellen. Da wäre noch die Bebauung des Niag- und ehemaligen Post-Geländes und des Quartiers Jungblut-/Empfängerstraße. Doch woher sollen die Menschen kommen, die die neuen Wohnungen in Rees beziehen sollen?

Viele Wohnungen sind in die Jahre gekommen

Tatsache ist, dass viele Wohnungen in die Jahre gekommen sind, sich deren Renovierung nicht rechnet. Was in der Poststraße zu sehen ist, wo marode Häuser leer stehen. Wohnungsbau mit öffentlichen Mittel (früher hieß es Sozialer Wohnungsbau) ist heute für Bauträger nicht mehr attraktiv.

Schließlich gibt es auch ohne Mieterbindung günstiges Baugeld. Anders sieht es bei kirchlichen Trägern aus, die ganz andere Konditionen für solche Vorhaben erhalten. Großzügige Wohnungen, in denen jedes Kind ein eigenes Zimmer hat, und die dennoch für junge Familien finanzierbar sind, sind in Rees Mangelware.

Dass nun die Stiftung Maria-Johanna-Hospital Rees mit dem Projekt Wohnquartier vorprescht, ist der richtige Weg, eine gesunde Mischung von Generationen in die Innenstadt zu holen. Wenn es die Gesellschaft dann auch schafft, junge Menschen für das Bauhandwerk zu begeistern, werden nicht nur die Bauten schneller fertig, sondern auch Reeser Arbeitsplätze in Rees finden. (von Elisabeth Hanf)