Emmerich/Kleve. 25-jähriger Klever ist zu lebenslanger Haft für den brutalen Mord an einem Emmericher Rentner verurteilt worden. Vor Gericht bereute er die Tat.
Eine Eigenheit von Jürgen Ruby ist es, am Ende der Urteilsbegründung auch der verlorensten aller Seelen einen aufmunternden oder versöhnlichen Satz mit auf den Weg zu geben. Doch bei dem angeklagten Klever, den das Landgericht Kleve soeben zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt hatte, fehlten dem Vorsitzenden Richter offenbar die begütigenden Worte.
„Die Sache ist hiermit erledigt“, mit diesem Satz endete die juristische Aufarbeitung des brutalen Mordes an dem Tankstellenpächter und Kirchenorganisten aus Elten, der kurz vor Weihnachten nach einem Gewaltexzess mit einem Feuerlöscher erschlagen worden war.
Der Staatsanwalt und die Verteidigerin waren sich einig
Lebenslang – dieses Strafmaß hatte Staatsanwalt Marco Held in seinem Plädoyer verlangt, Rechtsanwalt Dr. Karl Haas, der als Nebenkläger den Adoptivsohn des Opfers vertrat, hatte sich dieser Forderung angeschlossen und zusätzlich 50.000 Euro Schmerzensgeld eingeklagt.
Auch Verteidigerin Tanja Reintjes hatte im Angesicht der eindeutigen Beweisaufnahme der Version der Ankläger weitestgehend folgen müssen und für eine „angemessene Bestrafung“ plädiert.
Der 25-Jährige Angeklagte hatte während des ganzen Prozesses geschwiegen. Allerdings hatte er sich bereitwillig an einer gefilmten Rekonstruktion der Tat beteiligt, und an weiteren Sachbeweisen bestand kein Mangel. Unmittelbar nach der Tat sandte er eine SMS an seine Freundin: „Ich habe richtig, richtig, richtig Scheiße gebaut. Fuck!“
Am letzten Tag sprach auch der Angeklagte
Am Donnerstag, am fünften und letzten Prozesstag, meldete sich der Klever erstmals zu Wort: „Es tut mir sehr leid, was ich getan habe, und ich bereue es zutiefst.“ Dieses Bedauern hatte er zuvor auch schon in einem Brief an den Adoptivsohn ausgedrückt, verbunden mit der Erwartung, den Rest seines Lebens hinter Gittern zu verbringen. Dafür sorgte die 4. große Strafkammer gestern mit ihrem Urteil.
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Nach Ansicht der Kammer führte eine Kombination mehrerer Umstände zu der schrecklichen Tat vom Dezember. Den Anstoß gab eine sexuelle Begegnung der beiden Männer in der Wohnung des Dachdeckers im September vergangenen Jahres. Sie hatten sich über ein Internetportal kennen gelernt, in Kleve kam es dann zum sexuellen Kontakt.
Womöglich verabscheute er seine Homosexualität
Das hatte der Angeklagte zwar nie zugegeben, aber die Kurzmitteilungen des späteren Opfers sprachen eine andere Sprache. Richter Ruby: „Der Angeklagte hat darauf möglicherweise mit Abscheu vor sich selbst reagiert.“
Als bei dem 25-Jährigen einige Monate später Finanzprobleme auftraten – der Drogenkonsum musste etwa finanziert werden –, begann zielgerichtet die Suche nach einem Opfer. Ein früherer Arbeitgeber schied aus, weil der Familie hatte und sich deshalb offenbar so etwas wie Mitgefühl regte. Daraufhin rückte der Sexualpartner aus Elten ins Visier – ein 77 Jahre alter, allein lebender Mann mit einem nach Ansicht des Dachdeckers lohnenswert erscheinenden Vermögen.
Der Richter sieht die Geldnot als bestimmendes Motiv
„Das bestimmende Motiv war, dass er Geld haben wollte“, so Ruby – Mordmerkmal Habgier. 350 Euro hatte der Täter in der Wohnung gefunden, nachdem sein Opfer im Keller einer Vielzahl von Verletzungen erlegen war. Deshalb kam zum Schuldspruch wegen Mordes noch der wegen Raubes mit Todesfolge hinzu.
Die beiden anderen möglichen Mordmerkmale wollte die Kammer hingegen nicht gelten lassen. Heimtücke schied aus juristischen Gründen aus, weil das Opfer sich noch einmal zur Wehr setzen konnte und einen beinahe sogar erfolgreichen Fluchtversuch unternommen hatte. Mordlust sei ebenfalls nicht gegeben gewesen, auch wenn der Angeklagte Tötungsfantasien eingeräumt hatte. „Das Töten war nicht der einzige Zweck der Tat“, so die Einschätzung des Gerichts.
Gutachter sah keine eingeschränkte Schuldfähigkeit
Bei der Einschätzung möglicher Einschränkungen der Schuldfähigkeit folgte das Gericht dem Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Dr. Jack Kreutz. Der Chefarzt der Rheinischen Kliniken hatte zwar Anzeichen für Persönlichkeitsstörungen gefunden, allerdings nicht in einem solchen Ausmaß, dass der Angeklagte vermindert schuldfähig oder sogar schuldunfähig ist.
Auch der Drogenkonsum des Klevers war nach Auffassung des Mediziners nicht so weit eskaliert, dass ein psychiatrisches Eingreifen erforderlich ist.