Grietherort. . Das Hochwasser hat Grietherort mal wieder zur Insel gemacht. THW und Landwirte transportieren daher Milch per Boot nach Grietherbusch.
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Er fährt die Strecke oft, holt mit seinem Lastzug regelmäßig die Milch von Grietherort ab. Doch jetzt ist alles anders. Ralf Schellenberg lehnt, warm angezogen, lässig an seinem Tankzug – und wartet auf die Milch, die er sonst im Ort selbst bei zwei Landwirten abholt. „Das THW-Boot müsste gleich wieder kommen“, sagt der 33-Jährige, der für die Bocholter Firma Ross die Milch der Landwirte Hünnekes und Enders abholt. Zwei Tage ist er im Sondereinsatz, steht stundenlang mit dem Reserve-Fahrzeug der Firma am Wasser.
Denn das ist der Grund für die außergewöhnliche Situation. Der Rhein führt Hochwasser und hat Grietherort mal wieder zur Insel gemacht. Die Milch, heute rund 8000 Liter, müssen mit einem Boot vom Emmericher THW über 900 Meter ans „Festland“ transportiert werden.
Anleger vor 30 Jahren selbst gebaut
Landwirt Theo Hünnekes, der wie sein Sohn Maximilian seine Milchtouren im Boot begleitet, kann die Situation nicht erschüttern. „Das mit dem Hochwasser hab ich schon 35 Mal erlebt in 60 Jahren“, sagt er lachend. Und freut sich dabei übers schöne Winterwetter, auch wenn der Wind eiskalt übers Wasser bläst. Es könnte ja auch schneien, sagt der Landwirt grinsend. Währenddessen legt die THW-Mannschaft, natürlich mit Schwimmwesten ausgestattet, vom vor 30 Jahre selbst gebauten Anleger wieder in Richtung Grietherort ab – nicht nur durch einen Altrheinarm, auch durch Gestrüpp, das ein wenig an die Everglades in Florida erinnere, „nur ohne Alligatoren“, sagt ein Beteiligter und lacht.
Mit dem Trecker durchs Wasser
Die Fahrt mit den drei leeren, jeweils 1000 Liter fassenden Tanks dauert etwa 20 Minuten, dann legt das mit einem 70-PS-starken Motor bestückte Boot an einem Weidezaun an, etwa 50 Meter vor dem schon wartenden Hünnekes-Trecker. Das THW-Schlauchboot, das die Fahrten sicherheitshalber begleitet, drückt derweil kräftig von der Seite gegen das große Boot. „Sonst würden wir wegen der stärkeren Strömung leicht abtreiben“, erklärt THW-Zugführer Frank te Kempel – dem übrigens sein Vater Heinrich mit Rat und Tat zur Seite steht. Er ist ein alter THW-Hase, macht den Job seit über 50 Jahren.
Und wieder läuft alles nach Plan, wie bei den ersten Milch-Transporten auch. Maximilian Hünnekes (25) fährt mit dem Trecker durchs Wasser bis ans Boot, hebt die Behälter, an denen eine Kette befestigt ist, mit dem Frontlader hoch und bringt sie an Land.
Dort wartet schon Bauer Enders, bringt seine abgefüllte Milch zum Boot, das dann zügig zurück durchs gut ein Meter tiefe Wasser schippert, wo eigentlich Wiesen sind. So geht’s über Stunden – und wohl auch noch am Mittwoch.
„Da fahren wir noch mal hin und her“, sagt Frank te Kempel. Wissend, dass das Hochwasser auch hier bereits seinen Scheitelpunkt überschritten hat und der Pegel langsam sinkt. Spätestens am Freitag können die Milchwagen, auch der von Campina, wieder direkt zu den Höfen in Grietherort fahren.
Sorgen um seinen Deymannshof, auf dem 130 Milchkühe stehen, habe er sich zu keinem Zeitpunkt gemacht, meint Bauer Hünnekes. „Da müsste der Pegel schon auf die Marke 9,80 Meter steigen“, weiß er. Davon war man jetzt noch weit entfernt – lag er doch etwas über 8 Meter, bevor es wieder abwärts ging.