Duisburg-Rheinhausen. Bei der Belegschaft im Duisburger Krankenhaus macht sich Unmut breit: Was bedeutet die Krankenhausreform für das Johanniter? Ein Überblick.
Aufgeschreckt und alarmiert durch die geplante Krankenhausreform sind fast alle Krankenhäuser in Deutschland. Auch das Johanniter-Krankenhaus in Rheinhausen. Denn, wenn die Reform so umgesetzt wird, wie sie von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gedacht ist, werden viele Hospitäler bluten. Deshalb und wegen weiterer Krankenhausthemen hatte Bezirksbürgermeisterin Elisabeth Liß die Präsidentin des Deutschen Bundestages, die Duisburgerin Bärbel Bas, in die Johanniter-Klinik zu einer Kuratoriumssitzung eingeladen.
So konnte sie sich aus erster Hand über die Konsequenzen informieren, die die Krankenhausreform hätte, wenn sie so durchgeführt würde wie bisher geplant. Denn Fachkompetenzen der kleineren Krankenhäuser sollen teilweise beschnitten oder weggenommen werden. Das hätte auch Konsequenzen für die 78.000 Einwohner von Rheinhausen und die Belegschaft.
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Immerhin ist das Johanniter-Krankenhaus der zweitgrößte Arbeitgeber im Westen Duisburgs nach dem Logport. „Wir müssen gegensteuern, und zwar schnell“, ist die klare Ansage des Hauses.
Johanniter Rheinhausen: Die Krankenkassen entscheiden über Schwerpunktleistungen
Nüchtern und sachlich stellten Prof. Gunnar Plehn, Chefarzt der Kardiologie und Dr. Alexander Meyer, Chefarzt der Chirurgischen Klinik für Allgemeine-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, die aktuelle Lage dar. Plehn gab ein Beispiel: Im Ermessen der Krankenkassen liegt es, welche Schwerpunktleistungen welchen Kliniken in Zukunft zugesprochen werden. Im Augenblick sind es noch Vorschläge, die noch nicht beschlossen sind. Hochspezialisiert ist die Kardiologie in Rheinhausen auch bei der sogenannten Extraktion von Geräte-Sonden. Es bedeutet, dass Sonden im Fall eines bakteriellen Befalls entfernt werden müssen. Das kann bei vor vielen Jahren implantierten Herzschrittmacher-Sonden der Fall sein.
Das Team um Plehn hat sich einen Ruf weit über Nordrhein-Westfalen hinaus erarbeitet, so dass Patienten aus dem ganzen Bundesgebiet dort Hilfe finden, wenn schnelles Handeln durch einen Herzchirurgen notwendig wird. Der Bedarf an diesen raschen Eingriffen ist steigend. Die Krankenkassen aber haben in ihrer Planung die Notwendigkeit dieser Eingriffe bisher nicht gesehen. „Es scheint eher so, dass die Kassen die Qualität einer Klinik an der Größe der Gebäude festmachen“, sagt der Spezialist. Das wird das Krankenhaus so nicht hinnehmen und ist mit Hochdruck dabei, eine gute Lösung zu finden, damit die hoch ausgebildeten und kenntnisreichen Spitzenmediziner vor Ort bleiben und den Menschen helfen können.
Johanniter-Krankenhaus in Duisburg arbeitet an einem Konzept
Die Johanniter erarbeiten auch ein Konzept, damit Patienten ganzheitlicher behandelt und nicht von Abteilung zu Abteilung weitergereicht werden, wie es heute noch der Fall ist. „Wir wollen auf Dauer fach- und standortübergreifend arbeiten und Kompetenzen bündeln.“ Ein weiteres Problem wurde der Bundespräsidentin mit auf den Weg zu den wichtigen Entscheidern gegeben. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) hat die KV-Notfallpraxen in Duisburg reduziert.
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Ausgerechnet im Westen der Stadt gibt es keine solche Anlaufstelle für Notfallpatienten mehr. Das hat zur Folge, dass sich die Menschen, die im Westen der Stadt wohnen, sofort an die Notfallambulanz des Johanniter-Krankenhauses wendet. „Oft auch mit Bagatell-Fällen, denn sie meiden den Weg nach Moers oder auf die andere Rheinseite. Das sprengt unsere Kapazitäten“, betonte Rita Tönjann, Geschäftsführerin des Krankenhauses.
Bärbel Bas hörte zwei Stunden lang aufmerksam zu und stellte viele Fragen, denn der Unmut der Belegschaft ist groß. Der Ärztliche Direktor des Hospitals, Dr. Karlheinz Lüdke, machte noch einmal die Gründe dafür klar: „Der Bewertungszeitraum für alle Krankenhäuser war 2019. Seitdem haben wir viel Geld investiert, hochmoderne Geräte angeschafft und neue Kollegen geworben. Seit dem Ende des Bewertungsjahres haben wir zum Beispiel die Fallzahlen der Herzschrittmacher vervierfacht. Es wird aber nicht der Ist-Zustand genommen, sondern weiterhin das Jahr 2019.“
Bundestagspräsidentin aus Duisburg nimmt viel neues Wissen mit nach Berlin
Es mache tatsächlich den Eindruck, dass es in erster Linie nach der Größe des Krankenhäuser geht, welche weiterhin in der jetzigen Form erhalten werden sollen. Lüdtke warnt davor, Arbeitsplätze wegfallen zu lassen. „Das ist in Brandenburg geschehen, wo man ein Krankenhaus geschlossen hat. Die Menschen in der Pflege bleiben dann definitiv nicht in ihren Berufen. Das ist ein Trugschluss.
Wenn sie ihren Arbeitsplatz verlieren, arbeiten sie danach bei Aldi oder Lidl an der Kasse oder in anderen Berufen, weil sie örtlich gebunden sind, Familie haben und weite Wege zur Arbeit scheuen. Die sind dann für immer für uns und die Patienten verloren. Das können wir uns in Deutschland einfach nicht leisten.“ Die Bundestagspräsidentin nahm viel neues Wissen mit nach Berlin und zu Gesprächen vor Ort in Duisburg.