Duisburg-Hochheide. . Was sagen die Hochheider zur Sprengung des „Riesen“ Friedrich-Ebert-Straße? Besuch auf dem Wochenmarkt bei teils sehr frustrierten Menschen.

Direkt nach dem Überqueren der Kreuzung Rheinpreußenstraße kommt der Beton. Von der Moerser Straße aus schieben sich gleich drei der sechs „Weißen Riesen“ zeitgleich ins Blickfeld. Die Fahrt geht weiter Richtung Kirchstraße, vorbei an jeder Menge leerer Ladenlokale. Annäherung an der Marktplatz, quasi von hinten, vom nahezu fertigen Ärztehaus, auf dessen Platz früher einmal eine Grundschule stand. Hochheide soll sich verändern, versprechen Stadt und Politik. Wie entwickelt sich der Ortsteil nach der Sprengung der Schrottimmobilie an der Friedrich-Ebert-Straße? Marktgespräche.

Der Hochheider Wochenmarkt ist gut besucht für einen Mittwoch im kühlen Februar. Das Gros der Kunden ist älteren Semesters, hat die vermeintlich guten Zeiten des Viertels womöglich erlebt. Und so ist es auch: „Früher war es hier wirklich schön“, sagt Heidrun Pimpertz, die zusammen mit Barbara Kauschke am Rande der Ladenstadt steht und plaudert. Die Wohnungen in den Anfang der 1970er Jahre gebauten Hochhäusern seien sehr schön gewesen. Nahezu jeder Hochheider kannte jemanden, der in einem der „Riesen“ gewohnt hat. Oder hat eben selbst in einem der Häuser an der Ottostraße, Friedrich-Ebert-Straße oder Hanielstraße gewohnt.

Hoffen auf eine Grünanlage

„Es waren aber einfach zu viele Leute, die damals zeitgleich kamen. Die kannten sich doch alle nicht“, sagt Kauschke über eine zunehmende Anonymisierung des Quartiers. Der Niedergang der Siedlung ist für die beiden Frauen bereits an Kleinigkeiten erkennbar gewesen. „Eine Putzkolonne für die Flure und Treppenhäuser, deren Kosten ja auf die Wohnungseigentümer hätten umgelegt werden können, gab es nicht. Man musste selbst ran zum Putzen - und entsprechend hat es dann auch ausgesehen.“

Blick über den Hochheider Markt auf den Weißen Riesen an der Friedrich-Ebert-Straße, der am 24. März gesprengt werden soll.
Blick über den Hochheider Markt auf den Weißen Riesen an der Friedrich-Ebert-Straße, der am 24. März gesprengt werden soll. © Tanja Pickartz

Dass am 24. März das erste Hochhaus gesprengt wird, finden die beiden Frauen gut. Nach den Jahren des Hinhaltens passiere endlich etwas. „Wir hoffen, dass dort auch wirklich eine Grünfläche entsteht mit Bänke für uns Senioren.“ Dass sich dadurch im Viertel nun alles zum Besseren wendet, glauben die beiden Frauen aber nicht. „Wir trauen uns im Dunkeln gar nicht mehr raus, es gibt hier so viele Überfälle“, sagen sie. So schön, wie es hier früher einmal war, wird es nicht mehr, da sind sie sich sicher.

„Die Qualität des Wochenmarktes hat nachgelassen“

Der Senior, der einige Meter weiter an einem Gemüsestand steht, hat die „Weißen Riesen“ als Arbeiter auf der Baustelle mit gebaut. Er spricht von verfehlter Politik, die damals dafür sorgte, dass sechs für den Stadtteil viel zu große Häuser gebaut wurden. Zwar kämen er und seine Frau nach wie vor aus Moers angefahren, um auf dem Hochheider Wochenmarkt einzukaufen, der habe allerdings mehr und mehr nachgelassen - obwohl sie nach wie vor alles bekämen, was sie bräuchten. Mit „nachgelassen“ meinen die beiden die vielen Lücken auf dem Platz und die Stände mit Billigklamotten, überwiegend angeboten von Ausländern. „Schauen Sie sich doch hier um, dann wissen Sie was los ist.“

Alwine Lauer, Verkäuferin im Bastelgeschäft, sieht dies differenzierter, hält die Sprengung des ersten Hochhauses für eine Chance für das Quartier. Das habe man über die Jahre allerdings sehr verkommen lassen. Die Moerserin versucht, die Ressentiments von einigen Hochheidern zu erklären: „Hier sind viele ältere Menschen unterwegs, die sich jetzt womöglich als Deutsche in der Minderheit sehen.“

Lob für das Quartiersmanagement

Eine Markthändlerin mit Wohnort Homberg beklagt die vielen Leerstände rund um die Moerser Straße. Die vielen Wettbuden und Spielhallen sind ihr ebenso ein Dorn im Auge wie die zunehmende Zahl von ausländischen Anbietern und Kunden auf dem Markt. Man könne auf der Theke nichts liegen lassen, es würde sehr viel gestohlen. Positiv sieht sie die Arbeit des Quartiersbüros: „Sie machen sehr viel, das merkt man schon.“

Ein Satz, der der Berichterstattung dieser Zeitung zum Sanierungsquartier in den vergangenen Jahren immer wieder gefallen ist lautet: Viele frustrierte Hochheider glauben erst an die Sprengung der „Weißen Riesen, wenn der erste tatsächlich Schutt und Asche ist. Polemik? Ein Klischee? Der Satz fiel bei unsrem Besuch auf dem Markt tatsächlich genau so. Ausgesprochen hat ihn Heidrun Pimpertz...

Die Weißen Riesen Hochheide

Die sechs jeweils 20 Etagen hohen Bauten (drei Mal 160 Wohnungen, drei Mal 320 Wohnungen) wurden 1974 auf einem Teil des Geländes der Rheinpreußensiedlung fertiggestellt (Ratsbeschluss der Stadt Homberg von 1969). Hier eine Übersicht:

Das Haus Ottostraße 18/20 (160 Wohnungen) ist komplett saniert, gehört einer Eigentümergemeinschaft und ist voll belegt.

Ottostraße 24-30 ist seit Jahren leergezogen und zur Ruine verkommen, Name im Volksmund: „Größter Taubenschlag Deutschlands“. Das Haus hat die Stadt inzwischen bei einer Zwangsversteigerung erworben und will es abreißen/sprengen.

Ebenso leergezogen ist das Haus Friedrich-Ebert-Straße 10-16. Sprengungstermin: Sonntag, 24. März.

Ottostraße 54-56 gehört inzwischen auch der Stadt. Die verbliebenen Mieter werden aktuell umgesiedelt. Danach soll das Gebäude gesprengt werden.

Ottostraße 58-64 gehört einer Eigentümergemeinschaft, laut Aussage der Verwalterin Beate Schwegmann sind 70 Prozent der 320 Wohnungen vermietet.

Der „Rote Riese“, ein für zwölf Millionen Euro sanierter Bau, steht an der Hanielstraße 36/38. Er soll zu rund zwei Dritteln belegt sein.