Duisburg. Ein Ehepaar in Duisburg verkauft seine Wohnung. 15 Jahre später schicken die Stadtwerke eine Stromrechnung. Ärger eskaliert zum Inkassoverfahren.
Michael Brandenberg ist den Stadtwerken in Duisburg grundsätzlich wohl gesonnen, betont er. Sein Opa Heinz und sein Vater Ulrich haben früher beim lokalen Energieversorger gearbeitet, er selbst auch als Werksstudent. Doch die Erlebnisse des vergangenen halben Jahres haben dem Mündelheimer als Kunden viele Nerven gekostet – und massiv verärgert. Wertvolle Stunden seiner Lebenszeit hat er sich immer wieder mit dem Kundenservice der Stadtwerke und später auch mit einem Inkassobüro auseinandersetzen müssen.
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Die monatelange Odyssee beginnt am 1. Dezember 2023 mit einer kleinen Stromrechnung von 23,74 Euro für eine Wohnung an der Uerdinger Straße 178, die ihm und seiner Frau Nicole allerdings seit über 15 Jahren gar nicht mehr gehört. „Wir hatten sie 2008 verkauft, weil wir in ein Haus nur ein paar Schritte entfernt gezogen sind“, erzählt Brandenberg. „Wir waren damals schon Stromkunde der Stadtwerke und haben uns entsprechend ab- beziehungsweise umgemeldet. Und dann kommt da plötzlich so viele Jahre später dieses Schreiben zur Übernahme eines vertragslosen Zählers samt der Rechnung.“
Stadtwerke Duisburg schicken Rechnung 15 Jahre nach Wohnungsverkauf: Ärger eskaliert
Das Ehepaar ist irritiert. Michael Brandenberg ruft in der Folge mehrmals die Kunden-Hotline des lokalen Versorgers an, schreibt auch Mails. „Es hieß immer wieder, dass die Sache geklärt beziehungsweise rückabgewickelt werde“, erzählt der Duisburger. „Dann sollten wir plötzlich nachweisen, dass uns die Eigentumswohnung nicht mehr gehört. Da ist mir die Hutschnur geplatzt.“
Trotzdem schickt er die Deckblätter der Notarverträge per Mail und meldet sich sicherheitshalber noch mal beim Kundenservice. „Ein Mitarbeiter hat draufgeschaut und gesagt, dass ich die Angelegenheit nun endgültig als erledigt betrachten könne“, berichtet Brandenberg. Ein Trugschluss.
Nachricht vom Inkassobüro: Rechnungssumme fast verdreifacht
Auch danach bekommt der Mündelheimer immer wieder Zahlungserinnerungen beziehungsweise Mahnungen, auf die er reagiert. Als er im Mai ein an ihn adressiertes Schreiben mit der Nachricht erhält, dass nun ein Inkassobüro eingeschaltet sei, ist das Fass für ihn endgültig übergelaufen. Mit Mahn- und Inkassogebühren soll das Ehepaar inzwischen über 63 Euro zahlen.
Wieder ruft Brandenberg bei der Stadtwerke-Hotline an. „Da wurde mir mitgeteilt, dass man jetzt nichts mehr machen könne. Ich hätte aber noch die Möglichkeit, das Forderungsmanagement zu kontaktieren. Die Mitarbeiterin dort wiederum sagte, dass sie die Sache erst noch mit ihrem Vorgesetzten klären müsse. Ich hab dann parallel noch das Beschwerdemanagement angeschrieben....“
Von dort bekommt er nicht nur eine Entschuldigung, sondern auch die Beteuerung, dass das Inkassoverfahren nun definitiv gestoppt und rückabgewickelt werde. Ende gut, alles gut? Mitnichten! Ein paar Tage später flattert wieder ein Brief des Inkassobüros ins Haus – diesmal an Nicole Brandenberg adressiert. „Mal abgesehen davon, dass wir uns natürlich wieder maßlos ärgern, haben wir uns gefragt, ob die Verantwortlichen die gut 63 Euro zweimal abkassieren wollen“, so der Ehemann.
Abermals versucht er, die Angelegenheit mit den Stadtwerken zu klären. Und auch die Redaktion hat zu diesem besonderen Fall längst eine Anfrage gestellt. Unternehmenssprecher Felix zur Nieden teilt zunächst mit, dass nun endlich „sämtliche Forderungen ausgebucht“ worden seien. „Dass Frau Brandenberg zuletzt trotzdem noch einen Brief vom Inkassobüro erhalten hat, wurde uns mit einer zeitlichen Überschneidung erklärt. Wir können uns für die vielen Unannehmlichkeiten nur entschuldigen.“
Stadtwerke entschuldigen sich für die vielen Unannehmlichkeiten
Dann erklärt zur Nieden, wieso das Ehepaar über 15 Jahre nach dem Verkauf ihrer Wohnung eine Stromrechnung bekommen konnte. „Wer, wie in diesem Fall, eine Wohnung verkauft, muss sich nicht nur abmelden, sondern auch den Eigentumswechsel anzeigen“, so der Sprecher. „Dies ist 2008 offenbar nicht geschehen, zumindest hatten wir darüber keine Unterlagen. Woran das gelegen hat, lässt sich aus heutiger Sicht nicht mehr nachvollziehen.“ Dies gilt auch für Michael Brandenberg, der sich an einen entsprechenden Hinweis von den Stadtwerken zumindest nicht erinnern kann.
So erhält der Energieversorger damals kurz nach der Abmeldung durch das Ehepaar eine Neuanmeldung für den Zähler in der verkauften Wohnung – vom neuen Eigentümer. „Dies ist für uns aber eben nicht ersichtlich gewesen“, so der Sprecher. „Ab 2012 wurde die Verbrauchsstelle dann auch gar nicht mehr von uns mit Strom versorgt, sondern von anderen Anbietern – bis Ende 2023.“
Da sind die Stadtwerke wieder ins Spiel gekommen, weil die Verbrauchsstelle keinen Lieferanten mehr hatte. Dies stellen die Netze Duisburg fest. Sie melden dies dem Grundversorger, der dann die Stromlieferung automatisch übernimmt, Rechnungen stellt und vor allem zunächst den Eigentümer des jeweiligen Hauses darüber informiert. Und dies war im konkreten Fall Ende 2023 aus Sicht der Stadtwerke immer noch das Ehepaar aus Mündelheim.
Mahnsperre vergessen
Dies entschuldigt allerdings in keinster Weise das Vorgehen der Stadtwerke beziehungsweise des Kundenservice in den folgenden Monaten. Dies sieht auch der Sprecher so. „Es sind leider Bearbeitungsfehler passiert“, so zur Nieden. „Bis zur endgültigen Klärung des Falls hätte eine Mahnsperre gesetzt werden müssen. Dann wäre das Inkassobüro gar nicht eingeschaltet worden.“
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Warum aber muss es überhaupt Monate dauern, bis eine solche Angelegenheit ad acta gelegt werden kann? Anfang April hatten die Stadtwerke große Probleme eingeräumt (wir berichteten). Dabei geht es in erster Linie um sehr lange Bearbeitungszeiten bei Schlussrechnungen oder Rückzahlungen. Dies hatte der Versorger vor allem mit „einer ganzen Reihe von Eingriffen in den Energiemarkt durch die Bundesregierung“ begründet.
Energieversorger „am Limit“
Energiepreisbremsen, Corona-Hilfen und Mehrwertsteueranpassungen bedeuteten „einen bisher nie dagewesenen Mehraufwand“. Man sei „am Limit“ – und dies gelte auch für den Kundenservice, der nun deutlich mehr Personal bekommen soll.
Michael Brandenberg hat von den angekündigten Verbesserungen noch nichts mitbekommen. Er ist nur froh, dass die Sache geklärt ist. Als kleine Entschädigung hat der Mündelheimer immerhin drei Amazon-Gutscheine im Wert von insgesamt 45 Euro bekommen.