Duisburg. Betreibt ein Mann in Duisburg eine TÜV-Prüfstation ganz ohne Genehmigung? Nachbarn kritisieren die Stadt. So antwortet jetzt die Behörde.
Es gibt eine neue TÜV-Station an der Ecke Friedrich-Ebert-Straße/Arnold-Overbeck-Straße in Duisburg-Beeck, direkt neben der denkmalgeschützten Brotfabrik des Künstlers Cyrus Overbeck. Dieser TÜV-Süd wird bereits seit Wochen betrieben. Es gibt aber, laut Overbeck, einige Ungereimtheiten.
Denn: Die Stadt hat den Neubau noch gar nicht abgenommen und der öffentliche Bordstein vor dem Gelände ist zerstört. Die Stadt aber sehe laut Overbeck bisher keine Notwendigkeit einzugreifen. Der TÜV-Betreiber unterhalte auch einen Gebrauchtwagenhandel – ohne Gewerbeschein, der zwingend notwendig ist. Die Stadt aber lasse ihn gewähren. Warum eigentlich, fragen sich Cyrus Overbeck und seine Eltern.
Ganz anders als in anderen Fällen lässt die Stadt die Dinge laufen. Denn dass die Verwaltung mehr als entschlossen reagieren kann, wenn sich Bürger nicht nach Recht und Ordnung verhalten, ist bekannt.
Schriftliche Dokumente von einem anderen Fall liegen der Redaktion vor – einschließlich einer damals aktuellen Ortsbesichtigung plus Fotos. In diesem Fall rückte die Stadt von null auf hundert mit Polizeipräsenz an, um einem Tischlermeister den nagelneu gebauten Balkon im Hinterhof für seine Mieter in alle Einzelteile zu zerlegen. Der Grund: Die Konstruktion sei angeblich nicht sicher und der Meister hatte mit dem Bau vor der endgültigen Baugenehmigung begonnen.
TüV-Anlage in Duisburg nicht als Gewerbe angemeldet? Das sagt die Stadt
Wie aber kann es sein, dass die für die Bevölkerung sicherheitsrelevante TÜV-Anlage in Betrieb ist, obwohl der Betreiber in Duisburg kein Gewerbe angemeldet hat? Warum veranlasst die Stadt nicht die sofortige Stilllegung der TÜV-Anlage und lässt den Betreiber, der den Betrieb als eine GmbH angemeldet hat, gewähren? Der TÜV-Süd verweist auf Anfrage unserer Redaktion auf die „vorgeschaltete Stelle. Die Stadt Duisburg sei zuständig“.
„Die KFZ-Prüfstelle fällt unter die sogenannten freien Berufe, die nicht der Gewerbeordnung unterliegen. Für den Betrieb ist also auch keine Gewerbeanmeldung beim Bürger- und Ordnungsamt notwendig“, teilt die Stadt auf Anfrage mit. „Eine vorzeitige Benutzungsgestattung der KFZ-Prüfstelle wurde durch das Amt für Baurecht und betrieblichen Umweltschutz erteilt.“
Diese Meinung der Stadt teilen Fachleute wie Rechtsanwalt Dirk Giesen aus der Kanzlei auf der Düsseldorf „Kö“ allerdings gar nicht. Giesen zitiert das Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 22. September 2000, (Aktenzeichen 8A 2429/99). Darin heißt es: „Die Überwachung und technische Prüfung von Kraftfahrzeugen ist eine Tätigkeit, die ihrem Wesen nach auch von einer GmbH ausgeübt werden kann. Das Betreiben einer TÜV-Prüfstelle erfüllt die Voraussetzungen, die an ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung zu stellen sind. Es handelt sich um eine selbstständige, auf Dauer angelegte, nach staatlicher Anerkennung erlaubte und auf Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit und damit um ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung.“
In Bezug auf den zerstörten Bordstein erklärt die Stadt: „Die eigenständige Änderung der Gehwegüberfahrt ist bei einer Bauzustandsbesichtigung durch die Untere Bauaufsicht der Stadt Duisburg sowie bei Ortsterminen jeweils durch die Straßenbaubehörde und die Wirtschaftsbetriebe Duisburg (WBD) bemängelt worden. Der Eigentümer sicherte zu, dass die besagte Zufahrt lediglich provisorischer Natur sei, um seine Baustelle zu bedienen. Nach Beendigung der Baumaßnahmen sollte die Zufahrt fachgerecht durch die WBD ausgebaut werden. Wir werden dies im Zuge der abschließenden Bauabnahme nochmals überprüfen.“
Betreiber lässt Fragen unbeantwortet
Vom Betreiber wollte die Redaktion wissen, ob er für den Betrieb des Gebrauchtwagenhandels und für das Betreiben des TÜV in Duisburg ein Gewerbe angemeldet hat. Ob er die Zerstörung des Bordsteins veranlasst hat, damit die Wagen und Maschinen auf sein Gelände kommen können, ob er den Bordstein zur Straße selbst abgesenkt und mit Beton verfüllt hat und ob es dafür eine Genehmigung der Stadt Duisburg gab. Oder ob der Bordstein sein Eigentum ist. Außerdem bat die Redaktion um die Beantwortung der Frage, ob es richtig sei, dass sämtliche Auflagen aus dem Kaufvertrag, der der Redaktion vorliegt, bisher nicht erfüllt worden sind und wann er sie erfüllen wird. Der Mann ließ unsere Fragen allerdings unbeantwortet.
„Mehr als befremdlich“ findet Familie Overbeck die Haltung der Stadt in Bezug auf das Betreiben des Gebrauchtwagenhandels auf dem Grundstück des TÜV. Denn diesen Geschäftszweig hat der Betreiber öffentlich als Geschäftsführer inseriert. Dabei ist ihm laut Kaufvertrag vom 23. August 2019 „Aufbauten zum Zwecke der Prostitution, zum Betreiben von Sex-Shops, Sex-Kinos oder anderen artverwandten Betrieben …“ auf dem gesamten Gelände ausdrücklich untersagt. Gebrauchtwagenhandel und Kfz-Werkstatt stehen als genehmigungsfähig nicht im Kaufvertrag.
Wie man in der Gewerbeordnung in Paragraf 38 nachlesen kann, handelt es sich beim Gebrauchtwagenhandel um ein „überwachungsbedürftiges Gewerbe“, das man zwingend als Gewerbe anmelden muss. Der Betreiber hat allerdings nachweislich in Duisburg kein Gewerbe angemeldet, handelt aber seit längerem als Gebrauchtwagenhändler mit Pkw auf dem TÜV-Gelände. Die Stadt bestreitet das nicht. Sie teilt dazu auf Anfrage am 24. April 2024 mit: „Der Gebrauchtwagenhandel ist tatsächlich ein überwachungspflichtiges Gewerbe (§ 38 der Gewerbeordnung), das bei Ausübung angemeldet werden (§ 14 der Gewerbeordnung) muss. Hierzu sind wir in der Prüfung.“
Nachbarn beobachten weiter Gebrauchtwagenverkauf
Nach Anfrage unserer Redaktion bei der Stadt Duisburg Mitte April 2024 sind offenbar die öffentlichen Anzeigen „Handel mit Kraftfahrzeugen“ eingeschränkt oder eingestellt worden. Die Nachbarn beobachten allerdings, dass nach wie vor auf dem Gelände in der Dunkelheit Bewegungen mit Oberklasse-Limousinen und Sportwagen stattfinden.