Duisburg. Keine Termine, keine Kommunikation: Duisburgs Ausländerbehörde stand lange in der Kritik. Jetzt gibt es sogar ein neues Amt und Verbesserungen.
Wartezeiten, die in die Jahre gingen, keine Termine, keine Kommunikation, dramatischer Personalmangel: Seit anderthalb Jahren arbeitet die Stadt an der Verbesserung der Lage in der Ausländerbehörde in Duisburg. Auf einer der größten „Baustellen“ der Verwaltung ist nun das Licht am Ende des Tunnels sichtbar.
„Wir sind noch nicht am Ziel, aber auf einem guten Weg“, sagt Ordnungsdezernent Michael Rüscher.
Seit dem 1. Januar 2024 hat Duisburg ein Amt für Integration
Das Ziel, das der Beigeordnete kurz nach seinem Amtsantritt steckte, klang Anfang 2023 ziemlich ambitioniert: „In einem Jahr soll sich die Lage deutlich verbessern.“ Die Arbeit an vielen Stellschrauben ging einher mit einer Aufwertung der Ausländerbehörde, die bis dahin nur eine Abteilung des Ordnungsamtes war. Seit dem 1. Januar ist sie, zusammengelegt mit dem Kommunalen Integrationszentrum (KI), das Amt für Integration und Einwanderungsservice.
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Der bloße Wechsel des Türschildes bringt noch nichts für Zehntausende Duisburger mit ausländischem Pass, für internationale Gastwissenschaftler und Studierende der Uni, für Fachkräfte, etwa in der Pflege, für Geflüchtete und Zuwanderer aus der EU, die ihre Aufenthalts-Angelegenheiten erledigen müssen.
Einbürgerung: 12.000 Duisburger stehen aktuell auf der Warteliste
Auch die Besetzung der vakanten Stellen – in der Spitze waren es 2018 etwa 60, in 2022 noch 40 – schuf keine kurzfristige Entlastung. Wirksam wird die Verstärkung erst nach der Einarbeitung in das komplexe deutsche Ausländerrecht. Seit Anfang 2023 wurden 25 Stellen beim Einwanderungsservice im Averdunk-Zentrum und den drei Außenstellen in den Bezirksämtern Süd, Rheinhausen und Hamborn besetzt.
Die Aufstockung auf insgesamt nunmehr 90 Stellen nennt Michael Rüscher „einen deutlichen Sprung nach vorn“. Weitere 19 Stellen wurden im Bereich Ausländerrechtliche Aufgaben/Einbürgerung besetzt, hier sind nun 122 Mitarbeitende tätig. Hier sorgt das neue Staatsbürgerschaftsrecht für Arbeit. Aktuell stehen rund 12.000 Duisburger auf der Warteliste, die Wartezeit auf einen Antragstermin für die Einbürgerung lag im Februar bei 23 Monaten (wir berichteten).
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„Die Einarbeitung ist sehr komplex. Nach etwa sechs Monaten stehen wir bei 60 bis 70 Prozent, nach einem Jahr bei etwa 85 bis 90 Prozent sein“, sagt Thomas Freitag. Der 51-Jährige, schon seit zehn Jahren Abteilungsleiter der Ausländerbehörde, leitet nun das neue Amt für Integration. Die intensive Vorbereitung der neuen Kolleginnen und Kollegen sei der Schlüssel für Effizienz und rechtssichere Entscheidungen, betont er: „Wir setzen sehr auf eine vernünftige Einarbeitung. Das kostet viel Zeit, zahlt sich aber mittelfristig aus. Wir dürfen sie nicht verheizen.“
Digitale Akte soll Arbeit der Ausländerbehörde beschleunigen
Ebenso wichtig ist eine niedrige Fluktuationsrate. Niemand in den Außenstellen sei länger als fünf Jahre in der Ausländerbehörde, berichtete Freitag vor drei Jahren im Sozialausschuss. Neben deutlich besseren Arbeitsbedingungen sollen nun auch Zulagen von bis zu 250 Euro pro Monat (für Angestellte) Anreiz und Entschädigung für eine oft schwierige und belastende Tätigkeit sein.
Ein weiterer wichtiger Schritt hin zu mehr Effizienz ist die Digitalisierung von mehr als 100.000 Akten. Das Integrationsamt war Modellbehörde. „Das Projekt ist jetzt abgeschlossen“, berichtet Freitag. Etwa 20 Beschäftigte bereiteten die Akten vor, ein Dienstleiter half bei der Übertragung. Schriftverkehr und Dokumente werden nun bei Eingang automatisch der Akte zugeordnet, für die Sachbearbeiter ist der Zugriff deutlich einfacher.
Gäste aus Drittstaaten: „Verpflichtungserklärungen“ bald online möglich
Wie viel Luft nach oben bei der Digitalisierung der deutschen Verwaltung im internationalen Vergleich noch ist, erfährt der Amtsleiter häufig von den Duisburgern mit ausländischem Pass. „Sie haben eine App aus dem Herkunftsland auf dem Handy, die Beschaffung einer Geburtsurkunde dauert nur Minuten. Dafür müssen wir noch ins Archiv steigen.“
Das Amt werde nachlegen, mit weiteren Erleichterungen für sich selbst und die Bürger, kündigt Thomas Freitag an. In Vorbereitung ist etwa eine Online-Abgabe von „Verpflichtungserklärungen“ (bei der Einladung von Gästen und Angehörigen aus Drittstaaten). Ausländer, die nicht aus der EU stammen, können sich ab dem 1. Juli im Bürgerservice der Bezirksämter anmelden.
Kommunikation über qualifizierte Ansprechpartner bei Call Duisburg
Deutliche Verbesserungen greifen bereits bei der Kommunikation und Terminvergabe: Vier der nun besetzen Stellen sind dem telefonischen Service vorbehalten, über Call Duisburg (0203 94000) gibt es qualifizierte Ansprechpartner, die zumindest einfache Fragen und Probleme auch am Telefon beantworten und lösen können.
Wo steht das Amt bei der Aufarbeitung der Rückstände? „Wir sind noch nicht vor der Lage, aber der Stand hat sich deutlich verbessert. Bis Mitte Juli wollen wir alle rückständigen Termine bezüglich der Anmeldungen aufgearbeitet haben“, sagt Freitag. Der Übergang in einen „Normalbetrieb“ werden für beide Seiten ebenfalls Erleichterungen bringen. Um diese zu planen, sei ein interner „Change-Management“-Prozess bereits gestartet.
So sollen künftig Aufenthaltstitel für zwei Jahre ausgestellt werden, statt der nur sechs Monate lang gültigen Fiktionsbescheinigungen. „Das haben wir in den vergangenen Jahren gemacht, weil wir überlastet waren. Die Bürger hatten dann zwar einen Beleg für den Arbeitgeber, mussten aber dauernd wiederkommen“, erklärt Freitag, „das Ausstellen eines Titels ist zwar zeitaufwändiger, macht aber am Ende weniger Arbeit.“
Für Uni und Fachkräfte: „Talent-Center“ nach dem Umzug im Herbst
Eine Trennung von Aufgaben ist vorgesehen mit dem für den Herbst 2024 geplanten Umzug ins neue Domizil an der Friedrich-Wilhelm-Straße 12-14. Dort soll sich ein „Talent-Center“ um Studierende, Wissenschaftler und ausländische Arbeitskräfte kümmern. Die Universität Duisburg-Essen hatte in der Vergangenheit immer wieder Kritik geübt an der schleppenden Bearbeitung von Aufenthaltsgenehmigungen.
Diese führt Thomas Freitag an als Beispiel für die Komplexität des deutschen Ausländerrechts. „Wir kennen 98 verschiedene Aufenthaltstitel. Griechenland reichen angeblich acht.“ Seit 2005 zählt der Amtsleiter 113 Gesetzesänderungen, die mal zu Verschärfungen, mal, wie jetzt beim Einbürgerungen, zu Erleichterungen führen: „Das macht einen fertig.“
Als kommunales Integrationsamt schnell und effizient zu arbeiten, führe allein noch nicht zum Ziel, sagt der Amtsleiter. Oft warten die Sachbearbeiter lange auf Botschaften, Bundesamt für Migration oder Sicherheitsbehörden. Berichten werden sie das bald Mahmut Özdemir. Der Duisburger SPD-Vorsitzende, Bundestagsabgeordnete und Staatssekretär im Innenministerium wünscht sich eine „Willkommenskultur“ im Integrationsamt. Einen Wunschzettel für den Bundestag wird er vermutlich mit auf den Weg nach Berlin nehmen.
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KI-LEITER MARIJO TERZIC ZUR ZUSAMMENLEGUNG: GEMEINSAM SCHAFFT MAN MEHR
- Die Zusammenlegung der Ausländerbehörde mit dem Kommunalen Integrationszentrum ist ein Schritt, mit dem andere Städte bereits gute Erfahrungen machen. „Der ganzheitliche Ansatz des neuen Amtes ist überzeugend. Ich bin ein Anhänger davon“, betont Marijo Terzic, der das KI seit seiner Gründung im Jahr 2007 leitet.
- „Unsere Gemeinsamkeit sind die Menschen, die zu uns kommen“, sagt der 56-Jährige, „deshalb macht es Sinn, in einem gemeinsamen Amt zu arbeiten“. Das sei zwar nicht die Lösung aller Probleme, biete aber gleichwohl viele Chancen. „Gemeinsam schafft man mehr.“
- Zuwanderung habe viele Facetten, sagt Terzic. „Wir dürfen die nicht aus dem Blick verlieren, die nicht mit einer guten Ausbildung kommen, aber dennoch wichtig für den Arbeitsmarkt sind. Und es gibt andere, die längst eingebürgert sind, aber dennoch Integrationsbedarf haben. Es gilt also, ein großes und vielschichtiges Spektrum abzudecken.““
- Das KI könne beraten, auch ausländerrechtliche Fragen beantworten. „Jede Willkommenskultur braucht eine Willkommensstruktur, dazu leistet unser Amt einen wichtigen Beitrag“, sagt Terzic. Die werde sich entwickeln, Synergieeffekte sichtbar werden. „Wir stehen zwar noch am Anfang, aber wir haben schließlich auch bisher schon zusammengearbeitet, etwa bei der Umsetzung des kommunalen Integrationsmanagements.“