Duisburg. Duisburgs Premierenpublikum feiert das neue Ballett „Krabat“ von Demis Volpi. Die getanzte Version des Romans von Otfried Preußler überzeugt.

Bereits mit seinen Versionen von „Der Nussknacker“ und „Giselle“ hat der scheidende Ballettchef Demis Volpi sein großes Können auf dem Gebiet des Handlungsballetts unter Beweis gestellt. Mit „Krabat“ präsentiert er in Duisburg nun seine getanzte Version des Romans von Otfried Preußler. Im Stadttheater war eine überzeugende und spannungsgeladene Ballettpremiere zu erleben, die vom Publikum einhellig gefeiert wurde.

Otfried Preußler teilt die Geschichte des Gesellen Krabat, der in die Dienste eines zaubermächtigen Müllers tritt, in drei Jahren ein, an deren Ende ein Geselle dem Herrn Gevatter übergeben wird, also stirbt. Bei Demis Volpi werden daraus drei Akte, wobei man sich wundert, dass der Abend, der aus 110 Minuten Tanz besteht, von zwei 25-minütigen Pausen unterbrochen wird. Die Pausen dienen aber dazu, die drei Jahre der Geschichte klar voneinander zu trennen. Die ersten beiden Akte haben eine parallele Struktur, die auch durch die kluge Musikauswahl unterstrichen wird.

Spannungsgeladene Ballettpremiere in Duisburg: Krabat überzeugt das Publikum

„Zu den Klängen eines Streichquartetts des lettischen Komponisten Peteris Vasks gerät am Anfang immer ein neuer Geselle in die Fänge des diabolischen Meisters. Der wird Damián Torío als gnadenloser Zuchtmeister verkörpert, der auf seine Gesellen eine hypnotische Kraft ausübt. Mit kahlem und bleichem Schädel sowie seiner Augenklappe wirkt er wie eine Mischung aus Mephisto und Wotan.

Der Krabat wird von Miquel Matinez Pedro anfangs als verträumter Naivling getanzt, der in der Mühle mit den anderen elf Gesellen geknechtet wird. Das Schleppen der Mehlsäcke und ihr Aufschichten in immer neue Formationen erfolgt zu der Klangcollage der Geräusche einer echten Getreidemühle. Volpi choreografiert diese harte körperliche Arbeit gekonnt und abwechslungsreich.

Das wuchtige Bühnenbild besteht aus gestapelten Mehlsäcken

Als Zuschauer wird man von der Wucht des Bühnenbildes, das aus gestapelten Mehlsäcken besteht und von Katharina Schlipf entworfen wurde, geradezu erschlagen. Sensationell sind auch ihre Rabenkostüme, die zum Einsatz kommen, wenn die Gesellen vom Meister verwandelt werden.

Die Gesellen treffen auf den Tod, getanzt von Lara Delfino.
Die Gesellen treffen auf den Tod, getanzt von Lara Delfino. © Deutsche Oper am Rhein | Ingo Schäfer

Die Begegnung mit den Mädchen, darunter der Kantorka, in die sich Krabat verliebt, findet zu einem Chorarrangement des Liedes „Die Gedanken sind frei“ statt. Emilia Peredo Aguirre tanzt ihre Rolle mit der Anmut klassischer Ballettheldinnen, wie man sie aus „Schwanensee“ kennt. Am Ende der ersten beiden Akte steht die Opferung eines Gesellen an den Herrn Gevatter zu den wuchtig–düsteren Klängen der Passacaglia aus der 3. Sinfonie von Krzysztof Penderecki. Den Tod tanzt Lara Delfino mit weit ausholendem Armbewegungen als Frau im eleganten Kleid.

Die Struktur jedes Aktes wird von Volpi aber auch variiert: Im ersten Akt hat Norma Magalhàes einen starken Auftritt als Mädchen Worschula, die durch die Zauberkräfte des Meisters in den zuckenden Wahnsinn getrieben wird. Im zweiten Akt gibt es ein sportives Zauberduell mit Karate- und Kickbox-Elementen zwischen dem Meister und seinem ehemaligen Schüler Pumphutt, der von Elisabeth Vincetti getanzt wird.

Am Pult der Duisburger Sinfoniker leitet Dirigentin Katharina Müller die ungewöhnliche Musikauswahl. Die eigentlich für den Konzertsaal komponierten Werke erwachen hier zu musikdramatischen Leben. Virtuose Solisten aus dem Orchester sind Geiger Siegfried Rivinius und Cellist Friedemann Pardall mit Ausschnitten aus Konzerten von Philip Glass.