Duisburg. Das Baugerüst an der Fassade ist weg. Der Duisburger Hauptbahnhof zeigt sein neues Gesicht. Die neue Glasfront ist ein einzigartiger Hingucker.

Die alte Fensterwand des maroden Duisburger Hauptbahnhofs war berühmt-berüchtigt. Die brüchige Fassade mit den ungezählten Streifen Klebeband war ein Symbol des Verfalls. Dennoch avancierte sie unter Duisburgern auch zum Kult-Objekt und sogar zum Mode-Motiv. Im Sommer 2022 wurde sie abgerissen. Seit ein paar Tagen nun ist ihr Nachfolger erstmals in seiner Gesamtheit unbedeckt zu besichtigen. Die neue Fassade hat so betrachtet tatsächlich einen Wow-Effekt.

Das Baugerüst, hinter dem sie an Gleis 13 errichtet und „versteckt“ wurde, ist weitestgehend entfernt, die Arbeiter haben die gewaltige Fensterwand in den vergangenen Tagen freigelegt. Die gläserne Fassade ist darum nun von den Bahnsteigen und vom Neudorfer Vorplatz aus zu sehen. Der Duisburger Hauptbahnhof zeigt sein neues Gesicht, ein neues Markenzeichen.

Duisburg Hauptbahnhof: Neue architektonische Qualität durch Wellen-Fassade

Und solch eine Welle hat noch kein Hauptbahnhof gemacht. Ob sie der erste fertige Teil des künftig „schönsten Bahnhofs Deutschlands“ (Duisburgs OB Sören Link) wird, sei dahingestellt. Aber durch die geschwungene Front erhält der so lange vernachlässigte Bahnhof knapp zwei Jahre nach dem Start der Dauerbaustelle eine neue architektonische Qualität. Dieser markante Hingucker kann dazu beitragen, den Charme eines Hinterausgangs abzuschütteln.

Die neue Seitenansicht der Duisburger Welle: 1600 Quadratmeter der neuen Front bestehen aus Glas.
Die neue Seitenansicht der Duisburger Welle: 1600 Quadratmeter der neuen Front bestehen aus Glas. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Auf 150 Metern Breite erhebt sich die Welle zweimal. Der höchste Punkt liegt etwa 20 Meter über dem Straßenniveau. Insgesamt hat die Fassade nach Angaben der Deutschen Bahn eine Fläche von rund 1700 Quadratmetern, 1600 davon sind aus Glas, aus „Verbundsicherheitsglas“. Es wurde eingesetzt in eine „Stahlaufsatzkonstruktion auf geschweißten beziehungsweise geschraubten Stahlprofilen“, erläutert ein Bahnsprecher.

Die Scheiben im untersten Teil der Fensterwand müssen die Fachleute noch installieren. Ohne Gerüst ist die Gleishalle deutlich erhellt. So viel ungetrübtes Tageslicht fiel früher durch die milchigen Drahtglasscheiben nicht auf die Bahnsteige.

Vom Bahnsteig aus haben Fahrgäste nun freie Sicht auf den Vorplatz und Neudorfer Straße.
Vom Bahnsteig aus haben Fahrgäste nun freie Sicht auf den Vorplatz und Neudorfer Straße. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Auch das riesige Schutzgerüst verschwindet nun

Die Fahrgäste haben nun freie Sicht gen Himmel und auf den Bahnhofsvorplatz und die Neudorfer Straße (die noch immer selbst eine Baustelle ist). Bei den waagerechten Markierungen in den Scheiben handelt es sich übrigens um eine „Vogelschutzgrafik“. Die soll verhindern, dass Vögel gegen die Fenster prallen, so der Sprecher. „Die entsprechende Sicherheitsfolie ist jeweils zwischen den beiden Glasscheiben aufgedruckt.“

Das DB-Logo ist oben auf der Fassade bereits angebracht. Der Bahnsprecher kündigt noch einen Schriftzug an: „Duisburg Hauptbahnhof“. Der Wartungsgang erhält außerdem ein Geländer. Der Rückbau des roten XXL-Schutzgerüstes am Ostausgang hat ebenfalls bereits begonnen. Nach der 75 Meter breiten Konstruktion sollen auch deren 17 Stützpfeiler auf der Ostseite verschwinden. Das im Sommer 2022 errichtete Schutzgerüst diente auch als Arbeitsbühne.

[Großbaustelle und Verkehrsknotenpunkt, Geschäftspassage und Einsatzort der Bundespolizei: Auf unserer Themenseite finden Sie Artikel über den Duisburger Hauptbahnhof.]

Auch Querträger am Dach werden verglast

Die Haupt-Baustellen im Hauptbahnhof liegen längst in der Gleishalle, zwischen und über den Bahnsteigen zu den zurzeit gesperrten Gleisen 12 und 11. Die Trupps montieren seit Anfang April den ersten wellenförmigen Dachstrang direkt über den Gleisanlagen. Diese „Zwischenwelle“ verbindet die zuvor fertiggestellten Dächer der Bahnsteige 6 (Gleise 12/13) und 5 (10/11).

Bald sind drei Wellenstränge fertig: Diese werden über die Querträger verbunden. Durch die „Fischbauchträger“ fällt ebenfalls Licht in die Gleishalle.
Bald sind drei Wellenstränge fertig: Diese werden über die Querträger verbunden. Durch die „Fischbauchträger“ fällt ebenfalls Licht in die Gleishalle. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Die Verbindung der Dachstränge erfolgt über die sogenannten Fischbauchträger in der Höhe. Auch die stählernen Querträger erhalten eine Verglasung. So soll es hell genug sein in der Gleishalle, wo laut Bahn tagsüber keine künstliche Beleuchtung mehr notwendig sein soll – obwohl auch die Gleisanlagen überdacht sein werden. Zur Erinnerung: Die Wellendächer selbst sind nicht durchsichtig, sondern mit Trapezblechen verkleidet.

„Zwischenwelle“ soll bis zur Fußball-EM fertig sein

Die DB plant, die Arbeiten an der „Zwischenwelle“ über den Schienen bis zum Beginn der Fußball-Europameisterschaft Mitte Juni abzuschließen. Reisende sollen zum Großevent an den Bahnsteigen zu den Gleisen 11 und 12 wieder ein- und aussteigen können. Und: Dann endlich soll der neue Bahnsteig auch bei Starkregen nicht mehr nass werden.

„Wie gewohnt, finden anschließend noch weitere Restarbeiten statt“, ergänzt der Bahnsprecher. So sind beispielsweise die Flachdächer der Bahnsteige abseits des Wellendachs immer noch nicht verkleidet, weshalb die Holzbalken auf mehreren hundert Metern zu sehen sind.

Das Entree des Hauptbahnhofs nimmt Gestalt an: Die neue Fassade und der umgestaltete Bahnhofsvorplatz.
Das Entree des Hauptbahnhofs nimmt Gestalt an: Die neue Fassade und der umgestaltete Bahnhofsvorplatz. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

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>> Modernisierung für mindestens 260 Millionen Euro

  • Die Deutsche Bahn fand erst im dritten Anlauf seit 2012 Baufirmen, die den Duisburger Hauptbahnhof erneuern. Im Sommer 2022 begannen die Bauarbeiten.
  • Abriss und Neubau von Bahnsteigen und Dach erfolgen während des laufenden Verkehrsbetriebes etappenweise von Ost nach West, von Gleis 13 bis 1, von 2022 bis 2028.
  • Die Modernisierung kostet Bund, Land NRW und Bahn nach eigenen Angaben etwa 260 Millionen Euro. Diese wird somit mehr als doppelt so teuer, wie ursprünglich geplant.