Duisburg. Der U79-Streit zwischen Düsseldorf und Duisburg spitzt sich zu. Der Redaktion liegt ein vertraulicher DVG-Brief vor. Das ist der brisante Inhalt.

Der Streit zwischen den Verantwortlichen in Düsseldorf und Duisburg um die aktuellen Probleme auf der gemeinsam betriebenen U79-Linie spitzt sich zu. Der Redaktion liegt ein vertrauliches Schreiben von Marcus Wittig, Vorsitzender der Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG), an den Duisburger Fachausschuss vor. Darin geht Wittig auf die Situation auf der U79 ein, die jüngsten Medienberichte dazu und kritisiert die Düsseldorfer Seite teils sehr deutlich.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Hintergrund ist, dass die DVG trotz zweier vorerst bis Ende Mai 2024 ausgeliehenen Fahrzeuge der Rheinbahn zuletzt immer noch schnell überfüllte Solowagen statt der geplanten Doppel-Traktion auf der Linie eingesetzt hat. Die Düsseldorfer sind verärgert, weil die Rheinbahn Duisburg vier statt nur zwei Fahrzeuge zur Leihe angeboten hat, um die Lage auf der U79 noch stärker zu stabilisieren. Die DVG hatte aber auch aus finanziellen Gründen abgelehnt.

U79: Vertraulicher DVG-Brief offenbart das ganze Bahn-Dilemma

„Wir führen diese Debatte bewusst nicht in der Öffentlichkeit“, heißt es in Wittigs Schreiben an die Politik in Duisburg. „Dies ist nicht unsere Art und nicht unser Selbstverständnis einer Kommunikation unter Kooperationspartnern.“ Und dann legt er nach: „In Düsseldorf verfährt man offenbar anders.“

Die DVG ärgert es offensichtlich, dass das U79-Thema in der jüngsten öffentlichen Sitzung des Verkehrsausschusses in Düsseldorf forciert wurde. Dies werde „bekanntermaßen von den Medien in beiden Städten gerne aufgegriffen“, so Wittig weiter. Begrüßenswerter wäre demnach „die Suche nach einem Gespräch im Vorfeld gewesen“.

Die andere Reihenfolge rufe „in Duisburg eine gewisse Befremdung hervor, zumal das Verhältnis zwischen den Städten in eine konfrontative Wahrnehmung gelenkt wird“, erklärt der DVG-Vorsitzende. In der Tat werden inzwischen auch entsprechende Stimmen aus der Duisburger Lokalpolitik laut. Von einem „inakzeptablen Umgang“ ist da die Rede.

Düsseldorf sollte mit Duisburg reden und nicht über Duisburg.
Marcus Wittig, Vorsitzender der DVG

Wittig geht in dem Schreiben auch auf den angekündigten „Brandbrief“ von Norbert Czerwinski (Grüne), Vorsitzender des Verkehrsausschusses in der Landeshauptstadt, zur U79-Situation ein, den der Duisburger Fachausschussvorsitzende Bruno Sagurna, gleichzeitig SPD-Fraktionschef, noch bekommen soll. Czerwinski will sich mit ihm so über das leidige Thema austauschen. „Das bestätigt leider die vergangene und offenbar auch vorhandene Kultur im Umgang“, schreibt Wittig. „Düsseldorf sollte mit Duisburg reden und nicht über Duisburg.“

DVG verweist auf Kursausfälle bei der Rheinbahn

Außerdem werde das Thema sehr einseitig betrachtet: Auch bei der Rheinbahn gebe es Kursausfälle, im März demnach mehrfach aufgrund von Personalmangel. Im Gegensatz zu den Umläufen der DVG-Solofahrzeuge falle der Kurs dann komplett aus, so Wittig. Auch die DVG habe mit Personalengpässen zu kämpfen, priorisiere in solchen Fällen aber die städteübergreifenden Linien, „sodass keine Kurse ausgefallen sind oder ausfallen“.

Der DVG-Vorsitzende Marcus Wittig hat sich in einem vertraulichen Brief an den Duisburger Verkehrsausschuss ausführlich zur Situation auf der U79-Linie geäußert.
Der DVG-Vorsitzende Marcus Wittig hat sich in einem vertraulichen Brief an den Duisburger Verkehrsausschuss ausführlich zur Situation auf der U79-Linie geäußert. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Diese Priorisierung erfolge im Sinne der Nachbarstädte, „denn sie kommt anderen Linien in Duisburg damit nicht zu Hilfe – ganz im Gegenteil: Es fehlt dann dort das Personal“, erklärt Wittig weiter in dem Schreiben. Duisburg würde es allerdings fernliegen, dieses überhaupt medial zu thematisieren.

Chronischer Fahrzeugmangel

Wittig erklärt, dass die Probleme auf der U79 durch den chronischen Fahrzeugmangel hervorgerufen werden. Bereits seit 7. November 2022 fahren die Bahnen deshalb in Duisburg auch zu den Stoßzeiten nur im 15-Minuten-Takt. Das hohe Alter der zunehmend störanfälligen Fahrzeuge wirke sich auch auf die Verfügbarkeit von Ersatzteilen aus. Dazu kämen Wartezeiten durch die bekannten Schwierigkeiten in den Lieferketten. Gleichzeitig sei Personal in der Werkstatt weiter durch die planmäßige Umrüstung auf die neue Zugsicherung für Tunnelfahrten gebunden.

Probleme gebe es auf der Strecke auch immer wieder durch nicht selbst verschuldete Unfälle. Nach Angaben des DVG-Vorsitzenden reichen die vorhandenen Bahnen für das Fahrgastaufkommen auf Duisburger Stadtgebiet aber in der Regel aus. Ein Engpass aufgrund der Solofahrzeuge zeige sich „nur“ ab der Düsseldorfer Stadtgrenze.

Bahn-Leihe: Streit um Mietpreis

Wittig geht in dem Schreiben ebenfalls auf die Diskussion um die Bahnleihe ein. „Entgegen den medial transportierten Ausführungen im Düsseldorfer Verkehrsausschuss ist die Höhe des Mietpreises nicht lapidar“, stellt er klar. Nach Informationen der Redaktion hat die Rheinbahn mehr als 350.000 Euro verlangt, wenn die DVG vier statt zwei Fahrzeuge für zwei Monate ausleiht. „Da offenbar die Notwendigkeit in Düsseldorf als so prioritär eingeschätzt wird, bleibt fraglich, warum sich die Miete nicht in der Nähe einer Selbstkostenkalkulation bewegt“, so Wittig.

Auch interessant

Unabhängig davon zeichne sich „eine planbare und verlässliche Fahrzeugverfügbarkeit“ fast ausschließlich durch den geplanten Einsatz von neuen Bahnen ab. Diese lassen allerdings aufgrund von massiven Lieferproblemen beim Hersteller Siemens Mobility noch lange auf sich warten. Ende 2023 hatte er mitgeteilt, dass sich die Lieferung der beiden Vorserienfahrzeuge nun um insgesamt 29 Monate verzögern wird. Frühestens im ersten Quartal 2026 ist mit der ersten Lieferung zu rechnen. Entsprechend später kommen auch die 16 Serienfahrzeuge.

Neue Fahrzeuge: Kritik an vertraglichen Diskussionen mit dem Hersteller

Die Priorität müsse aktuell auf der schnellstmöglichen Fertigstellung und Lieferung der neuen Bahnen liegen. Derzeit sei aber der Austausch mit dem Hersteller „von vertraglichen Diskussionen geprägt“, so Wittig. Schuld daran seien die Düsseldorfer Verantwortlichen. Bei ihnen sei keine Bereitschaft zu einer zeitnahen Lösungsfindung erkennbar. Auch hier wünscht sich die DVG „von unserem Kooperationspartner“, dass man „miteinander redet und nicht über Medien oder Dritte“.

Teils ganzer starker Tobak also, das Schreiben an den Duisburger Ausschuss. Die Rheinbahn widerspricht Wittig zunächst auf Nachfrage der Redaktion und teilt mit, dass sie sich mit der DVG „in einem lösungsorientierten Austausch zur gemeinsamen Stadtbahnlinie U79“ befinde. Ansonsten bittet das Düsseldorfer Verkehrsunternehmen um „Verständnis, dass wir uns zu den Inhalten eines vertraulichen Schreibens nicht äußern“.

Düsseldorfer Grünen-Politiker nennt Vorwürfe eine Frechheit

Dafür hat Norbert Czerwinski, Vorsitzender des Verkehrsausschusses in der Landeshauptstadt, Redebedarf. Er nennt die Vorwürfe auf Nachfrage der Redaktion eine Frechheit. „Nach meinen Informationen spricht Düsseldorf fortlaufend nicht über, sondern mit Duisburg, also auch vor unserer letzten Sitzung des Verkehrsausschusses und sicher auch danach“, so der Grünen-Politiker.

Und: „Wir tun weiter gerne alles dafür, um den Fahrplan auf der U79-Linie zu stabilisieren. Dazu gehört aber auch, alle zur Verfügung stehenden Fahrzeuge auf die Schiene zu setzen.“ Czerwinski spricht damit das Angebot einer größeren Bahn-Leihe an die DVG an: „Die vertraglichen Konditionen haben sich nicht geändert. Wir wollen für die Fahrzeuge nicht mehr Geld haben als in der Vergangenheit.“

Auch interessant

>> U79: VERKEHRSCLUB NIMMT DVG IN DIE PFLICHT

  • Die Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) steht wegen der Probleme auf der U79-Linie zunehmend unter Druck.
  • Zuletzt hatte der Verkehrsclub Deutschland (VCD) die Situation auf der U79 als „unerträglich“ für die Fahrgäste kritisiert und die DVG in die Pflicht genommen.
  • „Schluss mit den Sardinendosen“ – so die Forderung der VDC-Ortsgruppen in Duisburg und Düsseldorf mit Blick auf die schnell überfüllten Solowagen.