Duisburg. Die neuen Pläne für ein Duisburger Tierheim stoßen auf Widerstand. Was Anwohner in Asterlagen fürchten und vorhaben. Wie die Stadt reagiert.
Der geplante Neubau eines Tierheims für Duisburg erhitzt weiter die Gemüter. Es soll nicht mehr mitten im Businesspark Asterlagen entstehen. Anlieger hatten mit Klage gedroht, außerdem gibt es laut Stadt einen größeren Flächenbedarf (wir berichteten). Auserkoren ist stattdessen nun eine 25.000 Quadratmeter städtische Fläche, die derzeit noch landwirtschaftlich genutzt wird, gegenüber dem Businesspark auf der anderen Seite der Essenberger Straße. Die Politik hat in der jüngsten Ratssitzung grünes Licht für die weiteren Planungen gegeben.
Doch auch der neue Standort sorgt für massive Kritik. Bewohnerinnen und Bewohner der nahegelegenen Bergmannssiedlung Diergardt stellen klar: „Auch wir werden uns wehren!“ Die Nachricht hat sich dort mittlerweile wie ein Lauffeuer verbreitet. „Es ist für uns eine sehr abrupte Entscheidung – und eine sehr unglückliche“, sagt etwa Ute Wöhlert.
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Kritik an der Stadt Duisburg: Anwohner wollen sich gegen neues Tierheim wehren
Sie wohnt mit ihrer Partnerin am Ende des Mühlenwegs, der dort in einer Sackgasse endet – wenige hundert Meter von der vorgesehenen Neubaufläche entfernt. Viele hätten von den Plänen erst aus den Medien erfahren. „Die Stadt hat sich bei uns bisher nicht gemeldet und nicht informiert“, beklagt ihre direkte Nachbarin Gabi Marschall.
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Sie hat ein paar ebenfalls betroffene Anwohnerinnen zusammengetrommelt. „Wir haben überhaupt nichts gegen Tiere und auch nichts gegen ein Tierheim – ganz im Gegenteil“, betonen alle unisono. Allerdings sei der dafür vorgesehene Standort absolut ungeeignet, viel zu nah an der Wohnbebauung.
Angst vor dauerhaftem Lärm durch Hundegebell
Die größte Befürchtung: dauerhafte Lärmbelästigungen durch Hundegebell. Außerdem seien Konfrontationen, wenn künftig 80 Tierheimhunde Gassi gehen, mit anderen Vierbeinern programmiert.
Darüber hinaus geht die Angst vor Ungeziefer sowie einer Ratten- und Mäuseplage um. „Das passiert halt schnell bei einem Tierheim“, sagt Gabi Marschall. „Außerdem wird durch den Neubau ein Naherholungsgebiet kaputt gemacht und Wildtiere wie Waldohreulen, Rehe, Füchse, Igel, Reiher und Fasane verdrängt“. Hinter der zu bebauenden Fläche befinde sich ein kleines Feuchtgebiet, das Fröschen und Kröten Lebensraum biete.
Doris Hagmanns nickt. „Es geht uns nicht nur um das Tierheim“, stellt die Anwohnerin klar. „Diese Fläche im Außenbereich gehört grundsätzlich nicht bebaut.“ Die Siedlergemeinschaft hat sich deshalb in einem Schreiben an den Naturschutzbund (Nabu) und BUND gewandt und um Unterstützung im Kampf gegen die städtischen Pläne gebeten.
Nach Versiegelung der Fläche: Steht das Wasser künftig im Garten und Keller?
Die Anwohner sehen die Versiegelung noch aus einem anderen Grund problematisch. Schon jetzt gebe es in diesem Bereich Pumpstationen, die Grundwasser abpumpen. Die bange Frage: Steht künftig das Wasser im Garten und Keller?
Ingrid Strauß (73) macht derweil mit einigen Anwohnern einen kleinen Spaziergang an dem Acker vorbei, auf dem das neue Tierheim gebaut werden soll. Die 73-Jährige ist nicht unmittelbar betroffen, wohnt zwar auch am Mühlenweg, aber weiter entfernt. Trotzdem ärgert sie sich.
Schöne Siedlung mit vielen renovierten, alten Zechenhäusern
„Die Siedlung hatte früher einen schlechten Ruf, aber mittlerweile ist sie richtig schön geworden“, erzählt Ingrid Strauß. „Sie würde durch ein Tierheim hier entwertet. Viele der alten Zechenhäuser wurden renoviert. Da ist viel Mühe und Geld reingesteckt worden.“
Steffi Breuer kann das bestätigen. Im April 2023 hat sie an der Straße „Steinbring“ eine Doppelhaushälfte gekauft, in der ihre Eltern und Großeltern vorher zur Miete gewohnt haben. Der Vater und Opa waren Bergleute. In der Siedlung ist sie groß geworden – und dort will sie bleiben. „Hier kennt jeder jeden“, betont sie.
Erst seit ein paar Wochen sind die Modernisierungsarbeiten an ihrem Eigenheim samt Anbau abgeschlossen. Steffi Breuer befürchtet eine Wertminderung bei einem späteren Verkauf, wenn das neue Tierheim nur wenige hundert Meter entfernt gebaut wird. „Ich habe im Sauerland mal in einem solchen Heim gearbeitet und weiß, was das bedeutet“, sagt sie. „Die Hunde bellen rund um die Uhr. Davor habe ich Angst.“
Eine Bewohnerin eines Vier-Familien-Hauses an der Deichstraße, das noch näher an der für das Tierheim vorgesehenen Ackerfläche liegt, sagt: „Hinten raus gibt es schon den Schäferhundeplatz und dahinter die Hundeschule. Dadurch haben wir ja schon Gebelle, aber ein Tierheim ist noch einmal etwas ganz anderes.“
Frage nach Alternativflächen
Sie fragt sich, warum in Duisburg kein besserer Standort gefunden wurde. Sogar in Asterlagen gebe es Alternativen, sagt eine andere Anliegerin. Sie nennt zum Beispiel die landwirtschaftlich genutzten Flächen hinter dem Briefzentrum. „Die gehören der Stadt und da gibt es keine Anwohner“, betont sie.
Auf Nachfrage der Redaktion teilt die Stadt mit, dass sie „vor dem Hintergrund der deutlich vergrößerten räumlichen Anforderungen“ die Suche nach einem geeigneten Tierheim-Standort auch auf andere Außenbereichsflächen ausgeweitet habe. Das nun vorgesehene Grundstück an der Essenberger Straße „hat sich als geeignet herausgestellt“, sagt Stadtsprecher Malte Werning.
Warum aber sind die betroffenen Menschen in der Siedlung bisher nicht über die Pläne der Stadt informiert worden? Die Politik habe erst in der Ratssitzung am 15. April grünes Licht dafür gegeben. Erst dadurch habe die Stadt den Auftrag erhalten, die aktuelle Tierheim-Planung weiterzuverfolgen. Damit werde die Duisburger Infrastrukturgesellschaft (DIG) beauftragt.
„Die Fragen und Befürchtungen der Anwohner werden im Baugenehmigungsverfahren behandelt und durch die zuständigen Stellen geprüft“, erklärt Werning. Diese geschehe aber erst, nachdem ein Bauantrag durch die DIG gestellt worden ist. Ein Bebauungsplan müsse nicht aufgestellt werden.
Der Hintergrund: Die Stadt will das neue Tierheim ausnahmsweise „als privilegiertes Vorhaben im Außenbereich“ nach Paragraf 35 des Baugesetzbuches beantragen und realisieren. Für eine entsprechende Bebauung oder Umnutzung müssen allerdings ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Privilegiert ist zum Beispiel eine landwirtschaftliche Nutzung. Eine solche Fläche weist der Flächennutzungsplan aktuell für das auserkorene Grundstück an der Essenberger Straße aus.
Klage denkbar
Auch in anderen Städten sollten schon Tierheime im Außenbereich gebaut werden. Mit der Frage, ob dies zulässig ist, haben sich Gerichte in der Vergangenheit beschäftigt – mit unterschiedlichem Ausgang. Die betroffenen Menschen aus der Bergmannssiedlung überlegen, sich rechtlichen Beistand zu holen und behalten sich eine Klage gegen die Tierheim-Pläne vor. „Bürgerinnen und Bürger haben grundsätzlich die Möglichkeit, Baugenehmigungen gerichtlich überprüfen zu lassen“, sagt der Stadtsprecher dazu.
Es wäre nicht der erste Kampf, den die Menschen aus der Bergmannssiedlung mit der Stadt ausfechten. Sie haben sich schon gegen die Erweiterungspläne des Businessparks gewehrt. Dabei spielte der große Acker, auf dem nun ein Tierheim gebaut werden soll, eine zentrale Rolle.
>> „SPIELSTUBE“ IN ASTERLAGEN FREUT SICH AUF TIERHEIM
- Ebenfalls nah an der für den Tierheim-Neubau vorgesehenen Fläche in Asterlagen befindet sich „Die Spielstube“.
- Tagesmütter betreuen dort insgesamt zehn Kinder unter drei Jahren.
- Inga Müller ist eine von ihnen. „Wir haben nichts gegen ein Tierheim in direkter Nachbarschaft und befürchten auch keine Lärmbelästigungen. Allerdings sind wir nicht den ganzen Tag vor Ort“, sagt sie. „Für die Kinder wäre es sicher schön und eine tolle Gelegenheit, die Tiere zu besuchen.“