Duisburg. In Duisburg trainieren Freizeit-Krieger mittelalterlichen Vollkontaktkampf. Einige fahren nun mit der Nationalmannschaft zur WM nach Mexiko.

Unter der A 59 in Duisburg-Wanheimerort geht’s auf Zeitreise ins 14. Jahrhundert: Regelmäßig tauschen hier Männer und eine tapfere Frau ihre Alltagsklamotten gegen Ritter-Rüstungen. Die „Ruhrpott Knights“ betreiben mittelalterlichen Vollkontaktkampf, „Buhurt“ genannt. Einmal Ritter sein? Obacht - wenn die Freizeit-Krieger aufeinandertreffen, geht es nicht gerade zimperlich zu.

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Sieht man die Ritter vor sich, fühlt man sich wie in einem Historienfilm. „Wir machen hier keine Live-Rollenspiele, sondern echten Sport. Deshalb wird man uns auch nicht auf Mittelalter-Märkten finden, es sei denn, dort ist gerade ein Turnier“, erklärt der Oberhausener Chris Elgsnat, einer der Gründer und Trainer des Vereins. Im Training kämpfen er und seine Kameraden mit stählerner Faust und eisernem Herzen. Die Ruhrpott Knights gehören zur „Eisen-Liga“, dem Verband für historisch gerüsteten Vollkontakt-Kampf.

Sportler kommen aus dem ganzen Ruhrgebiet zum Training nach Duisburg

Dennis Schürfeld gehört zu den Team-Mitgliedern in Duisburg. Im normalen Leben arbeitet er bei einer Stadtverwaltung.
Dennis Schürfeld gehört zu den Team-Mitgliedern in Duisburg. Im normalen Leben arbeitet er bei einer Stadtverwaltung. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Eine Trainingsmöglichkeit zu finden, war gar nicht so einfach, schließlich ist der Sport nicht besonders bekannt. Jens Lobert, Betreiber des Handwerkerhofs in Wanheimerort, hat ein Herz für die Jungs. „Die Bekloppten passen hier gut hin“, erklärt er und lacht. Mit seinem „Rheingold“-Bier tritt er sogar als Sponsor für die Mannschaft auf. Interessiert schaut er zu, wie sich die Sportler vorbereiten. Die Brüstung darf in den Kampf miteinbezogen werden. „Besser ein Stückchen wegbleiben“, rät Elgsnat dem Publikum. Und dann geht’s rund.

„Buhurt“ ist mittelhochdeutsch und bedeutet stoßen. Gekämpft wird im Einzel-Duell oder als Mannschaft im Training fünf gegen fünf. Bei Wettkämpfen gehören jeweils acht Personen zum Team. Eine Runde dauert fünf Minuten, ein Schiedsrichter überwacht, ob im abgesteckten Trainingsbereich alles fair zugeht. Ziel ist es, den Gegner zu Fall zu bringen. Erlaubt ist dabei fast alles: schlagen, treten, schubsen. Nur Kniekehlen und Nacken sind tabu. Wer am Ende die meisten stehenden Personen auf dem Feld hat, gewinnt.

Chris Elgsnat (re.) ist Trainer der Ruhrpott Knights. „Das ist kein Live-Rollenspiel, wir machen hier Sport.“
Chris Elgsnat (re.) ist Trainer der Ruhrpott Knights. „Das ist kein Live-Rollenspiel, wir machen hier Sport.“ © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Zu dritt bearbeiten gerade drei Ritter einen Gegner. Das sieht brachial aus. Sie drängen ihn in die Ecke, schlagen mit dem Schwert auf die Arme, versuchen Beinchen zu stellen. Und wenn ein gestandener Kämpfer samt seiner rund 40 Kilo wiegenden Rüstung den Boden küsst, scheppert’s ordentlich. „Wir kloppen uns nicht nur, sondern dahinter steht jede Menge Technik“, betont Chris Elgsnat. Dennis Schürfeld, erfahrener Sportler und Teil der deutschen Nationalmannschaft, stimmt zu: „Einiges kann man vielleicht aus dem Judo adaptieren, wenn auch in abgewandelter Form. In Rüstung ist das etwas ganz anderes.“ Im Hauptberuf arbeitet er übrigens bei einer Stadtverwaltung.

Viele Sportler lassen sich die Rüstung auf den Leib schmieden

Damit sich die Krieger nicht allzu weh tun oder gar verletzen, tragen sie zahlreiche Polster. Nach kurzen Aufwärm-Übungen legen sie Wamse an, Brustpanzer, eisernes Beinkleid, Armschienen, Handschuhe und stülpen Metallschuhe über die normalen Treter. Viele lassen sich ihre Rüstungen auf den Leib schmieden. „Die meisten fahren dafür nach Osteuropa“, erklärt Dennis Schürmann. Rund 3000 Euro hat er für sein Outfit bezahlt. „Da ist ein bisschen Spiel, aber man sollte besser nicht zu viel zu- oder abnehmen“, erklärt er lächelnd.

Der Sport ist ganz schön schweißtreibend. Viele Kämpfer betreiben noch andere Sportarten, um sich für die Duelle oder den Gruppenkampf fit zu machen. Der Eisen-Liga-Verband zählt momentan deutschlandweit 15 Mitgliedsvereine. Das Ruhrpott-Team ist recht erfolgreich – und stellt vier Mitglieder für die Nationalmannschaft. Anfang Mai geht’s für sie zur Buhurt-Weltmeisterschaft nach Mexiko.

Bei der Vorbereitung gab’s nur ein schwerwiegendes Problemchen: Wie bitte schön soll man eine Rüstung befördern, wenn man auch noch ein paar normale Klamotten mitnehmen möchte? Zum Glück konnten sie sich mit der Fluggesellschaft auf Sondergepäck einigen. Gemeinsam hoffen sie, den Sport bekannter zu machen und mit dem Vorurteil aufzuräumen, dass es sich dabei nur um mittelalterliche Prügeleien handelt. Und natürlich wollen sie den amtierenden Finnen und Spaniern auch ihre Titel streitig machen.

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Dennis Schürfeld in seiner Rüstung. Ziel ist es, den Gegner von den Beinen zu holen.
Dennis Schürfeld in seiner Rüstung. Ziel ist es, den Gegner von den Beinen zu holen. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Wer einmal selbst ausprobieren möchte, wie so ein Kampf funktioniert: Der „mittelalterliche Fechtklub Duisburg e.V“ trainiert regelmäßig sonntags. „Jeder ist eingeladen, vorbeizuschauen und mitzumachen“, sagt Chris Elgstnat. Wer Interesse hat, kann sich unter der Rufnummer 0162 7425583 oder per Mail an mfcduisburg@gmail.com melden.