Duisburg. Die Duisburger Philharmoniker haben sich mit dem „Streitkonzert“ an ein neues Format gewagt. Der Zuschauerzuspruch war noch verhalten. So war es.

Mit einem „Streitkonzert“ stellten die Duisburger Philharmoniker ein neues Format vor, das eine Menge Zukunftspotential verspricht. Der Besucherandrang in der Mercatorhalle zum Thema „Liszt gegen Brahms“ hielt sich zwar noch in Grenzen, dürfte sich aber steigern lassen.

Denn die mögliche Befürchtung, die Beteiligung zweier musikwissenschaftlicher Experten könnte in einen trockenen theoretischen Diskurs münden, erfüllte sich glücklicherweise nicht. Den Ton gaben die Philharmoniker an, die in großer Besetzung sechs themenbezogene Leckerbissen präsentierten.

Duisburger Philharmoniker mittendrin im „Streikonzert“

Das Motto des Abends zielt auf den im 19. Jahrhundert aufgekommenen Streit zwischen Verfechtern der sogenannten „absoluten“ und der „Programmmusik“ ab. Also zwischen den scheinbar gegenteiligen Einstellungen, Musik als „tönend bewegte Form“ ohne außermusikalische Inhalte zu verstehen, für die Brahms zum Gralshüter erkoren wurde, oder als Musik mit ideellen oder konkreten Inhalten. Eine Richtung, die Hector Berlioz und Franz Liszt mit ihren „Symphonischen Dichtungen“ einschlugen.

 Beim „Streitkonzert“ durfte auch gelacht werden.
 Beim „Streitkonzert“ durfte auch gelacht werden. © Marie Laforge

Die Disputanten, Dr. Kerstin Schüssler-Bach vom Boosey & Hawkes Verlag sowie Reinhard Brembeck von der Süddeutschen Zeitung nahmen die divergierenden Positionen von Brahms und Liszt ein. Dabei entstanden lockere, mit amüsanten Anekdoten und Zitaten garnierte Streitgespräche in kultiviertem Tonfall ohne allzu viel Fachchinesisch, die den Konflikt letztlich als „Sturm im Wasserglas“ entlarvten. Spätestens seit Beethoven sei jedem bewusst geworden, dass Musik ohne Idee ebenso unmöglich und sinnlos sei wie Musik ohne Form.

Was die klingenden Beispiele angeht, beschränkte man sich für das Brahms-Lager auf dessen Finalsatz aus der 4. Symphonie, einem Variationssatz in barocker Manier ohne ausdrücklichen außermusikalischen Gehalt. Die „Programmmusiker“ waren gleich mit fünf Werken vertreten, wobei sich gerade an den Beispielen Beethovens und Schumanns zeigen ließ, wie schwer oder unmöglich sich die ästhetischen Positionen trennen lassen. Im Unterschied zu handfesten themenbezogenen Stücken wie Berlioz‘ „Gang zum Richtplatz“, Liszts „Prometheus“ oder Richard Strauss‘ „Till Eulenspiegels lustige Streiche“.

Das sind natürlich Werke von besonderer Effektivität, die die Duisburger Philharmoniker unter Leitung des Braunschweiger Generalmusikdirektors Srba Dinic mit dynamischem Nachdruck zum Klingen brachten. Etwas mehr an Transparenz und klanglichem Feinschliff hätten dagegen Beethovens „Egmont“-Ouvertüre und Schumanns „Manfred“-Ouvertüre nicht geschadet.

Das Publikum reagierte äußerst interessiert und mit lang anhaltendem Beifall auf die musikästhetische Lehrstunde. An Themen für ähnliche Projekte dürfte es nicht mangeln.