Duisburg. Was bedeutete Papas Job als Schiffskapitän eigentlich für Frau und Kind? Eine neue Ausstellung in Duisburg gibt spannende Einblicke.

Wie haben Schifferfamilien früher gelebt? Waren Frau und Kinder mit unterwegs – und mussten sie an Deck helfen? Oder waren sie an Land und warteten, bis der Vater nach seiner Tour wieder nach Hause kam? Die Sonderausstellung „Familien unter Dampf“ beleuchtet im Deutschen Binnenschifffahrtsmuseum in Duisburg-Ruhrort ab sofort die menschlichen Aspekte der Industrie- und Wirtschaftsgeschichte zwischen 1830 und 1970.

Dennis Beckmann und Patrick Hayes präsentieren die Ausstellung. Fotos geben den Besuchern Einblicke in Alltagssituationen an und unter Deck.
Dennis Beckmann und Patrick Hayes präsentieren die Ausstellung. Fotos geben den Besuchern Einblicke in Alltagssituationen an und unter Deck. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Zu sehen sind nicht nur viele Fotos von alltäglichen Situationen, sondern auch Gegenstände wie ein Bügeleisen, Fahrtenbücher und ein Fahrrad, mit dem man beim Landgang mal eben zum Einkaufen fahren konnte. Tondokumente mit Zeitzeugen machen die Eindrücke noch anschaulicher. Mit dem Auftakt der Schau enden am Wochenende auch die „Duisburger Akzente“, die diesmal unter dem Titel „Familie“ standen.

Duisburger Museum rückt menschliche Aspekte in den Mittelpunkt der Binnenschifffahrt

Das Bild zeigt einen Schiffsführer oder Matrosen am liegenden Steuerrad, Haspel genannt. Das Foto stammt etwa aus den 1920er Jahren. Der Fahrstand verfügte schon über ein Dach, das den Schiffsführer oder den ablösenden Matrosen vor Regen und Sonne schützte. 
Das Bild zeigt einen Schiffsführer oder Matrosen am liegenden Steuerrad, Haspel genannt. Das Foto stammt etwa aus den 1920er Jahren. Der Fahrstand verfügte schon über ein Dach, das den Schiffsführer oder den ablösenden Matrosen vor Regen und Sonne schützte.  © RR | Foto-Archiv Museum der Deutschen Binnenschifffahrt

„Es ist schon so, dass in der Vergangenheit mehr die technischen Aspekte der Schifffahrt beachtet worden. Für diese Ausstellung können wir mal ganz andere Exponate aus unserem Magazin präsentiert“, erklärt Dr. Dennis Beckmann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter. Gemeinsam mit Patrick Hayes hat er die Ausstellung kuratiert. Außerdem hat er Zeitzeugen interviewt, die ihren Alltag an Deck beschrieben haben.

„Währen der Zeit der Schleppschifffahrt im 19. und 20. Jahrhundert hatte der Beruf des Binnenschiffers großen Einfluss auf den Alltag seiner Familie. Die Familien lebten zusammen an Bord, konnten aber schlecht Kontakt zu Menschen an Land und auf anderen Schiffen halten“, heißt es auf einer Tafel: Handys gab es ja damals noch nicht und eine Postanschrift hatte so ein Kahn auch nicht. An Schleusen, in Kneipen oder Reedereibüros konnten die Schiffer telefonieren.

Die ersten Fernsprechgeräte gab es erst ab 1970 an Bord. Meist waren die Kinder mit den Eltern unterwegs. Und wenn sie in die Schule mussten, entschied sich die Mutter oft, mit ihnen an Land zu bleiben. In den Ferien ging es dann wieder gemeinsam auf große Tour.

Mit einem Fahrrad wie diesem sind die Schiffer auch heute noch mobil, um an Land beispielsweise etwas einzukaufen. Das Rad is eine Leihgabe aus dem Stadthistorischen Museum und war mal ein Werksfahrrad.
Mit einem Fahrrad wie diesem sind die Schiffer auch heute noch mobil, um an Land beispielsweise etwas einzukaufen. Das Rad is eine Leihgabe aus dem Stadthistorischen Museum und war mal ein Werksfahrrad. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Zeitzeugen schildern wie sie als Kinder in den Ferien auf dem Schiff gespielt oder geholfen haben

Kurze Ausschnitte aus den Gesprächen können die Besucher sich selbst anhören. Etwa, wie sich eine Frau erinnert, wie sie an Deck spielte und sich einmal bei einem Sprung das Schienbein verletzte. Passend dazu ist in einer Vitrine ein Erste-Hilfe-Kasten ausgestellt. Die sterilen Verbände von damals sind heute aber nicht mehr zu empfehlen...

An einer anderen Hörstation schildert ein Mann, wie er als Junge ganz selbstverständlich beim Laden und Löschen anpacken musste. Auch fegen an Deck gehörte zu seinen Aufgaben. Manchmal ging er der Mama zu Hand. „Die Schifferfrauen kümmerten sich um die klassischen Haushaltsaufgaben, übernahmen in manchen Partikulierfamilien aber auch die Aufgaben von Schiffsführern oder Matrosen“, lernen die Besucher. Auf den Schleppkähnen gab es meist kein Strom. Gewaschen wurde von Hand und gekocht auf einem Kohleofen. Kühlschränke hielten erst in den 1950er Jahren Einzug an Bord.

Bei einem kleinen Versuch können die Besucher selbst ausprobieren, wie man ein Boot treidelt.
Bei einem kleinen Versuch können die Besucher selbst ausprobieren, wie man ein Boot treidelt. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Auf einer anderen Aufnahme sind Frauen und Kinder zu sehen, wie sie ein Schiff ziehen, treideln wird diese Methode genannt. Wer sich nun wundert, wie die vermeintlich Schwachen das geschafft haben, kann selbst experimentieren, wie das Treideln funktioniert. Patrick Hayes und das Technikteam des Museums haben einen kleinen Wagen beladen, den man auf einer Spur ziehen kann. Daneben liegt ein ebenfalls beladenes Modellschiff. Durchs Wasser gleitet die Fracht direkt viel leichter.

>>Sonderausstellung ist bis 2025 zu sehen

Die Sonderausstellung wird bis 2025 im Binnenschifffahrtsmuseum zu sehen sein. Teile der Schau werden danach voraussichtlich in die Dauerausstellung übernommen. Am Eröffnungstag, am Samstag, 23. März, ist der Eintritt ins Museum frei. Ab 14 Uhr beginnt eine Kuratorenführung. Auch im Laufe des Jahres sind weitere Veranstaltungen und Vorträge geplant.

Geöffnet hat das Museum an der Apostelstraße 84 jeweils dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr. Der Eintritt für Erwachsene koset 4,50 Euro, Kinder von sieben bis 18 Jahren zahlen zwei Euro. Donnerstags gilt „Pay, what you want“ - zahle, was du willst.