Duisburg. LebensRäume ist einer der großen Wohnstätten-Träger in Duisburg. Warum er seine Arbeit für Menschen mit Behinderung akut gefährdet sieht.

Die Träger von Wohnstätten für Menschen mit Behinderung leiden unter akutem Personalmangel. Mit einer großen Kampagne suchen deshalb die Duisburger LebensRäume nach Fachkräfte für Pädagogik und Pflege. Bleibt Verstärkung aus, sei der Betrieb der acht Standorte gefährdet, warnt Geschäftsführer Michael Reichelt: „Ohne Personal dürfen wir die Leistungen nicht erbringen.“

An sieben Duisburger Standorten 180 Plätze für Menschen mit Behinderung

Obwohl die 180 Bewohner der LebenRäume-Häuser in größtmöglicher Unabhängigkeit selbstbestimmt leben sollen, bleibt die Betreuung personalintensiv. Rund 160 Mitarbeitende zählt der Träger, darunter Fach- und Hilfskräfte der Alten-, Heilerziehungs- und Familienpflege, Erzieherinnen und Sozialassistentinnen.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

„Im Vergleich zu Senioreneinrichtungen und Krankenhäusern, bei denen der Schwerpunkt auf der reinen Pflege liegt, ist die Arbeit hier deutlich abwechslungsreicher“, erklärt Petra Wosnitzka, die pädagogische Leitung. Es gelte, gemeinsam mit den Bewohnern – viele sind in der Werkstatt beschäftigt – den Haushalt zu organisieren und sie, soweit erforderlich, bei der Freizeitgestaltung zu begleiten.

Ohne Schicht-, Nacht- und Wochenend-Arbeit geht es nicht

Die Schicht-, Nacht- und Wochenend-Arbeit sei der große Wettbewerbsnachteil in der harten Konkurrenz um Fachkräfte, berichtet Petra Wosnitza. Trotz aller Bemühungen, durch neue Arbeitszeit-Modell mehr Flexibilität in das starre Wechselschicht-System zu bringen, sei nicht alles möglich: „Ab Freitag Feierabend bis Montag, das ist schwierig.“

Mit den Erwartungen vieler junger Menschen an ihren Beruf sei das nur schwer vereinbar, sagt auch Michael Reichelt. Die schwierige Vereinbarkeit von Beruf und Familie bleibe ein Hindernis für Frauen, gerade jene, die nach Erziehungszeiten in den Job zurückkehren wollen.

Auch interessant

Träger beklagen: Zu viele Hürden für einen beruflichen Aufstieg

Mehr Durchlässigkeit in den Berufsbildern sei wichtig, um die Attraktivität zu erhöhen, sagt der Geschäftsführer. Doch der Aufstieg zur Fachkraft etwa von Kinderpflegerinnen oder Pflegehelferinnen sei trotz zweijähriger Ausbildung auch mit viel Berufserfahrung nur schwer möglich: „Dabei wären wir bereit, sie zu qualifizieren.“

Eigenen Nachwuchs bilden die LebenRäume über das PIA-Programm (PraxisIntegrierteAusbildung) an, für Bachelor-Studierende der sozialen Arbeit gibt es einen dualen Studiengang. Fachkräfte der Gesundheitspflege kommen auch aus den Pflegeschulen.

Geschäftsführer: Qualifizierte Zuwanderung ist unverzichtbar

Ausreichend, um den Bedarf zu decken, sei das nicht, erklärt Reichelt: „Wir müssen in hohem Maße auf Leiharbeit zurückgreifen.“ Die sei erstens „extrem teuer“, zweitens sei es bei befristeten Einsätzen schwer, Routinen kennenzulernen und Vertrauen zu den Bewohnern aufzubauen.

Der Personalmangel, fürchtet der Geschäftsführer, werde die Lebensräume und 40 weiterere Duisburger Sozialunternehmen, die in einer Trägerkonferenz zusammenarbeiten, die nächsten zehn bis 15 Jahre begleiten. „Qualifizierte Zuwanderung ist deshalb unerlässlich.“ Es ist ein weiteres Thema, bei dem die Träger über ihre Spitzenverbände bei der Politik Druck machen.

Träger wünschen sich Duisburger Imagekampagne für Fachkräfte

Zwar werbe man um die gleichen Fachkräfte, alle Mitglieder der Trägerkonferenz hätten aber versprochen, weder offene Abwerbungen zu betreiben noch Wechselprämien zu zahlen, berichtet Michael Reichelt. Wünschen würde er sich eine Imagekampagne der Stadt für Fachkräfte. „Sie ist dem Bericht zur Duisburger Sozialwirtschaft des Wirtschaftsdezernenten leider bisher nicht gefolgt.“

Duisburg habe Vorteile, mit denen es werben könnte, ist auch Petra Wosnitzka überzeugt: „Von den Gehältern, die in unseren Berufen gezahlt werden, wird niemand reich. Aber man kann davon in dieser Stadt im Gegensatz zu anderen gut leben. Das schätzen viele unserer zugezogenen Mitarbeitenden.“

KAMPAGNE: DU HAST UNS GERADE NOCH GEFEHLT

  • Gesellschafter der LebenRäume sind die Lebenshilfe Duisburg, die Lions, die Werkstatt für Menschen mit Behinderung und der VKM.
  • Für Fachkräfte wirbt der Träger mit den Motto: „Du hast uns gerade noch gefehlt“. Der Slogan wurde durch einen Wettbewerb in der Belegschaft ermittelt.
  • Es gibt Banner und Schilder vor der Geschäftsstelle am Ruhrdeich 20, außerdem werden Postkarten und Flyer in Duisburg verteilt. Außerdem wendet sich der Träger über seine Social-Media-Kanäle an seine Zielgruppe. Kontakt und Info: www.lebensraeume-duisburg.de