Duisburg. Oberbürgermeister Sören Link als „Säge-Sören“ beschimpft: Am Jahrestag der Wedauer Baumfällung formiert sich Protest gegen Duisburgs Baumpolitik.

Genau ein Jahr war die Fällung der 26 Bäume an der Wedauer Straße am 18. Februar her. Eine Aktion am Sonntag zeigt: Die Anwohner haben ihre Platanen nicht vergessen. Aus einer Fahrraddemo ab dem Duisburger Rathaus wird ein scharfer Protest gegen die Baumpolitik der Stadtverwaltung.

„Wir werden von einem breiten, bürgerschaftlichen Bündnis unterstützt, denn viele Menschen in Duisburg lehnen diese Art von Baumpolitik ab“, sagt ADFC-Duisburg-Sprecher Herbert Führmann zum Auftakt. Die Strecke nach Wedau führte unter Polizeibegleitung nicht ganz unabsichtlich an Mercatorstraße und Koloniestraße vorbei, wo in den vergangenen Jahren auch größere Fällaktionen von altem Baumbestand stattgefunden haben.

Nach Kahlschlag: Anwohner nennen Wedauer Straße „Säge-Sören-Autopiste“

Die Radler kommen an den Bauzäunen und Baggern der Erdarbeiten an der Wedauer Straße vorbei, wo vor exakt einem Jahr die 26 alten Platanen der denkmalgeschützten Siedlung Gartenstadt Wedau trotz aller Proteste abgesägt wurden. Am Treffpunkt Regattaturm werden sie von Anwohnern und Aktiven von Umweltverbänden wie BUND, Klimaentscheid Duisburg, NABU und Politikerinnen von den Grünen, den Linken und VOLT erwartet. Gemeinsam benennen die rund 80 Teilnehmer in einer satirischen Aktion die kahlgeschlagene Straße in „Säge-Sören-Autopiste“ um.

Ich habe bei der Fällung um jeden Baum richtig weinen müssen.
Heidi Huhnholz - Anwohnerin

Anwohnerin Heidi Huhnholz denkt noch immer, sie hätte sich verlaufen, wenn sie jetzt in die veränderte Wedauer Straße einbiegt. „Ich habe bei der Fällung um jeden Baum richtig weinen müssen“, erinnert sie sich.

Rund 80 Teilnehmer beteiligten sich am Protest gegen Oberbürgermeister Sören Link (SPD) und die Baumpolitik seiner Verwaltung.
Rund 80 Teilnehmer beteiligten sich am Protest gegen Oberbürgermeister Sören Link (SPD) und die Baumpolitik seiner Verwaltung. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Nun fürchten sie und andere Anwohner, dass die Erdarbeiten für die Versorgungsleitungen der neuen Siedlung auf absehbare Zeit kein Ende nehmen werden. „Statt der Bäume haben wir jetzt nur Staub und Dreck ohne Ende hier“, sagte Anwohner Holger Bunkes.

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Die Rednerinnen kritisieren indessen die Informationspolitik der Stadt scharf. Man habe die Anwohner nur sehr formal angeschrieben, aber über das wahre Ausmaß der Planung lange im Dunkeln gelassen. „Ich habe in vielen Haustürgesprächen nicht einen Anwohner gefunden, der mit der Fällung einverstanden gewesen wäre“, erzählte Roman Bonitz von der Klimaliste. „Einigen Anwohnern ist am Telefon von städtischen Mitarbeiten die Information gegeben worden, dass die Bäume wegmüssten, weil sie krank seien.“

Kritiker der Fällung: Straßensanierung wäre baumschonend möglich gewesen

Diesem Argument widersprechen die anwesenden BUND-Mitglieder energisch. Ein Kölner Baumsachverständiger habe die Bäume untersucht und für kerngesund befunden, sagten sie. Auch das Anlegen eines neuen Radweges wäre laut ADFC und Landschaftsarchitektin Friederike Marwede ohne Fällung möglich gewesen, entsprechende Planungsvorschläge seien aber beim Planungsamt der Stadt aus Kostengründen auf wenig Gegenliebe gestoßen.

Auch die geplante Fernwärmeleitung hätte sich baumschonend verlegen lassen, das sei zwar ein Kostenfaktor, aber klimatechnisch trotzdem sinnvoll. Besonders in einer Stadt, die jetzt schon die bundesweite Hitzestatistik anführe.

Die grüne Bezirkspolitikerin Heide Apel sieht die großen Protestaktionen des vergangenen Jahres als ein zusammenführendes Element an. Ortsverbände und Interessengruppen hätten sich beim Kampf um die Bäume besser kennengelernt, das sei nützlich für die Planung weiterer Aktionen.

In den Reihen der Baumschützer wird das Plakat „Wehofen wird auch immer kahler“ hochgehalten. „Ich glaube, dass wir Anwohner aus beinahe jedem Duisburger Stadtteil finden könnten, die diese Beobachtung schon gemacht haben“, sagte Antje Albrecht von Klimaentscheid.

Forderung: 40 Jahre alte Platanen auf Wedauer Straße nachpflanzen

Es werden Forderungen laut, dass die angekündigten Ausgleichspflanzungen nicht aus kleinen Baumschösslingen unter 18 Zentimeter Stammdurchmesser bestehen dürften. Man solle stattdessen mehr Geld in die Hand nehmen und 40 Jahre alte Platanen nachpflanzen, wie vor dem Museum Küppersmühle geschehen, forderten die Umweltschützer.

Oberbürgermeister Sören Link hatte in einem Interview mit dieser Zeitung zu den Protesten betont: „Ich nehme das ernst und als große politische Herausforderung wahr. Klimaschutz ist aber mehr als Baumschutz.“ Roman Bonitz sagt mit Blick auf diese Äußerung: „Für den OB ist das Anwachsen der Proteste maximal peinlich. Er wird sich überlegen, wie viele solcher Aktionen er mit seiner Baumpolitik in Zukunft noch riskieren will.“ Und Kerstin Ciesla vom BUND fügt hinzu: „Wir werden auf jeden Fall weiter für jeden Baum in Duisburg kämpfen.“