Duisburg. Dirk Nowakowski (52) hat einen einzigartigen Job in Duisburg: Er steuert die Walsumer Rheinfähre. Aber was kommt nach seiner Zeit?
Dirk Nowakowski hat einen in Duisburg einzigartigen Job: Der 52-Jährige manövriert die Fähre „Glück auf“ zwischen Duisburg-Walsum und Rheinberg-Orsoy über den Rhein. Etwa 100.000 Autos im Jahr setzen mit ihm über. Dazu kommen, natürlich hauptsächlich im Sommer, unzählige Fahrradfahrer.
Eigentlich hat der Walsumer Gas-Wasser-Installateur gelernt. „In dem Job habe ich 19 Jahre gearbeitet und war auch ganz glücklich“, erzählt er. Zwar ist er mit der Fähre aufgewachsen, aber dass er sie mal selbst führen würde, war so nicht geplant.
Dirk Nowakowski ist schon über 20 Jahre Chef auf der Duisburger Fähre
„Mein Stiefvater hat die Fähre 44 Jahre betrieben. Er hatte den Plan, dass sein Sohn sie übernehmen soll, aber der wollte nicht. Also hat er mich gefragt“, lacht Nowakowski. Damals war der Walsumer 30 Jahre alt und überall in Deutschland auf Baustellen unterwegs.
Nowakowski freundet sich langsam mit dem Gedanken an, fest an einem Ort zu arbeiten und sagt seinem Stiefvater zu. „Erst dachte ich ja, das ist nichts für mich und es war anfangs auch komisch.“ Trotz anfänglicher Bedenken absolviert der Gas-Wasser-Installateur eine zweite Ausbildung, lernt drei Jahre lang Fährenführer. „Außerdem habe ich das große Rheinpatent gemacht, damit ich die Fähre selbst zur Meidericher Schiffswerft fahren kann.“ Seit 2004 ist Nowakowski der Chef auf der Brücke und sagt heute: „Es ist nie langweilig geworden. Ich habe damals alles richtig gemacht.“
Stammgäste besuchen den Fährmann auf der Brücke
Mehr noch: Die Fähre ist längst seine Passion. „Reich wird man mit einer Fähre nicht. Ich mache meinen Job wirklich aus Berufung.“ Wenn Dirk Nowakowski morgens gegen sechs Uhr auf seine Fähre kommt, kocht er erst einmal Kaffee. „Natürlich von Hand, der soll ja schmecken.“ In den Genuss kommt auch schon mal der eine oder andere Stammkunde, der den Fährmann auf ein Quätschen im Fahrhaus besuchen kommt. Im Gegenzug bringen sie Brötchen oder Eis mit. Man kennt sich auf der „Glück auf“.
Tiefschürfende Gespräche sind allerdings nicht drin: Die Überfahrt dauert je nach Wetter und Hochwasser-Lage nur drei bis sieben Minuten. „Manche meckern, wenn es zu schnell geht“, lacht Nowakowski. Kein Wunder: „Hier entschleunigt einfach alles“ und manche Pendler sprechen gar von einer „kleinen Kreuzfahrt“, die sie jeden Tag zweimal mit der Fähre unternehmen. „Wenn Schulklassen an Bord sind, fahre ich langsamer oder drehe einmal. Es geht schließlich auch darum, Spaß zu haben.“
Die Fähre wurde 1958 für einen Schacht gebaut, der nie realisiert wurde
Die Fähre ist seit 1958 auf dem Rhein unterwegs. Gebaut wurde sie vom Bergbau Walsum, weil in Rheinberg ein neuer Schacht geplant war. Daher der Name „Glück auf“. Das Projekt auf der anderen Seite wurde nie realisiert, die Fähre ist geblieben.
Ein echter Oldtimer: Nowakowski jongliert mit neun Hebeln, um sie ins richtige Fahrwasser zu steuern. „Hier ist noch alles mechanisch, ganz schön old school. Moderne Fähren fahren voll elektronisch.“ Aber das hat auch Vorteile: Viele Reparaturen, zum Beispiel am Antrieb, kann der 52-Jährige mit seinem Team selbst stemmen.
Vor Jahren hat der Walsumer überlegt, eine neue Fähre bauen zu lassen. „Das hätte mich vier Millionen Euro gekostet – viel zu teuer, das hätte sich nicht gerechnet.“ Deshalb wird die „Glück auf“ liebevoll gepflegt. Einmal im Jahr bekommt sie etwa einen neuen Anstrich verpasst, alle fünf Jahre muss sie beim TÜV auf den Prüfstand.
Mit dem Rennrad geht es auch schon mal nach Mallorca
In seiner Freizeit geht Dirk Nowakowski gerne im Lohheider See tauchen oder ist mit seinem Mountainbike oder Rennrad unterwegs – einmal im Jahr geht es mit Kumpels und dem Rad ein paar Tage nach Mallorca. „Eigentlich bin ich ein entspannter Mensch, wenn nur die wirtschaftlichen Sorgen nicht wären“, sagt er.
Erst Corona mit massiven Einbrüchen, dann die heftig gestiegenen Energiekosten und immer neue Vorschriften. „Allein der Zwang, auf elektronische Kassen umstellen zu müssen, hat mich 15.000 Euro gekostet. Vorher haben wir mit Kurbelkästen gearbeitet.“ Auch wegen der für Autos gesperrten Hubbrücke in Walsum muss Nowakowski Einbußen hinnehmen. Einige Kunden haben seiner Fähre den Rücken gekehrt, weil sie einen Umweg von vier Kilometern zum Anleger fahren müssen.
Fähren in anderen Städten bekommen Zuschüsse, die in Duisburg nicht
„Ich fühle mich einfach oft alleingelassen“, sagt der Fährmann. So werbe die Stadt mit seiner Fähre, verlange aber Geld von ihm, wenn er in der städtischen App genannt werden will. Der Walsumer fragt sich auch, warum er keine Zuschüsse wie der ÖPNV bekommt. „Es gibt Fähren in anderen Städten, die werden unterstützt.“
Hilfe bekommt er von der örtlichen Wirtschaft. „Firmen buchen Werbetafeln auf der Fähre. Allein mit dem Geld kann ich im Winter einen Monat überbrücken.“ Denn in der kalten Jahreszeit würde es sich für ihn eher rechnen, eine lange Pause einzulegen. Denn dann fehlen die Radfahrer, die der Fähre gutes Geld bringen. „Aber ich fahre das ganze Jahr durch, eine Winterpause will ich meinen Stammkunden nicht antun.“
Der Fährmann spielt mit dem Gedanken, die Fähre mit Anfang 60 für immer an die Kette zu legen. „Dann möchte ich mit meiner Frau Tanja im Wohnwagen durch die Lande fahren“, so der Plan. Dass seine Kinder in seine Fußstapfen treten, ist nicht zu erwarten: „Mein Sohn ist Softwareentwickler, meine Tochter fängt jetzt ihr Soziologie-Studium an.“ Sollte sich kein Nachfolger finden, wäre Duisburg um einen ganz besonderen Ort ärmer.