Duisburg. Seit September 2023 werden Sitzungen des Duisburger Rates live übertragen. So viele Bürger verfolgen die Entscheidungen des Stadtparlaments.

Die Sitzungen ihres Stadtrates können die Duisburger seit September am eigenen Bildschirm per Live-Übertragung verfolgen und die Aufzeichnungen später ansehen. Wie viele Bürger nutzen das Angebot? Nach drei Sitzungen, zwei regulären und einer Sondersitzung zur Zukunft des Immobilienmanagements IMD, ziehen wir eine Zwischenbilanz mit dem Livestream-Dienstleister Multibc (multiBroadCast), der die Übertragung aus der Mercatorhalle organisiert.

Duisburger Rat: Nach fünf Sitzungen wird neu entschieden

Der Rat hat im vergangenen Jahr eine Pilotphase für die Übertragungen für zunächst fünf Sitzungen beschlossen. Nach einer Bewertung der Zugriffszahlen durch den Ältestenrat wird dann über eine Fortsetzung der Livestreams entschieden.

Die Zahlen zu den Zuschauern und der Nutzungsdauer des Angebots liefert der Chef und Gründer von Multibc, Martin Bals. Bisher gibt’s keine Überraschungen, kann er berichten: „Die Resonanz in Duisburg bewegt sich in einem ähnlichen Rahmen wie in anderen Großstädten.“

Viele Großstädte an Rhein und Ruhr übertragen schon seit vielen Jahren

Bals, der den „Vollsortimenter im Bereich Livestreaming“ aus Niederkassel 2007 gründete, kann gut vergleichen. Er überträgt die Sitzungen aus elf Städten, darunter Köln, Düsseldorf, Leverkusen und Wuppertal. Im Gegensatz zu den Duisburgern, die sich erst nach langem Zögern der SPD/CDU-GroKo durchrangen, übertragen die Nachbarn schon seit vielen Jahren.

Die Entwicklung sei eigentlich überall gleich, sagt Bals: „Es gibt zum Start hohes Interesse, dann pendelt es sich überall auf gleichem Niveau ein.“ In Zahlen heißt das: zwischen 150 und 200 Zuschauer sind während der Sitzungen online. „Aber nicht immer die gleichen“, erläutert Bals, „das Publikum ändert sich mehrfach während einer Sitzung, die mindestens vier bis fünf Stunden dauert.“

Das Team von Multibc steuert während der Sitzung die Kameras, mit denen das Plenum, einzelne Redner oder die Verwaltungsriege mit OB Sören Link eingeblendet werden können.
Das Team von Multibc steuert während der Sitzung die Kameras, mit denen das Plenum, einzelne Redner oder die Verwaltungsriege mit OB Sören Link eingeblendet werden können. © Stadt Duisburg/Ilja Höpping | Ilja Höpping

Interesse an Themen entscheidet über Zeit vor dem Bildschirm

In Zahlen heißt das: Insgesamt rufen 1200 bis 2000 Bürger den Livestream auf. Nicht viel für eine 500.000-Einwohner-Stadt - aber ein vielfaches gemessen an der Handvoll Besucher, die sich bei den Ratssitzungen auf der Zuschauertribüne der Mercatorhalle einfindet. Außerdem eine enorme Erleichterung für Bürger, die nicht zum Tagungsort kommen können.

Eine komplette Sitzung verfolgen vor dem Bildschirm nur wenige Fans der Kommunalpolitik: Die digitalen Zuschauer hören und sehen im Durchschnitt etwa 15 Minuten lang zu, wenige sind es, die 25 bis 30 Minuten oder länger am Bildschirm bleiben. Die Erkenntnis: Das Interesse steuert die Beteiligung. Bei einer Tagesordnung mit oft mehr als 100 Themen entscheidet die persönliche Betroffenheit über die Aufmerksamkeit.

Aufzeichnungen sind beleibt, aber in Duisburg nicht lange verfügbar

Eine wenig erstaunliche Einsicht, denn fesselnd und kontrovers sind die Sitzungen selten. Selbst ohne lange Diskussionen dauern Ratssitzungen in Duisburg selten weniger als sechs Stunden. Die inhaltlichen Auseinandersetzungen finden meistens zuvor in den Fachausschüssen statt - die werden aber in Duisburg (noch) nicht übertragen.

Wer nicht live dabei sein kann, dem bleibt die Aufzeichnung. „Jede Sitzung wird im Nachhinein 2000 bis 4000 Mal abgerufen“, berichtet Walz. Die Duisburger Videos sahen bislang 4586 Nutzer (Stand 22. Januar). Mit der Verfügbarkeit gehen die Städte unterschiedlich um. Während die einen sie auf wenige Wochen oder Monate begrenzen, gibt es bei anderen ein echtes Archiv für die Aufzeichnungen. Das sei die beste Lösung, findet der Multibc-Chef: „Speicherplatz kostet doch kaum Geld.“

Hat sich das Verhalten der Ratsmitglieder verändert, seit die Kameras im Saal stehen? Für Duisburg lasse sich das noch nicht feststellen, sagt Bals, wohl aber in anderen Städten, die schon seit längerer Zeit übertragen: „Die Lust, zu diskutieren, ist größer geworden.“ Auch von einem Nebeneffekt der Livestreams hätten ihm Kommunalpolitiker berichtet: „Sie werden seither häufiger angesprochen. Weil mehr Bürger zusehen, werden Personen und Gesichter bekannter.“

Grüne und Junges Duisburg: Projekt nach der Testphase unbedingt fortsetzen

Politische Entscheidungsprozesse werden durch die Übertragungen transparenter, finden Grüne und Junges Duisburg (JuDu), beide Fraktionen hatten die Einführung in Duisburg immer wieder beantragt. „Der Livestream hat die Debattenkultur belebt“, sagt JuDu-Fraktionschef Oliver Beltermann, „das Projekt ist bisher gelungen, daher sollte es dringend fortgesetzt werden.“

Auch die Grünen plädieren für eine Beibehaltung über die Testphase hinaus. „Es ist ein wichtiges Instrument, um Politik wieder näher an die Menschen heranzubringen“, so der Fraktionsvorsitzende Felix Lütke. „Mit dieser Transparenz können wir Ratsbeschlüsse nachvollziehbar machen, die sich schließlich auf das Leben aller Duisburgerinnen und Duisburger auswirken.“

ERSTE RATSSITZUNG IN DIESEM JAHR AM 19. FEBRUAR

  • Die erste Sitzung des Duisburger Rates in diesem Jahr beginnt am Montag, 19. Februar, um 15 Uhr in der Mercatorhalle. Alle Termine, Tagesordnungen und Beratungsergebnisse des Stadtparlaments und seiner Fachausschüsse sowie der Bezirksvertretungen finden sich im Bürger-Infoportal des Ratsinformationssystems auf www.duisburg.de
  • Wer den Livestream verfolgen möchte, kann das über den Link www.duisburg.de/ratssitzung. Die Aufzeichnung ist bis zur Veröffentlichung der Niederschrift, in der Regel zur folgenden Ratssitzung, dort mit Untertiteln und Gebärdensprache abrufbar.
  • Wer die Sitzungen von Rat, Ausschüssen und Bezirksvertretungen in Präsenz verfolgen möchte, kann auf den Zuschauerplätzen in der Mercatorhalle, des Ratssaals oder der Bezirksrathäuser Platz nehmen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.