Duisburg. Container statt Neubau: Die Sanierung vieler maroder Grundschulen kommt in Duisburg nicht voran. Eltern sind sauer. Wann Besserung in Sicht ist.

Eklige Toiletten, baufällige Turnhallen, fehlende Mensen: Bei der WAZ-Familienkonferenz zum Thema Grundschulen in Duisburg haben Eltern beim Treffen mit Vertretern der Stadtverwaltung ihrem Frust und Ärger Luft gemacht. Immerhin: Nachdem mit der Dislichschule in Meiderich die erste „reaktivierte“ Schule in Betrieb ist, sollen 2024 die drei ersten Erweiterungsbauten an den Start gehen.

Kaum jemand unter den Müttern und Vätern, die zur Familienkonferenz in die GGS Beethovenstraße in Rheinhausen gekommen sind, kann nicht über massive Baumängel an der Schule der Kinder berichten – so wie Daniela Pees. Ihr siebenjähriger Sohn besucht die erste Klasse an der Gemeinschaftsgrundschule an der Zoppenbrückstraße in Meiderich. Dort gebe es quasi vier Großbaustellen.

Dauerbaustelle Schule in Duisburg: Wasser schleppen für den Unterricht

Die Toilettensanierung laufe bereits seit Oktober 2022, schreite aber nicht voran. „Kinder müssen quer über den Schulhof laufen, um Toiletten im Nebengebäude zu nutzen“, erzählt die Mutter. „Im Zuge der Toilettensanierung wurde die Wasserversorgung der Pavillonräume gekappt. Für den Unterricht müssen hier täglich Wassereimer hingeschleppt werden.“
Und das bereits seit Jahren marode Dach der Turnhalle sei am Karfreitag 2023 durch Brandstiftung beschädigt worden. Auch hier kommen die Arbeiten laut Daniela Pees nicht voran.

Heike Schoch, Leiterin der GGS Beethovenstraße in Rheinhausen, weiß um die Probleme: Aula, Toiletten, Mensa – da drückt bei vielen der Schuh. „Unsere Turnhalle liegt ebenfalls brach. Sie wurde renoviert, dann zwei Wochen nach der Eröffnung erneut geschlossen. Wir hoffen, sie ab dem Frühjahr wieder nutzen zu können.“

50 Container stehen auf Grundschul-Gelände

Dabei wird dieser Bewegungsraum so dringend gebraucht. Oft müssen die Kinder im offenen Ganztag jetzt acht Stunden im Klassenraum verbringen. „Für meinen Sohn ist das viel zu lang“, findet nicht nur Lydia Oertel. Doch auch auf dem Schulhof ist es eng: An der Beethovenstraße wurde vor sieben Jahren der erste Klassencontainer aufgestellt. Vier weitere folgten, um die großen Anmeldezahlen im Stadtwesten zu bewältigen.

„Stadtweit stehen jetzt 50 Container an Grundschulen“, sagt Oliver Hülsmann, Abteilungsleiter im Amt für schulische Bildung. „Unsere Priorität lag in den vergangenen Jahren darauf, möglich schnell provisorischen Schulraum zu schaffen.“ Binnen sechs Jahren, erklärt Hülsmann, sei die Zahl der i-Dötzchen in Duisburg um 1000 gestiegen.

Bei der WAZ-Familienkonferenz zum Thema Grundschule stellten sich Oliver Hülsmann (re.) und Tobias Terpoorten von der Stadt der Kritik der Duisburger Eltern.
Bei der WAZ-Familienkonferenz zum Thema Grundschule stellten sich Oliver Hülsmann (re.) und Tobias Terpoorten von der Stadt der Kritik der Duisburger Eltern. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Zuständig für Sanierungen und Erweiterungen ist allerdings das städtische Immobilien-Management (IMD). An Geld fehlt es nicht, aber an Personal, einem zeitgemäßen Gebäude-Kataster und vor allem: an Geschwindigkeit. Seit sechs Jahren arbeitet sich das IMD weiterhin an der Sanierung von Schultoiletten ab. Immerhin: Im nächsten Jahr sollen die ersten „echten“ Schulraum-Neubauten in Betrieb gehen: An der Astrid-Lindgren-Schule (Duissern), der Vennbruchschule (Walsum-Vierlinden) und der Salzmannschule (Neumühl).

Der Erweiterungsbau der Gemeinschafts-Grundschule Astrid-Lindgren in Duisburg-Duissern kann bald in Betrieb gehen.
Der Erweiterungsbau der Gemeinschafts-Grundschule Astrid-Lindgren in Duisburg-Duissern kann bald in Betrieb gehen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Hallen-Bedarfsplan: „Es wurde nicht gebaut“

Lang ist die Warteliste bei den Turnhallen. „Wir hatten vor sieben Jahren mal einen Hallen-Bedarfsplan“, erinnert Schulplaner Tobias Terpoorten, „aber es wurde nicht gebaut“. Der vor 40 Jahren versprochene Neubau an der Rahmer Grundschule sei schon ein „Running Gag“ in der Elternschaft, berichtet Vater Benjamin Rest. Jetzt soll er endlich kommen und die Reisen zum Sportunterricht nach Großenbaum Geschichte sein.

Der vor 40 Jahren versprochene Neubau an der Rahmer Grundschule sei schon ein ‚Running Gag‘ in der Elternschaft, berichtet Vater Benjamin Rest. Jetzt soll er endlich kommen.
Der vor 40 Jahren versprochene Neubau an der Rahmer Grundschule sei schon ein ‚Running Gag‘ in der Elternschaft, berichtet Vater Benjamin Rest. Jetzt soll er endlich kommen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Die langen Planungszeiten seien einfacher zu akzeptieren, wenn das IMD wenigstens informieren würde, kritisieren Eltern und Schulleitungen. „Man bekommt keine Antworten“, bemängelt auch Christian Schönleber, seine Kinder besuchen die Hebbelschule und die Grundschule Grabenstraße in Neudorf. Als dort wegen Baumängeln Aula und Mensa stillgelegt wurden, sei „auch die Schulleitung nicht informiert worden.“ Seither marschieren die Kinder zum Essen in „Tonis Balkanhütte“, ein Restaurant in der Nähe. Und die Schulpflegschaft habe eine AG gegründet. „Um uns selbst zu helfen“, berichtet Schönleber.

Die Informationspolitik des IMD kritisieren Eltern und Schulleitungen. „Man bekommt keine Antworten“, bemängelt auch Christian Schönleber, Vater von Grundschulkindern in Duisburg.
Die Informationspolitik des IMD kritisieren Eltern und Schulleitungen. „Man bekommt keine Antworten“, bemängelt auch Christian Schönleber, Vater von Grundschulkindern in Duisburg. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Immerhin haben wir schnell eine Alternative gefunden“, sagt Christoph Gehrt-Butry vom Stadtsportbund (SSB), der Träger des offenen Ganztags an der Grabenstraße ist. „Solche kreativen Lösungen finden wir immer, aber für die Schulen hängt da immer ein ganzer Rattenschwanz dran“, sagt Schulleiterin Heike Schoch. Verständnis bei den Eltern: „Es geht immer zulasten des Personals“, bedauert Klaudija Pusic, deren drei Kinder ebenfalls die KGS Grabenstraße besuchen.

Der Engpass war absehbar“
Rüdiger Wüllner, GEW-Vorsitzender

Vier Jahre verbringen die meisten Kinder an der Grundschule. „Wenn in dieser Zeit nichts passiert, ist das ein Affront gegen die Eltern“, sagt Melanie Maurer. Die Vorsitzende der Stadtelternschaft EDuS setzt sich bereits seit 2017 ebenso für den Neubau von Schulen ein wie der GEW-Vorsitzende Rüdiger Wüllner. „Der Engpass war absehbar“, betont der Sonderpädagoge und Gewerkschafter.

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Erst spät schwenkte auch das Schulamt um, nun wird in Rheinhausen die Grundschule Werthstraße neu gebaut und in Marxloh ein weiterer Standort gesucht. Dass die Verwaltung zu spät reagierte, räumt mittlerweile auch Schulplaner Tobias Terpoorten ein. „Im Nachhinein ist manches eine Fehlinterpretation gewesen.“ Nun seien die Klassen gerade im Stadtnorden zu voll, wo besonders viele Kinder mehr Unterstützung brauchen. „Das ist nicht akzeptabel“, räumt der Schulplaner ein. Bis zu 30 sind es dort pro Klasse, stadtweit liegt der Durchschnitt bei 25.

Setzen sich für bessere Bedingungen an Grundschulen in Duisburg ein: Rüdiger Wüllner (GEW) und Melanie Maurer (Edus).
Setzen sich für bessere Bedingungen an Grundschulen in Duisburg ein: Rüdiger Wüllner (GEW) und Melanie Maurer (Edus). © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Bei der Planung von neuen Stadtquartieren, wie 6-Seen-Wedau und Rheinort (Hochfeld) würden Grundschul-Bauten „gleich mitgedacht“, betonen Terpoorten und Hülsmann. Diese Medaille habe aber auch eine Kehrseite, ahnt Melanie Maurer: „Wenn dort die neue Schule fertig ist, bevor an den alten Schulen die Toiletten saniert sind, gibt es Ärger.“ Sie betont: „Wenn in vier Jahren Grundschulzeit nicht eine Toilette saniert wird, geht das einfach nicht.“

GEW: MIT NEUEN SCHULEN KANN DUISBURG UM LEHRER WERBEN

  • Der Neubau von Grundschulen sei eines der besten Mittel, um junge Lehrkräfte für die Arbeit in Duisburg zu interessieren, glaubt der GEW-Vorsitzende Rüdiger Wüllner. Duisburg stehe in harter Konkurrenz zu anderen Städten, sei als Arbeitsort aber nicht besonders beliebt.
  • Wüllner empfiehlt, bereits während der Planungsphase junge Pädagogen für die Mitarbeit in einem Gründungsteam anzusprechen. „Sie könnten dann ihre eigene Schule mit planen. Wann gibt es diese Möglichkeit schon?“

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