Duisburg. In Hochfeld fuhr ein 20-Jähriger bei einem Fluchtversuch einen Polizisten mit dem Auto an. War es versuchter Mord? So urteilte das Gericht.

Am Steuer eines gestohlenen Autos und ohne Führerschein war ein 20 Jahre alter Duisburger am 22. Februar an der Brückenstraße in Hochfeld in eine Polizeikontrolle geraten. Er hielt nicht an, sondern gab Gas und fuhr den Polizisten, der Anhaltezeichen gab, über den Haufen. Nach sieben Verhandlungstagen fiel nun das Urteil des Landgerichts am König-Heinrich-Platz.

Die Staatsanwältin hielt, trotz eines anderslautenden rechtlichen Hinweises, den das Gericht am vorletzten Verhandlungstag gegeben hatte, in ihrem Schlussvortrag am angeklagten Delikt fest: Sie forderte eine Verurteilung des Heranwachsenden wegen Mordversuchs. Dass der 60-jährige Beamte mit Prellungen und Schürfwunden davonkam, dürfe nicht den Blick dafür verstellen, dass der Angeklagte den möglichen Tod des Polizisten billigend in Kauf genommen habe.

Duisburger Staatsanwältin forderte Verurteilung wegen Mordversuchs

Die Darstellung des Angeklagten, er sei in Panik geraten, weil er erst als der Polizist das Haltezeichen gab, von seinem Beifahrer erfuhr, dass das Auto gestohlen war, sah die Anklagevertreterin als widerlegt an. Der angebliche Wortwechsel passe nicht in den zeitlichen Ablauf des nur wenige Sekunden währenden Geschehens. Zudem habe der Beifahrer bei einer richterlichen Vernehmung auch anderes zu Protokoll gegeben.

Die Verteidiger sahen dagegen nichts, was die Aussagen des Angeklagten widerlegt hätte. Das Verfahren habe keinen Tötungsvorsatz beweisen können. So ähnlich sah das auch die Kammer, die in ihrem Urteil von einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, tätlichen Angriffs auf einen Vollstreckungsbeamten und Fahren ohne Fahrerlaubnis ausging. Dafür verhängte sie drei Jahre Jugendhaft.

Gericht sah keinen Tötungsvorsatz

Wann der Angeklagte erfuhr, dass der Wagen, den er steuerte, gestohlen war, sahen die Richter eher als untergeordneten Punkt an. Der Angeklagte habe sich vor allem deshalb spontan zur Flucht entschlossen, um zu verdecken, dass er keinen Führerschein besaß.

An einem Tötungsvorsatz bestünden vor allem deshalb Zweifel, weil der Angeklagte zwar Gas gab, der Aufprall aber mit nicht mehr als 15 Stundenkilometern erfolgte. „Da war es kein glücklicher Zufall für den Polizisten, dass er nicht schwerer verletzt wurde, es wäre eher ein unglücklicher Zufall gewesen, wenn er daran gestorben wäre“, so der Vorsitzende.

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Zudem sei ungeklärt geblieben, ob der Angeklagte dem Beamten überhaupt gefahrlos hätte ausweichen können.