Duisburg. Sensationell: Auf der Baustelle am Calaisplatz wurden Reste alter Arkadenhäuser gefunden. Warum sich Duisburg vor Münster nicht verstecken muss.
Bei den Bauarbeiten am Calaisplatz stoßen die Mitarbeiter immer wieder auf Duisburgs Vergangenheit. Eigentlich soll das Areal neu hergerichtet werden, um eine ansehnliche Verbindung zwischen Altstadt und Innenhafen zu schaffen. Bevor allerdings die Oberfläche fertig gestellt werden kann, verlegten die Netze Duisburg Leerrohre für eine neue 110 KV-Trasse. Die Wirtschaftsbetriebe sanierten das Kanalnetz.
Dabei stießen die Arbeiter immer wieder auf Mauerreste, die darauf hindeuten, wie es früher in Duisburg an dieser Stelle ausgesehen haben muss. Und die Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Stadtarchäologe Dr. Thomas Platz ist von den Fundstücken jedenfalls begeistert.
Duisburger Stadtarchäologen sind von Funden am Calaisplatz begeistert
„Wir waren durch intensive Recherchen auf das Vorhandensein von diversen Baustrukturen vorbereitet. Die tatsächlich vorhandene Anzahl und Qualität der Funde übertraf unsere Erwartungen aber bei weitem“, erklärt Fachmann Platz. Bereits seit 1960 konnten so genannte Hausbefunde dokumentiert werden, die mindestens in die romanische Epoche zurückdatieren – also aus dem 11. bis Mitte des 13. Jahrhunderts stammen.
Die Gebäude lassen auf einen einheitlichen Bautyp schließen: Im Erdgeschoss haben sie an drei Seiten geschlossene Wände, an der vierten konnten Experten einzelne so genannte „Punktfundamente“ feststellen, auf denen Pfeiler und verbindende Arkadenbögen rekonstruiert werden konnten. „Da sich kein einziges dieser Häuser außer im archäologischen Befund erhalten hat, ist es nicht möglich, exaktere Angaben über die Gebäude aus dem Bestand heraus zu machen“, so Platz.
Einige dieser Häuser ließen sich aber mit Bauten gleichsetzen, die auf dem Corputius-Plan von 1566 dargestellt sind. Demnach waren sie mindestens zweigeschossig und hatten steile Giebel, also auch nutzbare Dachräume. „Ähnliche Häuser stehen heute zum Beispiel am Prinzipalmarkt zu Münster, in Metz oder in Landshut. Dort sind die meisten aber jüngeren Datums. In Duisburg sind diese Häuser daher zu den ältesten Nachweisen dieses Haustyps zu rechnen.“
Im Gegensatz zu den anderen Städten standen die Gebäude allerdings einzeln und nicht dicht an dicht. „Die Arkadenöffnungen führen ins Haus und dienen nicht als überdachter Gehsteig. Daher dienen sie dem Haus als breite Eingangs- oder Einfahrtsöffnungen, und es ist davon auszugehen, dass sie als Häuser von Kaufleuten dienten, die dort ihre Waren einlagerten und zugleich zum Verkauf anboten.“ Dies sei nicht verwunderlich, schließlich war Duisburg Kaiserpfalz und schon immer eine Stadt der Händler und der Produktion. Die Waren kamen zum Teil mit dem Schiff von überall hier hin.
Baufirmen, Stadtplaner und Archäologen müssen sich bei Arbeitsschritten abstimmen
Archäologen der Firma LQ begleiten die Baustelle seit Monaten. Sie kennen das Gebiet, waren schon an verschiedenen Stellen in Duisburg im Einsatz und haben auch Mauerreste entlang des Innenhafens an der Unterstraße dokumentiert. „Durch intensive Abstimmung mit den Baufirmen und Planern war es möglich, wesentliche Befunde zu erhalten; nur in Ausnahmefällen musste beispielsweise Mauerwerk tatsächlich abgebrochen werden, damit Leitungen und Abwasserrohre verlegt werden konnten“, erklärt Platz.
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Die archäologische Dokumentation umfasst neben Fotos auch maßstabsgerechte Messungen aller Befunde. Außerdem werde alles exakt beschrieben und der gesamte Ablauf der Grabung auf Karteikarten festgehalten. Wer künftig über den Calaisplatz schlendert, kann die bedeutsamen Gebäudestrukturen übrigens nur erahnen: „Eine Zurschaustellung mittels Glasplattenabdeckung konnte nicht realisiert werden und war auch nicht angedacht“, so Platz. Die geöffneten und dokumentierten Flächen wurden im Laufe der Baumaßnahme mit Leitungs- und Kanalrohren sowie Schächten „aufgefüllt“. So wird der Blick auf die archäologischen Funde ohnehin verdeckt.
In der nächsten Zeit läuft die Arbeit der Archäologen baubegleitend weiter. „Es ist immer möglich, dass bei der Entfernung des oberen Belages und der darunter liegenden Schotterschichten mit der Unterkante des Schotters abgebrochene Mauern zu Tage kommen.“
>> Calaisplatz selbst ist noch recht jung
Auch wenn unter dem Calaisplatz allerlei Historisches gefunden wird: Der Platz selbst hat keine besonders lange Geschichte. Er entstand erst nach dem Zweiten Weltkrieg, als die teils zerstörten früheren Häuser abgetragen wurden – so heißt es von Seiten der Stadt.