Duisburg. Viele Betriebe und Firmen leiden unter der aktuellen Baustellen-Situation in Duisburg. Diese Forderungen gibt es. Was die Stadt sagt.
Viele Duisburger und Auswärtige sind von der aktuellen Baustellen-Situation in der Stadt genervt. Für Betriebe und Firmen ist die Situation noch weitaus schlimmer – es geht ans Eingemachte. Christian Kleff, Geschäftsführer von „Wirtschaft für Duisburg“ bestätigt: „Duisburgs großer Vorteil: Wir sind verkehrstechnisch super angebunden. Duisburgs großer Nachteil: Nahezu alle Anbindungen sind marode – und die Stadt steckt auf Jahre hinaus im Baustellendilemma. Für die städtische Wirtschaft ist das eine enorme Herausforderung.“
Sichtbar werden die Auswirkungen etwa im Hafenstadtteil: Nach Ruhrort verirren sich momentan kaum noch Besucher, die sonst durch den Hafenstadtteil geschlendert sind. „Wir hatten heute sechs Kunden, drei Kuchen sind noch gar nicht angeschnitten“, schildert Birthe Bickschäfer vom „Café Kurz“ in Duisburg-Ruhrort die Situation. Zum Glück gebe es noch die eine oder andere Gesellschaft, die nicht abgesagt habe.
Baustellen: kaum auswärtige Passanten in Duisburg-Ruhrort unterwegs
„Natürlich wissen wir, dass was gemacht werden muss. Aber die Stadt lebt doch von uns Betrieben, wir zahlen doch auch Steuern“, schildert sie die Situation der alt eingesessenen Konditorei, die es seit 132 Jahren gibt. Um auf sich aufmerksam zu machen, drehen sie derzeit Videos für die sozialen Netzwerke. Außerdem packen sie Päckchen mit Pralinen und frisch gebackenem Spekulatius, die sie auf Wunsch an die Kunden verschicken, die den Weg nach Ruhrort nicht auf sich nehmen wollen. Diese sind telefonisch bestellbar.
In der Duisburger Altstadt sieht es nicht besser aus. Seit Monaten wird am Calaisplatz gebaut. Nun kommt noch die Baustelle an der Schwanentorbrücke hinzu – Durchgangsverkehr gibt es kaum noch und auch Fußgänger meiden die Schnittstelle zwischen Altstadt und Innenhafen eher. Wer zur Firma „Krankikom“ will oder das dort angesiedelte Restaurant „Home“ besuchen möchte, muss einige Umwege in Kauf nehmen. Alexander Kranki rechnet vor: „Wir wissen natürlich, dass die Sachen gemacht werden müssen. Aber durch die Baustellen vor unserer Haustür ist uns sicher ein sechsstelliger Betrag durch die Lappen gegangen.“
Baustelle am Calaisplatz besonders langwierig
„Home“-Geschäftsführer Jens Müller berichtet: „Es gab schon Gesellschaften, die bei uns reserviert haben, dann aber wieder gegangen sind, weil sie sich einen schöneren Ausblick gewünscht haben.“ Storno-Gebühren, die dann für die Kunden fällig werden, sind kein Trost.
Als das „Home“ im vergangenen Jahr eröffnete, waren sich die Macher bewusst, dass die Baustelle noch einmal eine Durststrecke bringen würde und der Außenbereich erst einmal nur eingeschränkt nutzbar sein wird. Doch dass es so lange dauert, damit haben sie nicht gerechnet.
Immerhin: „Mit den Mitarbeitern auf der Baustelle kann man reden. Sie haben uns jetzt einen kleinen Durchgang eingerichtet, so dass man zumindest sieht, wie man zu uns kommt“, erklärt „Home“-Geschäftsführerin Michaela Hares. „Wenn man die Debatten über das Deutschland-Tempo hört und dann sieht, wie Baustellen abgewickelt werden, dann versteht man, woran es bei uns hakt“, weiß Alexander Kranki.
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Eine Nachfrage bei der Stadt Duisburg macht denn auch deutlich, was die Bauarbeiten im Bereich Calaisplatz so kompliziert macht. Zum einen nutzten die Netze Duisburg die Gelegenheit, um dort im vergangenen Jahr neue Leitungen zu verlegen. Vor dem Steiger wurden Leerrohre für eine neue 110 kV Trasse verlegt. „Zunächst wurde ein Graben für die 110 kV Leitung ausgehoben und gleichzeitig eine Pressgrube erstellt“, beschreibt DVV-Sprecher Felix zur Nieden.
„Synergieeffekte nutzen“
Außerdem nutzen die Wirtschaftsbetriebe die Baustelle, um im Bereich der Unterstraße, auf der Münzstraße, in der Einfahrt zum Parkplatz und auf dem Platz vor dem Steiger Schwanentor Kanäle zu erneuern. „Die Baumaßnahme ist als gemeinschaftliche Kanal- und Straßenbaumaßnahme zusammen mit der Stadt Duisburg ausgeschrieben worden, um Synergieeffekte hinsichtlich der zeitlichen Abwicklung zu nutzen. Die Bauleitung des Kanals erfolgt durch die Wirtschaftsbetriebe, der Straßenbau wird seitens der Stadt Duisburg durchgeführt“, erklärt Silke Kersken, Sprecherin der Wirtschaftsbetriebe die Zuständigkeiten.
Immer mit dabei: die Archäologen der Stadt Duisburg, die vor Ort einige Funde dokumentierten. „Die Erneuerung der Kanaltrasse verlangte eine sorgfältige archäologische Untersuchung, um den Erhalt der im Boden befindlichen Stadtmauermauerreste zu gewährleisten“, heißt es vonseiten der Stadt. Es habe „eindrucksvolle Funde“ gegeben.
„Eindrucksvolle Funde“: Archäologen müssen Mauerreste dokumentieren
Im Bereich Schwanen-, Unter- und Münzstraße wurden Natursteinmauern entdeckt, die einer frühen, städtischen Bebauung zugeordnet werden können. „Diese offenbaren Hinweise auf Arkadenhäuser des 10. bis 12. Jahrhunderts, die möglicherweise als Handelskontore genutzt wurden“, ordnet die Stadt ein. In der Nähe des Schwanentors wurden „Strukturen einer frühmittelalterlichen Hafeneinfahrt sowie einer hochmittelalterlichen Bebauung zur Fluss-Seite hin festgestellt.“
Diese Informationen liefern den Stadt-Archäologen neue Anhaltspunkte zur Stadtentwicklung. Da diese aber aufwendig dokumentiert werden mussten, hätten sich etwa die Kanalbauarbeiten um mehrere Wochen verzögert, so die Stadt.
Vertreter der Stadt und der Netze Duisburg betonen, dass alle Betroffenen im Vorfeld Informationen bekommen hätten und Gespräche geführt worden seien. Aktuell werden die Oberflächen vor dem Krankikom-Gebäude bis zur Schwanenstraße erneuert. Das Ende der Bauarbeiten ist voraussichtlich für Frühjahr 2024 geplant. Der Karl-Lehr-Brückenzug wird voraussichtlich bis Ende des Jahres gesperrt bleiben.
Den Unternehmern in Duisburg graut aber auch angesichts weiterer Brücken-Sanierungen. „Das Thema A 59 und Berliner Brücke hängt wie ein Damoklesschwert über der Stadt. Als Wirtschaft für Duisburg müssen wir konstatieren: Egal, welche Planungsvariante am Ende umgesetzt wird, eine Sperrung der Brücke ohne Ersatzoption wäre für den Wirtschaftsstandort Duisburg eine Katastrophe“, sagt Kleff.
Der Verein würde sich eine zentrale Planungsstelle für sämtliche Baustellen auf dem Stadtgebiet und den angrenzenden zentralen Verkehrswegen wünschen. „Diese muss die kommunalen Bauvorhaben so takten, dass sich ein gefühltes Chaos wie in diesen Wochen nicht wiederholt.“ Landes- und Bundeseinrichtungen müsse in diese Planung eingebunden werden, damit die notwendige Modernisierung „vernünftig priorisiert und konsequent abgearbeitet werden.“
>> Baustellen in Duisburg: Haben Firmen und Anlieger Anrecht auf Entschädigung?
- Laut Stadt müssen Anlieger, gleich ob Firmen oder Privatpersonen, Beeinträchtigungen durch Baumaßnahmen in Kauf nehmen. „Grundsätzlich liegen Kanal- und Straßenbaumaßnahmen im Interesse der Öffentlichkeit und Anwohnerschaft“, heißt es.
- Dies sei auch von Zivilgerichten im Bundesgebiet in verschiedenen Prozessen bestätigt worden. „Denn trotz gewisser spürbarer Nachteile – hier für den Geschäftsbetrieb - dienen die Bauarbeiten zur Instandhaltung und Verbesserung der Straße und der Infrastruktur, zum Beispiel der Entwässerung des Geschäftsgrundstückes.“
- Entscheidend bei der Frage der Entschädigung sei, dass trotz Einschränkungen immer eine Erreichbarkeit gegeben sei und dass die Dauer der Baumaßnahme sich nicht unverhältnismäßig in die Länge ziehe.