Duisburg/Düsseldorf. Wer ist Maan D., der Angeklagte im Terrorprozess zu den Messerattacken von Duisburg? Was über den Syrer, 27, bekannt ist. Eine Spurensuche.
Im Düsseldorfer Oberlandesgericht werden beim Prozessauftakt am Montag alle Augen auf ihn gerichtet sein: Maan D., inzwischen 27 Jahre alt. Die Generalbundesanwaltschaft ist sich sicher: Er ist der Mann, der an Ostern in der Duisburger Altstadt einen 35-Jährigen mit 28 Messerstichen tötete und nur Tage später im wenige Hundert Meter entfernten John-Reed-Fitnesscenter vier Männer mit Messerstichen – teils lebensgefährlich – verletzte. Islamistische Ideologie soll ihn dabei angetrieben haben. Was ist über den Beschuldigten bekannt?
Der Syrer kam als Asylbewerber nach Deutschland. 2016 stellte er einen Asylantrag, der bewilligt wurde. 2018 fiel er der Polizei wegen geringfügiger Vermögensdelikte auf. Die beiden Verfahren gegen ihn seien jedoch eingestellt worden.
In den folgenden Jahren soll er nach Informationen dieser Redaktion durchaus mit dem westlichen Leben gefremdelt haben und auch einen salafistischen Moscheeverein im Stadtteil Hochfeld besucht haben. Eine sichere Quelle bestätigt allerdings: Diese Besuche bei den ultrakonservativen Sunniten endeten Jahre vor den beiden Bluttaten im Frühling 2023. Radikalisiert haben soll er sich erst in den Folgejahren.
Maan D. lebte zurückgezogen in einer Wohnung in der Duisburger Altstadt
Gelebt hat Maan D. unweit der beiden Tatorte in einer Wohnung in einem schmucklosen 20-Parteien-Haus an der Münzstraße. In einer Umgebung, in der sich die Probleme des hinteren Teils der Duisburger Innenstadt schonungslos zeigen. Der Publikumsverkehr verliert sich hier im Nichts. Früher waren hier große Namen wie P&C, C&A, Sinn Leffers und H&M zu finden. Das ist längst Vergangenheit. Die Stadt kämpft mit Programmen darum, der Münzstraße neues Leben einzuhauchen.
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Aber auch das Ladenlokal im Erdgeschoss der Hausnummer 52-54 steht leer. Türen und Schaufenster sind abgedeckt. In den Etagen darüber dienen an den Fenstern einiger Wohnungen Bettlaken als Gardinen-Ersatz. In einer dieser Wohnungen wohnte der junge Syrer. Extrem zurückgezogen soll er gelebt haben, schildern Nachbarn. „Er hat nie gegrüßt“, berichtete ein Ehepaar im April kurz nach der Festnahme.
Ein Sondereinsatzkommando hatte den damals 27-Jährigen in der Nacht zum 23. April, einem Sonntag, in seiner Wohnung festgenommen. Dabei verletzte ein Diensthund den jungen Mann am Unterarm. Den Biss soll Maan D. regungslos hingenommen haben. Im Netz mutmaßten Leser darum, Maan D. könne wie IS-Kämpfer unter Drogen gestanden haben.
Das ungewöhnliche Verhalten des mutmaßliche Messerangreifers
In den Stunden und Tagen danach stellte die Kripo die Wohnung auf den Kopf. Zwei Messer mit 15 bis 20 Zentimeter langen Klingen stellte die Spurensicherung sicher. Aber auch handschriftliche Notizen auf Zetteln. Was Maan D. dort notierte, ist öffentlich nicht bekannt. Die Karlsruher Ermittler sind überzeugt, dass der 27-Jährige mit der Ermordung möglichst vieler „Ungläubiger“ einen Beitrag zum weltweiten Dschihad leisten wollte – zum „Heiligen Krieg“ radikaler Islamisten.
Die Notizen und Dateien auf dem ebenfalls sichergestellten Handy des mutmaßlichen Messerangreifers dienen als Beleg. Nach Spiegel-Informationen sollen auf einem der Zettel in arabischer Sprache Zusammensetzungen von Sprengstoffen und Giftgasen niedergeschrieben gewesen sein.
In den Räumen des 27-Jährigen entdeckte die Spurensicherung aber noch ein weiteres wichtiges Beweisstück: einen Schuh, an dem Kriminaltechniker bei der Untersuchung sowohl DNA-Material des erstochenen 35-Jährigen als auch von Opfern aus dem Fitnessstudio nachweisen konnten. Die Beweislage gegen Maan D. ist also schon vor Beginn der Verhandlung erdrückend.
Sein Verhalten in der Untersuchungshaft lässt aber selbst erfahrene Kriminalisten mit Fragezeichen zurück, wird als äußerst ungewöhnlich beschrieben. Denn: Maan D. schweigt beharrlich. „Das ist untypisch für einen Attentäter, der seine Tat einordnen will, aber auch für den Amoktäter, der aus seiner Sicht ja nichts mehr zu verlieren hat“, ordnete NRW-Innenminister Herbert Reul ein.
Der Tatablauf in dem Fitnessstudio werfe ebenfalls Fragen auf: Warum lief der Angreifer erst in die Herrenumkleide, um zuzustechen? Warum verübte er seine Tat nicht an einem öffentlichen Ort?
Antworten in diesen Punkten soll das Verfahren vor dem Staatsschutzsenat bringen. 18 Verhandlungstage sind zunächst bis Ende Januar angesetzt.
>>Nachbarn erkannten Maan D. auf Fahndungsfotos
- Mit Fotos aus einer Überwachungskamera hatte die Mordkommission „Schwan“ im April eine Öffentlichkeitsfahndung nach dem bis dato unbekannten Tatverdächtigen gestartet.
- Zwei Nachbarn erkannten den jungen Mann nach eigenen Angaben unabhängig voneinander auf den Bildern wieder. Die beiden Männer gingen dann gemeinsam zum Polizeipräsidium und nannten dort seinen Namen und seine Adresse.