Duisburg. Das Drahtwerk in Duisburg-Ruhrort braucht den Förderbescheid für einen Lichtbogenofen. In der Belegschaft wächst der Zorn auf die Bürokraten.

Beim geplanten Bau eines Lichtbogenofens seines Drahtwerks in Ruhrort läuft ArcelorMittal die Zeit davon. Weil Förderanträge in Brüssel und Berlin jahrelange Bearbeitungszeiten benötigen, gerät der Zeitplan für die Inbetriebnahme der rund 270 Millionen Euro teuren Anlage in ernste Gefahr. Am Freitag machten Konzernspitze, Betriebsrat und IG Metall Druck beim Besuch von NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) in Duisburg.

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An der Landesregierung scheitere es nicht, betonte Neubaur, die bereits im April das Werk besucht hatte. „Für uns gehören Sie zum Teil der Wertschöpfungskette, die wir transformieren müssen“, rief sie 150 der insgesamt etwa 900 Beschäftigten zu. „Ich kann nicht verstehen, dass es so lange dauert, transformationswillige Unternehmen mit Klarheit zu versehen.“ Zuvor hatte die Ministerin mit Lutz Bandusch, Vizepräsident und Technikvorstand für Langprodukte bei ArcelorMittal, dem Betriebsratsvorsitzenden Wolfgang Kleber und dem 1. Bevollmächtigten der IG Metall, Karsten Kaus gesprochen.

Arcelor-Technikvorstand: Brauchen jetzt dringend eine schnelle Entscheidung

„Inhaltlich gibt es am Projekt keine Zweifel“, betonten Neubaur und auch Bandusch, „es ist eines der effizientesten in der Stahlindustrie“. Einzig die Bearbeitungszeit der Anträge bringe nun einen gefährlichen Verzug, warnte Bandusch. „Wir brauchen eine sehr kurzfristige Entscheidung, sonst geht es nicht mehr.“

Zweifel am Projekt gibt es auch im Berliner Wirtschaftsministerium und der Brüsseler EU-Kommission nicht. Das Problem: Der Produktionsprozess in Ruhrort und die Fördersystematik passen nicht zusammen. Denn ArcelorMittal produziert rund eine Million Jahrestonnen Roheisen für sein Oxygenstahlwerk in Ruhrort nicht selbst, sondern bezieht es von Thyssenkrupp Steel (TKS) im Stadtnorden. „Wir teilen uns einen Hochofen mit TKS“, erläutert Bandusch.

NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne, l.) will Druck machen in Berlin. Das versprach sie dem Betriebsratvorsitzenden Wolfgang Kleber, Karsten Kaus (IG Metall) und ArcelorMittal-Vizepräsident Lutz Bandusch (v.l.) am Freitag beim Werksbesuch in Ruhrort.
NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne, l.) will Druck machen in Berlin. Das versprach sie dem Betriebsratvorsitzenden Wolfgang Kleber, Karsten Kaus (IG Metall) und ArcelorMittal-Vizepräsident Lutz Bandusch (v.l.) am Freitag beim Werksbesuch in Ruhrort. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Besonderheit: Drahtwerk produziert Roheisen nicht selbst

Die künftige CO2-Einsparung findet also nicht in Ruhrort statt, sondern im Hochofenprozess bei TKS. Im geplanten Lichtbogenofen soll der Stahl für den Draht aus rund 450.000 Jahrestonnen Eisenschwamm und Schrott produziert werden. Der Eisenschwamm wird, so der Plan, in Direktreduktionsanlagen des Konzerns in Hamburg produziert und zugeliefert.

Weil durch die Investition in den Lichtbogenofen keine direkte CO2-Reduzierung erfolgt, ist eine Förderung aus dem Programm für Vorhaben, die den Klimagas-Ausstoß unmittelbar reduzieren, nicht möglich. So wartet das Projekt seit zwei Jahren auf ein Programm, dessen Richtlinien zum Ruhrorter Projekt passen.

Dass es Erleichterungen für die staatliche Förderung von Transformationstechnologie geben muss, ist derweil auch den Bürokraten in Brüssel und Berlin klar geworden. Also hat die Kommission dazu schon am 1. Februar dieses Jahres einen beihilferechtlichen „Befristeten Krisen- und Übergangsrahmen“ (Temporary Crisis and Transition Framework/TCTF) genehmigt.

Den Lichtbogenofen bringt das noch keinen Schritt weiter. Denn zum Rahmen ersinnt nun das Berliner Wirtschaftsministerium ein passendes Förderprogramm, dass dann wiederum in Brüssel genehmigt werden muss, damit Berlin über die Förderung des Ofens in Duisburg befinden kann. Anfang 2024 soll das Programm freigegeben werden, hat man ArcelorMittal nun signalisiert.

NRW-Wirtschaftsministerin soll Druck machen bei Robert Habeck in Berlin

„Eigentlich brauchen wir den Förderbescheid schon am 2. Januar“, sagt Lutz Bandusch. Doch obwohl der Antrag schon mehrfach geprüft und für sinnhaft befunden wurde, könne es weitere Verzögerungen geben, fürchtet Gewerkschafter Karsten Kaus. „Ich hoffe, dass sie keinen neuen Antrag stellen müssen, weil sich die Förderrichtlinien geändert haben.“

Ohnehin bleiben nur gut drei Jahre: Im September 2027 endet der Roheisen-Liefervertrag mit TKS. Der Lichbogenofen muss noch bestellt, gebaut und errichtet werden. „Eigentlich muss er ab Anfang 2027 schon laufen, damit wir die Produkte bei unseren Kunden vorstellen können“, sagt Lutz Bandusch. Die Bitte an Mona Neubaur formulierte er auch für die Belegschaft: „Machen Sie Druck bei ihrem Parteifreund Robert Habeck.“

>>DRAHTWERK: GESCHÄFTSFÜHRER PAUL TETTEROO NACH LUXEMBURG GEWECHSELT

  • Paul Tetterroo hat nach neun Jahren als Vorsitzender der Geschäftsführung von ArcelorMittal Duisburg seinen Posten zum 1. September geräumt. Der Belgier übernimmt eine neue Aufgabe in der Handelssparte des Konzerns in Luxemburg.
  • Der Nachfolger steht bereits fest uns soll die Nachfolge des 57-Jährigen in Kürze antreten. Den Namen nennt ArcelorMittal noch nicht, der neue Chef in Ruhrort habe noch keine Freigabe von seiner bisherigen Position. Nur so viel: Er komme aus der Region uns sei bisher im Edelstahl-Sektor tätig gewesen.