Duisburg. Duisburg plant die Einrichtung eines Konsumraums für Drogenabhängige. Dieses Konzept plant die Verwaltung. Was über den Standort bekannt ist.
Ein halbes Jahr nach der Grundsatz-Entscheidung des Rates zur Einrichtung eines Drogen-Konsumraums für Abhängige in Duisburg nimmt die Planung Gestalt an. Der Rat soll am 18. September (ab 15 Uhr, Mercatorhalle) über eine Konzeption und die Betriebskosten in Höhe von bis zu rund einer Million Euro entscheiden. Der Entwurf wurde nun auch erstmals den Politikerinnen und Politikern der Bezirksvertretung Mitte vorgelegt. Einen konkreten Standort kann die Verwaltung noch nicht nennen, es ist aber davon auszugehen, dass er sich zentral in der Innenstadt befinden wird – deshalb wurden auch die Bezirkspolitiker beteiligt.
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„Es ist davon auszugehen, dass die Einrichtung und der Betrieb eines Drogen-Konsumraumes erst im Laufe des Jahres 2024 möglich sein wird“, so die Verwaltung in der Beschlussvorlage für den Rat. Zunächst, so heißt es weiter, müsse eine geeignete Immobilie in der Nähe zur Szene, mit guter Erreichbarkeit und von passender Größe gefunden werden.
Konzept: Drogenberatung, Streetwork und Konsumraum unter einem Dach
Außerdem müsse das Land die Einrichtung genehmigen, die Immobilie renoviert und Personal gesucht und eingestellt werden. Zu erörtern sind nicht zuletzt auch Fragen des Umgangs der Polizei mit einem Konsumraum: Schließlich befinden sich die Besucher im Besitz illegaler Drogen. Auch Widerstände in der Nachbarschaft gegen die Einrichtung sind nicht auszuschließen.
Die Stadtverwaltung schlägt ein „integriertes Konzept“ vor, bei dem die Drogenberatung des Suchthilfeverbundes (derzeit an der Beeckstraße 45b, Altstadt) und das Streetwork (derzeit am Kuhlenwall) künftig unter einem Dach mit dem Konsumraum agieren. Die Zusammenlegung aller Standorte werde nicht nur 120.000 Euro Miet- und Betriebskosten pro Jahr sparen, sondern erlaube eine größere Flexibilität bei der Einsatzplanung der Mitarbeitenden.
Sozialarbeiter, Pflegekräfte und ein Besucher-Café
Die Kosten würden sich nach Rechnung der Stadt auf 1,025 Millionen Euro pro Jahr belaufen. Zugrunde liegt der Rechnung eine Öffnungszeit von sechs Stunden an sieben Tagen in der Woche. Bei sechs Wochentagen wären es demnach rund 751.000 Euro. Neben der Leitung/Verwaltung (1,8 Stellen) sieht das Konzept Stellen für Sozialarbeiter/-pädagogen (4,1), Pflegekräfte/Sanitäter (2) sowie Sozialhelfer und -helferinnen (6,5) vor, außerdem Reinigungspersonal (0,7) und 520-Euro-Kräfte (6,5) für den Betrieb eines Cafés.
Konzept und Kalkulation beruhen auch auf Erfahrungswerten aus anderen Städten, die Konsumräume seit vielen Jahren betreiben. Nach Klärung der Standortfrage will die Stadt ein „finalisiertes Konzept unter Berücksichtigung der Gesamtkosten“ vorlegen.
Als Standort kommen angesichts der Kriterien nur Alt- oder Innenstadt infrage. Für die Zusammenlegung spricht auch das Problem des Streetworks: Da ist zu wenig Personal, um gleichzeitig den Standort am Kuhlenwall zu besetzen und in der Szene präsent zu sein.
Als Gesprächspartner in der Bezirksvertretung stand den Politikern der Leiter des Gesundheitsamtes, Ludwig Hoeren, Rede und Antwort. Martin Schumacher, Vorsitzender der CDU-Fraktion, befürwortet die Vorlage zwar, hatte aber grundsätzliche Fragen. Zusammen mit seinen Parteikollegen habe er sich vor kurzem den Drogenkonsumraum in Essen angesehen. „So eine Einrichtung muss mit Beratungen und ordnungspolitischen Maßnahmen flankiert werden“, betont er. Er wollte wissen, wie groß die Szene in Duisburg etwa sei, mit wie vielen Konsumenten die Stadt pro Tag rechne und ob nur Süchtige aus Duisburg den Raum aufsuchen dürfen.
Duisburger Gesundheitsamtsleiter: „So ein Konsumraum ist kein Wundermittel“
„So ein Drogenkonsumraum ist kein Wundermittel. Es wird immer noch Drogis auf der Straße geben. Klar ist, dass es ein eng abgestimmtes Konzept für das Umfeld und Beratungsmaßnahmen geben muss“, dämpft Hoeren die Erwartungen, dass nach der Einrichtung etwa sämtliche Abhängige aus dem Kant-Park und von der Straße verschwinden. Er beziffert die Größe der Szene auf eine Personengruppe „von 150 bis 200 Leuten.“ Die meisten seien in der Innenstadt und in Alt-Hamborn anzutreffen. Realistischerweise könne man etwa 20 bis 30 erreichen. Das funktioniere am besten über die Beziehungsarbeit der Mitarbeiter und Streetworker zu den Klienten.
Für alle gelte das Wohnort-Prinzip. Wer aus einer anderen Stadt komme, werde einmal beraten und an Angebote in seiner Heimat verwiesen. Eine mobile Variante, wie sie „Junges Duisburg“ befürworten würde, sei wieder verworfen worden, weil die Nutzer sich an verschiedene Orte und Zeiten gewöhnen müssten. Mit den Öffnungszeiten soll im ersten Jahr experimentiert werden, um zu testen, wie man die Klienten am besten erreichen kann. Grundsätzlich seien längere Öffnungszeiten zu befürworten, denn „der Suchtdruck verschwindet nicht über Nacht.“
Stella Rauscher, Bündnis 90/Die Grünen, hat als Mitglied des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Gesundheit im Vorfeld an dem Konzept mitgearbeitet. „Es ist mir eine Herzensangelegenheit, dass der Raum nun kommt – und für die Bürger ein Zeichen, dass sich etwas tut.“ Michael Dubielczyk von den Linken ist wichtig, dass die Menschen in den Fokus gerückt werden und nicht die ordnungspolitischen Maßnahmen.
Erstmals stimmten JuDU und der Fraktionspartner FDP unterschiedlich ab – die FDP steht auch hinter dem Konzept. „Junges Duisburg“ kündigte an, im Rat einen Änderungsantrag für das Konzept zu stellen.
>>SUCHHILFEVERBUND BEKOMMT NEUE STRUKTUR
- Den Suchthilfeverbund haben die Mitglieder (Stadt DU, Diakoniewerk, Caritasverband und Alexianer Bürgerhaus Hütte) als Verein organisiert.
- Dabei soll es bleiben, allerdings werden künftig die Vorstands- und Geschäftsführung voneinander getrennt, bislang werden sie in Personalunion von Dita Gomfers und Mustafa Arslan wahrgenommen. Zur Wahrung der städtischen Interessen wird künftig der/die jeweilige Beigeordnete für Gesundheit.
- Um die politische Begleitung der Arbeit sicherzustellen, wird ein Beirat mit fünf Ratsmitgliedern und dem jeweiligen Dezernenten neu eingerichtet.
- Die Änderungen soll der Rat am 18. September beschließen und den Beirat wählen.