Duisburg. Wegen Untreue stand ein ehemaliger Rechtsanwalt (55) vor Gericht. Dort berichtete er von Schicksalsschlägen und weinte am Ende vor Erleichterung.

2001 hatte ein Jurist sich als Anwalt mit einer Kanzlei in Rheinhausen selbstständig gemacht. 2017 endete der Traum von der erfolgreichen Karriere als Organ der Rechtspflege. Da war das Leben des heute 55-jährigen Mannes schon reichlich aus den Fugen geraten. Leidtragende waren auch einige Mandanten, die er um rund 200.000 Euro betrog. Wegen Untreue in vier Fällen stand der Mann nun vor dem Amtsgericht am König-Heinrich-Platz.

Allein bei einer Erbschaftssache hatte der Angeklagte einen Pflichtteil von 140.000 Euro nicht weiter gegeben. Auch Summen, die im Wege der Schadensregulierung von Versicherungen nach Autounfällen zunächst an den Rechtsbeistand der Unfallbeteiligten gingen, gab der Mann nicht weiter.

Angeklagter legte rückhaltloses Geständnis ab

Bereits mehrfach hatte das Amtsgericht in den letzten Jahren versucht, das Verfahren zum Abschluss zu bringen. Doch der bislang unbestrafte Angeklagte war aufgrund psychischer Probleme laut seinen Ärzten nicht verhandlungsfähig. Eine Therapie habe ihn jetzt etwas stabilisiert, so der 55-Jährige.

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Mehrere unerwartete Wendungen hatten den Juristen aus der Bahn geworfen. „Ich habe ein Haus gebaut, hatte eine Frau und zwei Kinder und war ein glücklicher Mann“, berichtete der Angeklagte dem Schöffengericht. Den ersten Knacks bekam sein Seelenleben durch die Krebserkrankung seiner damaligen Ehefrau. „Sie hat das überstanden. Aber meine Angst war riesengroß.“

Schicksalsschläge warfen Juristen aus der Bahn

Weitere Schicksalsschläge waren zwei Totgeburten. Als schließlich doch ein Kind, das dritte des Paares, nach einer Problemschwangerschaft zur Welt kam, war die Freude groß. Drei Monate später verließ ihn seine Frau, nahm die Kinder mit. „Ich erfuhr, dass sie längst eine außereheliche Beziehung hatte.“

Das war zu viel für den Juristen. Er verfiel in Depressionen. „Ich entschuldige mich bei den Geschädigten. Das war keine Gier, sondern mir fehlte nur die Kraft, dass Notwendige zu veranlassen“, so der Mann, der im Laufe der Verhandlung immer wieder in Tränen ausbrach.

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100.000 Euro hat er inzwischen bereits abgestottert. Das gelang nur, weil sich der Reserveoffizier mit knapp 50 Jahren reaktivieren ließ. Er arbeitet nun als Stabsoffizier und Jurist in einem Amt der Bundeswehr. Problem: Bei einer Strafe von über einem Jahr wäre er automatisch aus dem Dienst entfernt worden. Damit hätten die Geschädigten keine Aussicht gehabt, jemals an das fehlende Geld zu kommen. Für das Schöffengericht war diese Tatsache das Hauptargument dafür, den Angeklagten mit einer elfmonatigen Bewährungsstrafe davon kommen zu lassen. Diesmal weinte er vor Erleichterung.