Duisburg. . Dirk Riedel ist Stahlarbeiter, bei TKM Mitglied im Betriebsrat und in seiner Freizeit als Ehrenamtler im Duisburger Norden unterwegs.
„Hört doch auf die Ehrenämtler“ - Dirk Riedel (42) war schon immer ein Freund klarer Botschaften. „Im Ehrenamt siehst du an der Front, wo es wirklich hakt und was gebraucht wird. Das schafft kein Oberbürgermeister, kein Politiker oder Geschäftsführer“, sagt er ohne Umschweife. Ob das bei dem Duisburger zu seinem recht außergewöhnlichen Wirken im Ehrenamt geführt hat; Dinge bewegen zu wollen? Der gelernte Stahlarbeiter packte schon immer an und steht wie eine unumstößliche Mauer für all’ diejenigen ein, die eine Stimme und „vor allem Hilfe“ brauchen.
„Sponsoren und Unterstützer – ich hole sie ran“
Dirk Riedel ist als ehrenamtliches Mitglied im Betriebsrat der Thyssen-Krupp-Mannesmann Werke und Berater im Konzern zu vielen Belangen rund um Ausbildung, Stipendien und Förderungen von Jugendlichen unterwegs. Außerhalb seiner Wirkungsstätte im Stahlkonzern, bewegt er sich noch mehr im Ehrenamt und hat zum Beispiel für den Sportvereinen Laar 21, der 2014 finanziell auf der Kippe stand, mit einem Benefizkonzert die Brücke raus aus der Krise gebaut. Denn Dirk Riedel ist ein richtiger Brückenbauer im Ehrenamt. Wer seine Hilfe braucht, bekommt sie. „Investoren, Sponsoren, Unterstützer, Freiwillige - ich hole sie ran.“
Stadtteilarbeit für Jugendliche
Stadteilarbeit ist sein Steckenpferd. Nicht zuletzt sind es die Menschen am „Rande der Gesellschaft“, denen der gebürtige Laarer sein Ohr leiht und für die er aktiv Hilfe gestaltet. „Der Duisburger Norden besitzt nicht viel“, weiß Riedel. Flüchtlingskinder, die trotz hervorragender schulischer Leistungen keine Zukunft haben, soziale Einrichtungen, denen es hinten und vorn einfach an allem fehlt oder Menschen aller Nationen, die seit etlichen Jahren durch den Status ,Duldung’ keine Perspektiven in Deutschland haben. Es sind die Folgen eines Sterbeprozesses von Institutionen, die für diese Zielgruppen Anlaufpunkte waren.
„Wo sollen die Kinder hin, wenn sie keinen Sport mehr im geschützten Umfeld machen können? Wie soll der Nachwuchs gefördert werden, wenn schon Grundvoraussetzungen wie eben die Staatsangehörigkeit fehlen. Kein Job, kein Geld, keine Perspektiven. „Woher also nehmen, wenn nicht stehlen“, erklärt Dirk Riedel, den Prozess solcher Entwicklungen. Und er weiß: „Wir bewegen uns mittlerweile in der Beliebigkeit. Nichts hat mehr Bestand. Menschenwürdiges Leben zählt immer weniger“, sagt Riedel. „Und so sterben Vereine, Organisationen und das Miteinander einfach weg.“
„In welche Zukunft wächst mein Kind hinein?“
Die Armut hingegen ist für den Walsumer täglich spürbar. Vor allem in Integrationsfragen von sogenannten „Geduldeten“ kämpft sich der Mann mit ausgeprägtem Dickschädel durchs Dickicht der Behörden, gepflastert mit Anträgen, „die eh keiner verstehen kann“. Dirk Riedel schüttelt darüber nur noch den Kopf. Er versteht, wie ausweglos es für viele Migranten sein muss. Landsleute aus dem Libanon oder der Türkei kennen Dirk Riedel nur unter dem Namen Ali Osman. Der gebürtige Deutsche ist konvertierter Moslem. Schon als Kind hatte er im Stadtteil Laar mehr türkische Freunde als deutsche. Heute lebt er mit seiner Frau in Walsum. Bald bekommen die beiden ein Kind. „Doch in welche Zukunft wächst es hinein?“, fragt er sich, trotz aller Vorfreude auf den Nachwuchs.
Zu Gast beim Bundespräsidenten
Dirk Riedel weiß, alles braucht seine Zeit. Und Wege werden sich schon finden. „Doch für die Integration sehe ich bald kaum noch Auswege. Der soziale Abstieg im Duisburger Norden ist längst kein Gefühl mehr, sondern raue Realität.“ Dirk Riedel ist viel unterwegs für die Integration. Kommt mit Vertretern der Politik und sozialen Trägern zusammen, „um Kräfte zu bündeln“, sagt er. Melih Keser, Grüner Bezirksvertreter in Meiderich/Beeck, die deutsch-türkische Journalistin Asli Sevendim oder Ahmad Omeirat als Ratsherr der Stadt Essen - längst sucht der Duisburger helfende Kontakte auch außerhalb der Stadt. Vor zwei Jahren war er sogar zu Besuch im Schloss Bellevue beim Bundespräsidenten Walter Steinmeier.
Treffen mit Uschi Glas
„Die Häppchen waren da wirklich lecker“, scherzt Riedel. Doch was er vor allem dort suchte, waren Kontakte. „Kennst du Leute, kannst du handeln.“ Und so traf er die Schauspielerin Uschi Glas, die schon lange mit ihrem Verein „brot.zeit - Frühstück und Chance geben“ immer wieder Projekte sucht, und holte den Verein nach Duisburg an den Tisch zusammen mit dem Kinder- und Jugendtisch Immersatt. „So konnten neue Allianzen gegen die Armut gebildet werden und Synergien für eine lückenlosere Versorgung mit Pausenbrote an Schulen geschaffen werden“, freut sich Dirk Riedel über einen kleinen Erfolg als ehrenamtlicher Vermittler.
Was der Bär von Mann, mit Händen wie die, die eines Stahlarbeiters und Machers würdig sind, nun noch alles bewegen möchte? „Momentan sind wir im Streik bei ThyssenKrupp-Mannesmann. Jeden Tag bin ich seit 3 Uhr morgens unterwegs. Bewegen wir doch erst mal die Belange der Stahlarbeiter“, findet er. Schritt für Schritt; dann sehe er weiter.